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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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kam mir der Gedanke, dass Karma ein ziemliches Arschloch sein konnte.
COLE
    Sobald Isabel Mrs Brisbane aus dem Zimmer gelotst hatte – war außer ihr etwa niemand bei Grace? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden –, hatte ich meinen Auftritt. Während Sam Schmiere stand, damit uns keine Krankenschwester überraschte, schlüpfte ich ins Zimmer. Es stank nach Blut, Tod und Angst und mein Wolfsinstinkt bäumte sich in mir auf, raunte mir zu, lieber die Biege zu machen.
    Ich ignorierte es und ging direkt zu Grace. Sie sah aus, als bestünde sie aus mehreren, unverbundenen Teilen, die alle in diesem Bett gesammelt und in seltsamen Winkeln aneinandergelegt worden waren. Ich wusste, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb.
    Als ich mich neben dem Bett auf den Boden kniete, bemerkte ich überrascht, dass ihre Augen offen waren, auch wenn die Lider darüber schwer wirkten.
    »Cole«, sagte sie. Es war das träge Murmeln eines schläfrigen kleinen Mädchens, von jemandem, der nicht viel länger wach bleiben konnte. »Wo ist Sam?«
    »Er ist hier«, log ich. »Aber bleib liegen, streng dich nicht an.«
    »Ich sterbe, oder?«, flüsterte Grace.
    »Hab keine Angst«, sagte ich, aber nicht als Antwort auf ihre Frage. Ich zog ein paar Schubladen an dem Schränkchen neben ihrem Bett auf, bis ich fand, was ich suchte: ein Sortiment glänzender, scharfer Gegenstände. Ich wählte eins aus, das mir geeignet erschien, und nahm Grace’ Hand.
    »Was machst du?« Aber sie war schon zu weit weg, als dass es sie wirklich gekümmert hätte.
    »Dich zu einem Wolf«, erwiderte ich. Sie blinzelte nicht, sie sah noch nicht mal neugierig aus. Ich holte Luft, zog ihre Haut straff und machte einen kleinen Schnitt in ihre Hand. Auch jetzt rührte sie sich nicht. Die Wunde blutete wie verrückt. Ich flüsterte: »Tut mir leid, das wird jetzt ein bisschen ekelig. Aber ich bin leider der Einzige, der das hier machen kann.«
    Grace’ Augen weiteten sich ein klein wenig, während ich in meinem Mund Speichel sammelte. Ich hatte keine Ahnung, wie viel nötig sein würde, um sie neu zu infizieren. Damals bei Beck hatte das alles einen hochwissenschaftlichen Anschein gehabt. Er war perfekt vorbereitet gewesen und hatte eine winzige Spritze in einer Kühlbox mitgebracht.
    »So bleiben wenigstens keine Narben«, hatte er gesagt.
    Mein Mund wurde trocken, als ich daran dachte, dass Isabel Grace’ Mutter vielleicht nicht länger ablenken konnte. Das Blut quoll aus dem winzigen Schnitt, als hätte ich ihr eine Schlagader aufgeschlitzt.
    Obwohl ich sehen konnte, wie sie dagegen ankämpfte, fielen Grace die Augen zu. Das Blut bildete unter ihrer Hand eine Pfütze auf dem Fußboden. Wenn ich falschlag, hatte ich sie getötet.
SAM
    Cole kam zur Tür, nahm mich beim Ellbogen und zog mich ins Zimmer. Er schloss die Tür hinter uns und schob ein Schränkchen davor, als ob das irgendwen aufhalten würde.
    »Das ist der Moment der Wahrheit«, sagte er und seine Stimme klang rau. »Wenn es nicht funktioniert, stirbt sie und du hast noch diesen einen Moment mit ihr. Wenn es funktioniert … müssen wir sie so schnell wie möglich hier rausschaffen. Also. Du musst dich jetzt zusammenreißen, denn …«
    Ich ging um ihn herum und mein ganzes Sichtfeld flirrte. Ich hatte schon früher eine solche Menge Blut gesehen, wenn die Wölfe irgendein Tier erbeutet hatten und so viel Blut floss, dass der Schnee in einem Umkreis von mehreren Metern purpurrot verfärbt war. Und ich hatte auch schon mal bei Grace so viel Blut gesehen, vor Jahren, als ich noch ein Wolf war und sie ein kleines Mädchen, das starb. Doch ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, es noch einmal zu sehen.
    Grace, sagte ich, aber es war noch nicht mal ein Flüstern. Nur meine Lippen bewegten sich. Ich war an ihrer Seite und doch war ich Tausende Meilen weit weg.
    Sie zitterte jetzt, hustete und ihre Hände krallten sich an das Gitter des Krankenhausbetts.
    Am anderen Ende des Raums starrte Cole auf die Tür. Jemand rüttelte an der Klinke.
    »Das Fenster«, sagte er zu mir.
    Ich starrte ihn an.
    »Sie stirbt nicht«, drängte Cole, seine Augen waren weit aufgerissen. »Sie verwandelt sich.«
    Ich sah wieder das Mädchen im Bett an und es erwiderte meinen Blick.
    »Sam«, flüsterte sie. Ihr ganzer Körper zuckte, die Schultern krümmten sich. Ich konnte nicht zusehen. Grace, die die Qualen der Verwandlung ertragen musste. Grace, die zum Wolf wurde. Grace, die wie Beck und Ulrik und jeder andere Wolf vor ihr im

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