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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Palasts markierten, wartete nämlich nicht Banh, sondern eine kleine Delegation, die aus einem Priester, einem Ratgeber und einem Dutzend wichtiger Adliger des Hofes bestand. Marikani, deren Pferd als erstes zwischen den beiden Statuen hindurchschreiten musste, hielt an, als sie sie sah.
    Der Priester baute sich mitten auf dem Weg auf den großen Granitplatten auf und entrollte ein Pergament.
    »O nein!«, verkündete Marikani, bevor er auch nur den Mund öffnen konnte. Die Adligen waren sofort still; der Priester hob verblüfft den Kopf. »Ich habe genug von Abordnungen und offiziellen Reden, Perin. Wenn Ihr etwas zu sagen habt, dann sprecht, aber lest nichts von dem Pergament ab! Ist das eine Willkommensrede? In dem Fall danke ich Euch. Oder wollt Ihr mir etwa verwehren, meinen Palast zu betreten?«
    Hinter ihr lachten einige Leute leise, aber Arekh begriff, als er das entsetzte Gesicht des Priesters sah, dass Marikani
nicht weit von der Wahrheit entfernt sein konnte. Ohnehin war der heitere Tonfall der jungen Frau nur gespielt. Das Funkeln in ihren Augen zeigte, dass sie mit allem rechnete.
    Dann begann der Ärger.
    »A … Ayashinata …«
    »Oh, kommt, Perin, Ihr langweilt mich. Nun? Was geht hier vor?«
    »Ich kann nicht … meine Worte … Ich bin nicht würdig zu sprechen, Ayashinata. Der Hohepriester selbst hat diese Erklärung verfasst und ich muss …«
    »Ihr müsst tun, was er Euch befiehlt, Perin. Ich will keine ärgerlichen und beleidigenden Dinge von ihm zu hören bekommen, vielen Dank. Macht bitte weiter.«
    Der Priester wurde blass und verneigte sich. »Aya Marikani … Euer … Vor Hohepriester Ilisia, dem Gesegneten des Arrethas, sind Zweifel an Eurer Identität angemeldet worden«, verkündete er schließlich. »Es heißt, dass Ihr nicht die wahre Marikani seid, sondern ein Geschöpf der Abgründe, dessen Gesicht durch die Purpurmagie der Hexer des Emirs verändert worden ist … um Euren Platz einzunehmen, Ayashinata.«
    Kurzes Schweigen trat ein, bevor Marikani verwirrt wiederholte: »Ich soll ein Geschöpf der Abgründe sein?«
    »Nun ja …«
    Die Soldaten tauschten Blicke; Marikani schüttelte den Kopf. »Das meint Ihr doch wohl nicht ernst.«
    »Herrin …«
    »Und darf ich vielleicht erfahren, von wem diese Zweifel kommen? Wer auf diesen großartigen Gedanken gekommen ist?«
    »Der Cousin der wahren Ay…« - Marikani warf dem armen Mann einen bösen Blick zu, und er wurde noch
blasser - »Euer Cousin Halios, Herrin. Er erklärt, dass er unwiderlegbare Zeugnisse für den Austausch erhalten hat.«
    »Mein Cousin. Ich bin starr vor Erstaunen«, verkündete Marikani mit erhobener Stimme, und die Adligen, die den Priester begleiteten, gestatteten sich ein Lächeln. »Ich, die ich glaubte, dass er vor Freude angesichts meiner Rückkehr übersprudeln würde. Wie mich das enttäuscht!« Alle Ironie schwand, als sie sich an Eydoïc wandte. »Wart Ihr darüber informiert?«
    Der Leutnant schüttelte verstört den Kopf. »Nein, Herrin! Ich wusste … nun ja, wir wussten alle, dass Euer Cousin … nun, dass Euer Cousin … etwas reserviert war … was die Begeisterung anging, die er über Eure Rückkehr empfand«, sagte er und verlor fast den Faden. »Aber das hieß ja nicht …«
    »Schon gut, Eydoïc, ich glaube Euch«, sagte Marikani in gefährlichem Ton. »Und was macht es auch schon? Wenn mein Cousin beunruhigt ist, werde ich ihn beruhigen, das ist alles. Geht aus dem Weg, Perin.«
    Der Priester zitterte, rührte sich aber nicht. »Dem Hohepriester ist es lieber, Euch den Zutritt zum Palast zu untersagen, bis dieses Missverständnis …«
    »Vorwärts!«, befahl Marikani, gab den Soldaten einen Wink und rammte ihrem Pferd die Fersen in die Flanken, so dass es einen Satz nach vorn machte. Mit einem kleinen, entsetzten Aufschrei warf sich der Priester gerade noch rechtzeitig beiseite, um nicht niedergetrampelt zu werden; die Adligen stoben wie eine aufgescheuchte Viehherde davon.
    Marikani sagte kein Wort, während sie die gepflasterte Straße entlangritten, die durch die aufeinanderfolgenden Befestigungsringe des Parks führte. Zuerst kam der dritte
Ring, ein weitläufiges Gelände aus Brachflächen und Wäldern, in denen die Angehörigen des Hofstaats auf die Jagd gingen. Nach mehreren Meilen erreichten sie den zweiten Ring, einen Garten, in dem die Natur bereits gezähmt war: Große, grüne Rasenflächen wechselten sich mit Bosketten, blumenbepflanzten Hügeln, Torbögen und Statuen ab. Im

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