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Rummelplatz

Rummelplatz

Titel: Rummelplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Bräunig
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tausend ungefähr, Abzüge ab, sagen wir: achthundert. Dreißig die Bude, zweihundert Fresserei, hätten wir da, Gewerkschaft noch weg, glatte fünffünfzig. Muß man in Kauf nehmen. Unter Tage war natürlich mehr drin. Und also bißchen haben wir ja noch, vielleicht sollte man den Stuhl tatsächlich, DKW, gut für die Gegend hier, und bißchen hochfrisieren vielleicht, der Sowieso-Theo hat sich also einen Fünfhunderter-Beiwagen zugelegt, umständehalber, deshalb. Überhaupt, saufen kann man ja doch nicht mehr richtig bei der Fahrerei, was soll man da anfangen? Achtzehnhundert, wollen wir mal sagen, wenn er anbeißt. Bereifung ziemlich runter, ist ja wirklich ’n Grund. Und die Töchter des Landes sind auch gleich viel freundlicher, wenn man so ’n Kahn unterm Hintern hat. Da kommen die gleich kompanieweise an, aber prompt.
    Und was ist denn nun mit dem Motor los?
    Der schnaufte und seufzte und zog nicht, schon seit der Kippe zog der nicht, bei dem bißchen Berg, ohne Ladung.
    |494| Das konnte ja nun Verschiedenes sein. Aber wie die Karre gebaut war, war es bestimmt wieder der vierte Zylinder. Die Einspritzleitung war zweimal geflickt. Aber die Kerle gaben einem ja keine Ersatzleitung mit, da mußte man immer gleich zur Werkstatt. Und er stieg aus und klappte die Haube hoch, und gleich hinter der Stelle, die er mit Isolierband umwickelt hatte, sah er eine schöne große Kraftstoffpfütze. Da drin schwamm die dreizehnte Fuhre.
    Da war nun nicht mehr viel zu machen. Noch mal flicken und weiter, das gab bloß Ärger mit dem Ablöser. Also ab zur Werkstatt. Und er bog in die Bermsthaler Dorfstraße ein, vorbei an der Papierfabrik und der Kirche und den evakuierten Gräbern und am Bahnhof vorbei, und hinter dem Klubhaus hielt er an und holte sich eine Limonade aus der Suppenschmiede, die schmeckte nach alten Fußlappen, aber das war er gewöhnt, und dann runter zum Gummibahnhof und rein in den Werkstatthof, der war leer bis auf einen SIS-Bus, aber der stand vor verschlossener Werkstattür, und der Fahrer buchstabierte etwas, das war mit Kreide auf Holz geschrieben. Als Peter herankam, sagte er: »Die zählen ihre drei Ersatzteile. Das heißt dann Inventur.«
    Und so war das beinahe immer. »Leitungsrohr?« sagte der SIS-Fahrer. »Kann sein, hab ich.« Und sie bogen ein Stück zurecht, und es paßte, und suchten dann, ob Peter den Keilriemen hätte, der dem SIS-Mann fehlte, und Peter hatte einen, der paßte zwar nicht, aber der SIS-Mann sagte: »Das macht nichts, ich kenne einen, der tauscht mir den. Ahoi, Chef!« Da war aber schon gut und gerne Schichtschluß.
    Das also war so ein Tag. Und wenn man davon absieht, daß diesmal Mittelschicht war und andermal Frühschicht, wenn man absieht davon, daß diesmal die Sonne schien bis gegen acht und andermal war Wolkenbruch, diesmal zwölf Fuhren statt dreizehn oder vierzehn, und wenn’s nicht der Kolben war, dann war’s eben die Vorglühzündung, und wenn man absieht von Achsbrüchen und Kratzern und bißchen Rempelei |495| und Ausfallstunden, wenn man auch die Jahreszeiten wegläßt und die Straßenausbesserungsversuche alle Vierteljahre und den halbseitigen Verkehr und die Warteschlangen, oder es kam der Ablöser nicht, wenn man absah von alldem und nur Strecke nahm und Ladung, und die blieben sich gleich in Ewigkeit amen, wenn man’s so besah, dann war es ein Tag wie alle anderen. Und überall am Zechenplatz standen nun die Ablöser und übernahmen Wagen und Papierchen und Fahrtenbuch, und dann fuhren sie auftanken, das war alles, damit fing jeglicher Tag an. Und die anderen zogen heim zu Weib und Kind, aber das waren die wenigsten, oder gingen noch in den »Gambrinus« auf ein Bier, oder wo immer sie hingingen, da gab’s sieben Möglichkeiten. Aber vielleicht gab es auch zwölf, wir wollen uns da nicht so festlegen, und außerdem kommt es ja immer darauf an, wie einer die Sache sieht.

    »Achtzehnhundertfuffzig«, sagte der Theo Sowieso, »mein letztes Wort. Da haben die Saupreußen den Olmützer Vertrag unterschreiben müssen, das ist ein schöner Preis, den ich dir da mache.«
    Die DKW stand am Gartenzaun, geputzt, aber die glänzte nicht besonders, Baujahr neununddreißig, wer will das verlangen? Immer noch originalschwarz, Handschaltung, Rennen waren damit nicht mehr zu gewinnen. »Ich will dir mal was sagen«, sagte der Sowieso-Theo. »Wenn der Junge jetzt nicht in dem Alter wäre, würde ich sie gar nicht weggeben. Aber ich brauch eben Gespann, wenn die Alte

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