Rune der Knechtschaft
anzunähern. Vielleicht schuf der schillernde Rauch eine nicht weniger schillernde Brücke zwischen ihnen und den Göttern.
Arekh richtete den Blick aufs Wasser, versuchte, sich darin zu verlieren und sich vom göttlichen Geist wie von den Wellen des Ozeans verschlingen zu lassen.
Dann schloss er die Augen, und es schien ihm, als würde die Geschichte ganz von allein fließen, so wie das Blut in Verellas Flüsse geströmt war.
»Ein Affenhändler betrieb einen Laden«, sagte er, »und dieser Händler hatte drei Töchter. Sein Handel florierte, denn die Affen waren possierlich und geschickt, so dass zahlreiche Adlige, Priester und Könige sich Affen kauften, um sie kleine Arbeiten ausführen zu lassen und ihren Haushalt zu erheitern. Aber unter ihrem amüsanten Äußeren waren die Affen hinterhältig und durchtrieben. Ihre Seelen waren klebrig wie Schlamm, und anstelle des Herzens hatten sie ein Stück des schwarzen Steins, der die Reiche zerstört hatte, als Ô auf sie herabgestürzt war. Der Stein strahlte Bosheit aus, und die Affen wollten den Platz der
Menschen einnehmen und sich an denen, die sie doch bei sich aufgenommen und ernährt hatten, dafür rächen, dass ihnen die Freiheit geraubt worden war.
Die Affen warteten darauf, dass ihre Stunde kam, auf dem Markt ebenso wie auf dem Lande - die Stunde, in der sie Rache nehmen konnten. Und sie beobachteten die Sterne, denn der Affengott, vor dessen Gestank und Unrat selbst die Bewohner der Abgründe zittern, hatte ihnen gesagt, dass einst die Sterne Stunde und Ort ihrer Befreiung an den Himmel schreiben würden.
Aber ihr Gott hatte sie belogen - denn sogar ihr Gott hatte solch eine schwarze Seele, dass er die belog, die an ihn glaubten -, und Nacht für Nacht wollten die Sterne nichts schreiben. Da wurden die Affen des Marktes es leid zu warten und zerschlugen eines Nachts die Türen ihrer Käfige, um auszubrechen.
Das war eine traurige Nacht, denn sie stahlen die Schwerter und Dolche ihrer Herren und erstachen sie. So kamen der Affenhändler und seine jüngste Tochter ums Leben, ermordet von den kleinen Geschöpfen mit der schlammigen Seele. Die beiden anderen Mädchen bekamen Angst und flohen jeweils in eine andere Richtung. Sie versteckten sich, so gut sie konnten, im Haus ihres Vaters, das sich hinter dem Laden befand, den die Affen in ihre Gewalt gebracht hatten.
Zum Glück war der Markt bewacht, und die Wachen waren tapfer und mit glänzenden Schwertern bewaffnet. Vom Lärm und vom Weinen aufgeschreckt, riegelten sie den Markt ab, um die rebellischen Affen davon abzuhalten, die Saat des Aufstands weiterzutragen, und töteten die Tiere eines nach dem anderen, zur großen Freude der Menschen.
Die beiden Schwestern kamen wieder aus dem Haus
hervor, wo sie sich versteckt hatten, und fanden die Leichen ihres Vaters und ihrer Schwester. Sie trauerten lange, verkauften dann den Laden und führten von da an ein zurückgezogenes Leben in einem Steinhaus nahe beim Stadttor.
Die beiden Schwestern waren fromm und gingen jeden Tag in den Tempel, um zu Fîr zu beten.
Der Priester, der dort lebte - ein intelligenter und geschmeidiger Mann, dessen Herz aber von Ehrgeiz zerfressen war -, fasste die beiden Töchter des Ladenbesitzers ins Auge, besonders die ältere, die eine zierliche Figur und ein angenehmes Gesicht hatte. Eines Tages bat er sie nach dem Gebet, mit ihm zu kommen, um allein mit ihm zu sprechen.
Die ältere Tochter setzte sich an den Tisch und trank den Kräuteraufguss, den der Priester ihr anbot. Dieser musterte sie eine ganze Weile und sagte dann: ›Ich weiß, wer du bist, o Tochter des Affengottes. Du hast es verstanden, die Stadtbewohner und sogar deine Schwester zu täuschen, aber mich kannst du nicht hinters Licht führen.‹<
Die Erstgeborene errötete und zitterte, denn der Priester hatte ihre Lüge durchschaut. Sie war gar nicht die Tochter des Ladenbesitzers - die war von den Affen getötet worden, wie ihr Vater und ihre Schwester, und ein Affenweibchen hatte ihren Platz eingenommen. Das Affenweibchen war so geschickt und intelligent, sein Gesicht so hübsch und seine Verkleidung so gelungen, dass niemand außer dem Priester den Austausch bemerkt hatte.
›Wenn Ihr mich verratet, wird man mich töten‹, sagte die Äffin, bereit, ihn anzuflehen. ›Ich habe niemandem etwas Böses getan; ich bin zufrieden damit, mit meiner Schwester zusammenzuleben, und sorge nicht für Aufsehen.‹<
Aber der Priester hatte gar nicht vor, sie zu
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