Ruinen der Macht
dass schon ein Tropfen Clanblut genügte, um zu siegen.
Dieses Nichts da vor ihr hatte versagt. Es störte sie, dass der Bursche sie so problemlos durchschaute, aber er hatte natürlich schon auf vielen Welten allein durch sein Können überlebt.
»Sie müssten mir Ihren Wert beweisen«, erklärte sie. »Es wäre dumm von mir, ein wertvolles Werkzeug zu zerstören. Aber es wäre ebenso dumm, ein fehlerhaftes Werkzeug weiterzubenutzen.«
»Ich lebe vom Töten. Und davon, Dinge herauszufinden.« Er grinste bösartig. »Sie haben Ihre Karriere im Informationsministerium gezielter übler Nachrede und Intrigen zu verdanken.«
»Ist das das Beste, was Sie zustande bringen? Das kann Ihnen jeder hier im Ministerium erzählen. Sie alle hassen mich - und jeder von ihnen kann Ihnen detaillierte Informationen über jede einzelne Person liefern, die ich auf dem Weg an meine jetzige Position als Trittleiter benutzt habe.« Sie verzog keine Miene, als sie den Ausdruck auf seinem Gesicht bewertete. Er glaubte, eine Trumpfkarte im Ärmel zu haben.
»Sie haben sich mit Präfekt Radick in Verbindung gesetzt und ihm angeboten, ihm die Kontrolle über Mirach zu geben«, sprach der Mann weiter. »Den Berichten zufolge steht Radick nicht mehr loyal zur Republik, und Sie planen, diese wechselnde Bündnispolitik für sich auszunutzen. Mirach wäre unter der Herrschaft der Clans eine deutlich andere Welt.«
»Sie versagen nicht nur bei eigentlich einfachen Aufträgen, sie weben auch farbenprächtige Märchen.«
»Sie haben Ihre Kindheit mit dem Kampf gegen einen Minderwertigkeitskomplex zugebracht. Sie waren ein Bastard mit grenzenlosem Ehrgeiz, sich zu beweisen, jemanden zu finden, der Sie, wenn schon nicht liebt, dann zumindest respektiert.« Sein Grinsen wurde noch breiter. »Das gefällt mir.«
»Dass ich der Bastard eines ClanKriegers bin?«
»Dass Sie ehrgeizig sind. Das gentechnische Programm der Clans beeindruckt mich nicht.«
»Ach ja, Sie haben gegen sie gekämpft, nicht wahr? Dabei haben Sie gelernt, einen BattleMech zu steuern. Aber Sie waren ein Feigling, der lieber geflohen ist als zu kämpfen, und deswegen haben Sie Ihre Einheit verloren.« Jetzt war es an Elora zu grinsen. »Ich finde auch so manches heraus.«
»Nur damit wir uns richtig verstehen.« Sein Grinsen hatte sich in eine wütende Miene verwandelt.
»Ich verstehe Sie nur zu richtig«, erwiderte Elora. »Sie haben es nicht geschafft, Leclerc zu töten, der jetzt untergetaucht ist und vermutlich MBA-Fahrer darin ausbildet, ihre umgerüsteten Mechs zu steuern. Das wird meinen Putsch erheblich erschweren. Außerdem ist es Ihnen schon zum zweiten Mal misslungen, den Baronet zu töten, sodass die Informationen, über die er verfügen könnte, weiterhin eine Gefahr darstellen.«
»Sein Bruder und die Reporterin, das waren die echten Bedrohungen. Austin Ortega weiß nichts, was Ihnen gefährlich werden könnte.«
In einer plötzlichen Eingebung erkannte Elora, woher der Mann seine Hintergrundinformationen über sie hatte: aus Hanna Leongs Unterlagen. Nachdem er sie umgebracht hatte, hatte er die Dateien der Journalistin durchsucht und gelesen, was sie entdeckt hatte.
»Haben sie irgendetwas über einen Flugzeugabsturz enthalten?«, fragte Elora.
»Was? Diese Frage verstehe ich nicht.«
»Nein, natürlich nicht.« Sie zog eine kleine Pistole aus der Schreibtischschublade, zielte und feuerte einen einzelnen, tödlich akkuraten Schuss zwischen die Augen des Mannes ab. Er hatte sie falsch eingeschätzt, geglaubt, ihre einzigen Waffen wären Worte.
Ein gelöstes Problem lag tot vor ihr auf dem Büroboden. Jetzt musste Ministerin Elora Rimonowa sich um andere unerledigte Geschäfte kümmern, die mehr drängten.
Facettenpalast, Cingulum, Mirach Präfektur IV, Republik der Sphäre
3. Mai 3133
»Papa, hör mir zu«, herrschte Austin Ortega seinen Vater an. »Die haben nicht versucht, Manfred und mich festzunehmen. Die wollten uns umbringen!«
»Das glaube ich kaum, Austin. Nicht nur, dass ich dir klipp und klar gesagt habe, befass dich nicht mehr mit dieser Sache, du hast dich auch noch heimlich mit ihm getroffen. Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn die Militärpolizei dich zusammen mit Manfred festgenommen hätte?« Sergio Ortega starrte seinen Sohn an. Die farblosen Augen des Gouverneurs waren unergründlich. Es lag ein Hauch von Besorgnis darin, aber nicht von der Art, die Austin erwartet hatte. Seinem Vater machte die mögliche schlechte Publicity, wäre der
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