Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)
mir die Leitung eines Teams übertragen, das diese illegalen Gruppen finden, Beweise gegen sie sammeln und sie dann zerstören soll.« Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie und der Rest des Teams werden eine Menge Freiraum haben.«
»Ich habe noch nicht zugesagt. Wie viele solcher Gruppen gibt es?«
Margaret Pritchard zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Manchmal bilden sich solche Gruppen und verschwinden dann auch wieder. Ich vermute, dass es eine streng geheime CIA innerhalb der CIA gibt. Herauszufinden, ob es diese Gruppe tatsächlich gibt, wird Ihr erster Auftrag sein. Wir haben da einen Verdacht.« Sie griff in ihren Aktenkoffer und holte ein Stück Papier heraus. Ein Netz aus farbigen Linien verband verschiedene Kreise miteinander, und die Kreise überschnitten sich mit den Namen von Behörden und Nachrichtendiensten und deren Abteilungen: CIA, FBI, NSA, Verteidigungsministerium, Außenministerium, Heimatschutz.
»Wir vermuten, dass bestimmte Aktivitäten – Attentate, Diebstähle, Sabotage -, die im Widerspruch zu unserer aktuellen Außenpolitik stehen, von einem Kader innerhalb der Regierung befohlen werden. Sie mögen zwar gute Ergebnisse bringen, aber so arbeitet die Regierung einfach nicht. Wir wissen nicht genau, wo sich diese Gruppen innerhalb des bürokratischen Labyrinths verstecken – wo sie ihr Geld herbekommen, ihre Leute, ihre Ressourcen.«
»Sie bilden eine geheime Gruppe, um eine geheime Gruppe zu finden.« Vochek bedachte sie mit einem sarkastischen Lachen.
»Es braucht einen Dieb, um einen Dieb zu fangen.« Margaret Pritchard ließ das Blatt mit der Grafik sinken. »Sie werden in unserem Büro in Houston arbeiten. Ich will nicht, dass jemand in Washington herausfindet, was wir tun. Wir werden die Zahl der Mitarbeiter klein halten, möglichst unauffällig arbeiten und Subunternehmer hinzuziehen, damit die Leute, die wir aufspüren wollen, keinen Wind von unseren Ermittlungen bekommen.«
Keine noch so gute Tat konnte die afghanischen Jungen in den Schlafzügen wieder lebendig machen. Doch wenn es keine geheimen Gruppen mehr gab, gab es auch keine illegalen Operationen mehr, und jeder musste die Verantwortung übernehmen für das, was er tat. Sie würde schweigen müssen, um der Regierung willen, aber die Abtrünnigen, die die Regierung als Deckung benutzten und ihre Ressourcen gebrauchten, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen, würde es in Zukunft nicht mehr geben.
Ben Forsberg hätte der Erste sein sollen, den sie mit ihren Ermittlungen zu Fall brachten. Das hatte sie jedenfalls geglaubt.
Als die Tür des Krankenzimmers geöffnet wurde, machte Vochek die Augen auf. Sie blinzelte in das Morgenlicht, das durch das Fenster hereinströmte. Am Fuß ihres Betts stand Margaret Pritchard. »Kein Wort außer Nettigkeiten. Über alles andere reden wir später.«
Vochek nickte.
»Ihr Dickschädel scheint nichts abbekommen zu haben.«
»Mir geht’s gut.« Sie war mit einer großen Beule davongekommen.
»Ich war so frei, Ihnen ein paar Sachen aus Houston mitzubringen.« Pritchard hielt eine Tasche hoch. »Jetzt weiß ich, dass ich Ihnen zu viel zahle.«
»Weiß meine Mutter, dass ich im Krankenhaus bin?«
»Von mir nicht. Das müssen Sie ihr schon selbst sagen.«
»Danke.« Vochek ging ins Bad. Sie hatte bereits geduscht, nachdem sie um vier Uhr morgens aufgewacht war und nicht wieder hatte einschlafen können. Sie öffnete die Tasche: zwei ihrer Chanel-Kostüme aus leichtem grauem Stoff, zwei Armani-Hosenanzüge, Seidenblusen, passende Schuhe, Strumpfhosen, Unterwäsche aus einem Kaufhaus. Designerkleidung war ihre einzige Schwäche, aber sie hatte herausgefunden, dass es sich auszahlte, wenn man so aussah, als würde man es ernst meinen. Pritchard war gründlich gewesen und hatte auch noch Makeup, Deo, Zahnpasta, Zahnbürste und Zahnseide eingepackt.
Vochek wünschte für einen Moment, ihre Mutter wäre nur halb so energiegeladen und selbstsicher wie Margaret Pritchard. Sie würde sie heute anrufen müssen, aber es war besser zu warten, bis sie aus dem Krankenhaus war, dann musste sie nicht gleich zu lügen anfangen.
Vochek benutzte die Toilettenartikel und zog ihren Lieblingshosenanzug an. Es fühlte sich an, als würde sie eine Rüstung anlegen; sie war bereit, es wieder mit der Welt aufzunehmen. Sie war wieder sie selbst, zum ersten Mal, seit die Pistole ihren Kopf getroffen hatte.
»Das Krankenhaus hat Sie entlassen«, sagte Pritchard.
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