Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
Kommunisten, so wie sie die Sünde haßten, und daß ein ehemaliger Roter in ihrer Stadt eine Zeitung herausbrachte, gefiel ihnen gar nicht.
    Lotterman kam damit nicht zurecht. Er gab sich größte Mühe, alles zu attackieren, was nur entfernt nach politischer Linke roch, denn er wußte, daß man ihn sonst kreuzigen würde. Andererseits war er Sklave einer unbekümmerten Commonwealth-Regierung, die mit Hilfe von US-Subventionen nicht nur die Hälfte der neuen Industrie am Leben erhielt, sondern auch die meisten Anzeigen der NEWS finanzierte. Es war eine mißliche Lage, und nicht nur für Lotterman, sondern auch für viele andere. Wer Geld verdienen wollte, mußte sich mit der nationalen Regierung einlassen. Das hieß aber, über einen »schleichenden Sozialismus« hinwegzusehen – was sich nicht gerade mit dem Auftrag der Missionare deckte.
    Es war amüsant zu beobachten, wie sie mit dieser Situation umgingen, und wenn sie überhaupt darüber nachdachten, gab es nur einen Ausweg: der Zweck heiligt die Mittel; eine bewährte Methode, die beinahe alles rechtfertigt, außer sinkenden Profiten.
    Um alles Gierige und Billige in der menschlichen Natur zu studieren, waren in San Juan am besten die Cocktailparties geeignet. Diebe und großkotzige Betrüger waren gesellschaftsfähig und bildeten eine laute, alles überdröhnende Szene; einen geistlosen Jahrmarkt mit Quacksalbern, Clowns und Philistern, die mit der Mentalität von Trickdieben agierten. Es war eine neue Welle von Okies , die diesmal nicht nach Westen, sondern nach Süden rollte. In San Juan waren sie die Könige, weil sie buchstäblich die Oberhand gewonnen hatten.
    Sie gründeten private Clubs und richteten große Gesellschaften aus. Und schließlich brachte einer von ihnen ein gnadenloses Skandalblatt auf den Markt, das jeden einschüchterte und erstarren ließ, der politisch nicht völlig unbedenklich war. Das betraf etwa die Hälfte der Redaktion
und natürlich auch den armen Lotterman, der fast jede Woche bösartige Verleumdungen über sich ergehen lassen mußte.
    An Freigetränken für die Presse herrschte kein Mangel, denn Spekulanten sind scharf auf Publicity. Sie ließen keine noch so kleine Gelegenheit aus, zu Ehren der Journalisten auf eine »Presseparty« einzuladen, wie sie es nannten. Jedes Mal, wenn Woolworth’s oder die Chase Manhattan Bank eine neue Filiale eröffneten, begossen sie das gleich mit einer Rum-Orgie. Kein Monat verging, ohne daß sie nicht eine neue Bowling-Bahn aufgemacht hätten. Auf jeder freien Fläche entstand eine neue, und es gab bald so viele Bowling-Bahnen, daß einem schlecht wurde, wenn man nur darüber nachdachte.
    Von der Handelskammer in San Juan kam eine Flut von Stellungnahmen und Erklärungen, die die Zeugen Jehovas blaß und pessimistisch aussehen ließen – lange selbstherrliche Romane, die einen Sieg nach dem anderen auf dem Kreuzzug für das Große Geld verkündeten. Dazu kam eine unerschöpfliche Serie von Privatpartys – für alle Berühmtheiten, die sich auf der Insel die Ehre gaben. Und auch hier galt, daß kein geistig minderbemittelter Repräsentant Kiwanians unbedeutend genug gewesen wäre, um nicht eine Orgie zu dessen Ehren zu veranstalten.
    Normalerweise ging ich mit Sala auf diese Parties. Wenn die Gäste seine Kamera sahen, wurden sie weich wie Gelee. Einige verhielten sich wie dressierte Schweine, andere trabten herum wie die Schafe – und alle warteten sie auf den »Mann von der Zeitung«; darauf, daß er auf den magischen Knopf drücken würde, damit sich das üppige Büffet auch bezahlt machte.
    Wir nahmen uns jedes Mal vor, möglichst bald wieder zu verschwinden. Während Sala die Leute wegen einer
Serie bedeutungsloser Photos herumscheuchte, die er wahrscheinlich nicht einmal entwickeln würde, steckte ich so viele Flaschen Rum ein, wie ich tragen konnte. Gab es einen Barmann, dann sagte ich ihm, ich bräuchte ein bißchen was zu trinken – für die Presse. Wenn er protestierte, nahm ich mir trotzdem was mit. Egal welche Greueltat ich mir auch erlaubte, ich wußte, daß sich hier niemals jemand darüber beschweren würde.
    Später deponierten wir auf dem Weg zu Al’s die Flaschen in unserem Apartment. Wir lagerten alles in einem leeren Bücherregal, wo manchmal zwanzig oder dreißig Flaschen standen. In einer guten Woche schlugen wir auf drei Parties zu und kamen dabei im Schnitt auf drei bis vier Flaschen – für jeweils eine halbe Stunde in nervtötender Gesellschaft. Es

Weitere Kostenlose Bücher