Run! - Es geht um dein Leben: Thriller (German Edition)
Schweigen reagierte.
»Miss Smith hat mich nach deinen Hobbys gefragt, wie oft du nach Washington kommst, was du gern isst. Ich glaube, Sie will dich zum Essen einladen, wenn die Vertragsverhandlungen vorbei sind.«
»Weiß Sie, dass ich Witwer bin?«
»Ich habe es ihr gesagt. Aber nicht jedes Detail. Das überlasse ich dir.«
»Schick mir Smiths Einwände zu dem Vertrag per E-Mail, dann formuliere ich unsere Antwort.«
Am anderen Ende der Leitung war es einen Moment still. »Entschuldige bitte. Ich versuche doch nur, dir zu helfen. Wir machen uns Sorgen um dich …«
»Sam, mir geht’s gut. Wirklich. Ich rufe dich morgen früh an.«
»Dann bis morgen, Ben.« Sam legte auf.
In den zwei Jahren seit Emilys Tod hatte ihn noch keine Frau zum Essen eingeladen; und er hatte nicht die geringste Absicht, mit einer Frau auszugehen. Ben versuchte, sich vorzustellen, wie er auf eine Einladung reagieren würde. Er hatte nichts zu geben, nichts zu teilen, nichts zu sagen. Ein Frösteln kroch über seine Haut. Er ließ das Fenster des Wagens herunter und hielt das Gesicht in die frische Luft, während er nach Hause fuhr. Dann schaltete er das Radio ein. »Bei einer rätselhaften Schießerei in der Innenstadt von Austin sind heute zwei Menschen ums Leben gekommen …«, sagte der Nachrichtensprecher. Ben schaltete das Radio aus. Er wollte nichts von Schießereien hören. Selbst zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau sorgte allein schon das Wort dafür, dass sich ihm ein Messer in den Rücken bohrte. Es brachte die Erinnerung an den furchtbaren Moment zurück, in dem er Emily auf dem Küchenboden gefunden hatte, tot, mit einem Einschussloch in der Stirn.
Zufällig, sinnlos, ohne jeden Grund, irgendein Idiot, der wahllos auf leere Häuser geschossen hatte. Er lockerte den Griff seiner verkrampften Hände am Lenkrad und versuchte, nicht mehr daran zu denken.
Ben lebte in Tarrytown, einem älteren, sehr teuren Viertel auf der Westseite Austins. Im Vergleich zu den immer bombastischer werdenden Bauten in der Nachbarschaft – auf den verhältnismäßig kleinen Grundstücken standen inzwischen zahlreiche Mega-Villen, die die alten Häuser überragten – war sein Haus klein, doch der mit Kalkstein verkleidete Bungalow genügte ihm. Ben fuhr in dem Moment in die Garage, in dem sich das brodelnde Gewitter in einem leichten Regen entlud. Die Blumenbeete brauchten dringend etwas Pflege, und der Rasen musste auch mal wieder gemäht werden, dachte er.
Ben ging ins Haus und stellte seine Reisetasche auf dem Küchenboden ab. Er nahm sich eine Cola aus dem Kühlschrank. In seinem Büro klappte er den Laptop auf und lud die E-Mails herunter, die sich in den fünf Tagen angesammelt hatten. Die meisten seiner Kunden wussten, dass er in dieser Woche nicht da war, daher hatte er nicht ganz so viele E-Mails bekommen wie sonst. Eine davon war verschlüsselt und enthielt die Informationen über Sams geplatzten Deal mit der britischen Regierung. Bei einigen anderen Nachrichten runzelte er die Stirn: Ein Journalist eines Wirtschaftsmagazins bat ihn um einen Kommentar zu den angeblichen strafbaren Handlungen einer im Auftrag der Regierung handelnden Sicherheitsfirma, für die Ben nie gearbeitet hatte; drei E-Mails von Leuten, die er nicht kannte, in denen gegen den Einsatz privater Sicherheitskräfte im Irak und in Afghanistan protestiert wurde, und E-Mails von sechs Leuten, die beim Militär oder Sicherheitsfirmen gewesen waren, jetzt für Hector arbeiten wollten und ihn um Rat baten.
Wenn Millionen auf dem Spiel standen und es um Waffen ging, gab es immer Meinungsverschiedenheiten. Ben hatte Verständnis für die Bedenken bezüglich privater Sicherheitsfirmen in Krisenregionen, doch die Realität bestand darin, dass die Regierung hoch dotierte Verträge anbot, hinter denen Leute her waren, die manchmal von zweifelhaftem Ruf und manchmal hochseriös waren. Hector Global war eine von dreihundert privaten Firmen, die Sicherheitskräfte und Ausbildungsmaßnahmen für den Irak anboten. Ben achtete darauf, nur für Firmen zu arbeiten, die einen guten Ruf und qualifiziertes Personal hatten. Im Gegensatz zu seinem größten Kunden waren viele dieser Firmen neu auf dem Markt und mit ehemaligen Soldaten besetzt, die es nicht gewohnt waren, Regierungsverträge auszuhandeln. Seine Beratung half ihnen dabei, günstigere Vertragsbedingungen durchzusetzen.
Im Irak gab es über einhunderttausend private Sicherheitskräfte, die Wachleute und Polizei ausbildeten
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