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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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die einige Schritte auf den Palast zu gemacht hatte, drehte sich abrupt um. »Das will ich auch hoffen. Dein versuchter Staatsstreich ist eine Schande! Du hast Zeugenaussagen gefälscht, du lügst unter der Kuppel der Götter …« Mit theatralischer Geste wies sie zum Himmel. »Die Gerechtigkeit selbst wird mir Gerechtigkeit widerfahren lassen, und Um-Akr wird dich mit Schmach überhäufen. Möge der Hohepriester das Urteil vorbereiten, ich verlasse mich auf seine Weisheit und seinen Glauben.«
    Der Hohepriester nickte befriedigt. »Die Ehre …«
    Halios fiel ihm ins Wort: »Ich werde nicht zulassen, dass eine Kreatur der Abgründe auch nur einen Fuß in den geheiligten Palast meiner Ahnen setzt«, knurrte er.
    Und als Marikani noch einen Schritt machte, packte
er sie am Arm und riss sie zurück: »Weiche, abscheuliches Gespenst! Dein fauliger Atem soll nichts beschmutzen …«
    Einen Augenblick später stand Arekh neben ihm. »He, Halios!«
    Ohne nachzudenken, drehte Halios sich um, und Arekh verpasste ihm mit der Rechten einen Fausthieb mitten ins Gesicht. Unter dem Aufprall stolperte Halios rückwärts, stürzte dann auf den Kies und blieb verstört liegen.
    Entsetzen machte sich unter den Zuschauern breit. Der Hohepriester stieß einen Schreckensschrei aus, und die Menge wich zurück. Sogar Marikani starrte Arekh einen Moment lang mit offenem Mund an.
    Dann begann sie nervös zu lachen. »Um-Akr hat viele Methoden, um sein Missfallen kundzutun«, sagte sie schließlich.
    Dann bedeutete sie Lionor, ihr zu folgen, betrat den Palast und ließ Arekh und die Höflinge zurück.
     
    Leider reichte Marikanis beherztes Durchgreifen nicht aus, die Lage zu klären - alles andere als das.
    Arekh verbrachte den Tag in den Gängen des Palastes, da er nicht wusste, wohin er gehen oder was er tun sollte, während um ihn herum Höflinge, Boten und Gerüchte wie ein Bienenstock summten.
    Man bereitete im Tempel das Urteil Um-Akrs vor. Man wollte Zeugen befragen. Man hatte Halios von den Priestern verlangen hören, einen Exorzismus durchzuführen. Man hatte Offiziere verkünden sehen, dass sie einem Gespenst nicht gehorchen würden. Man hatte Soldaten sagen hören, dass Halios als Verräter hingerichtet werden sollte. Es hieß, dass dieser oder jener Adlige (es gelang Arekh nicht, sich all die Namen zu merken, es waren zu
viele) Halios Treue geschworen hätte. Man sagte, dass sich die Gunst der Höflinge Marikani zuneigte …
    Bald quollen Arekh die Ohren davon über. Er hatte Kopfschmerzen und musste das Vorzimmer, in dem er viel zu lange in der Erwartung, dass man ihn rufen würde, geblieben war, verlassen, um sich an einen ruhigeren Ort zu begeben.
    Er ging die breite Galerie wieder hinunter, durch die er hergekommen war. Kleine Grüppchen diskutierten und lachten in den Fensternischen und warteten - ohne selbst recht daran zu glauben - darauf, dass Marikani ihnen eine Audienz gewähren würde … Aber sie hatte sich mit Banh im Herbstschreibzimmer eingeschlossen; Arekh hatte gehört, wie ein Diener diesen Namen erwähnte. Seit Stunden war niemand hineingelangt oder daraus hervorgekommen, abgesehen von zwei braun gekleideten Sekretären, die schwere Akten geschleppt hatten.
    Lionor war nirgends zu sehen. Sicher hatte sie sich in ihre Gemächer begeben - sie musste ja schließlich Gemächer bei Hofe haben, wie hätte es anders sein können?
    Arekh stellte sich mit einer gewissen Eifersucht vor, wie sie sich nun wohl in einem heißen Bad entspannte, die Kleider wechselte und sich etwas zu essen bringen ließ.
    Die Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen in den Wänden rings um ihn waren ein Vermögen wert, die Teppiche unter seinen Füßen hätten genügt, den Brautpreis für jede beliebige Kaufmannstochter aufzubringen, die Schmuckstücke, die am Hals der lachenden Frauen glänzten, hätten ausgereicht, drei Häuser in der Tränenstadt zu kaufen … Aber er hatte noch immer keinen Heller in der Tasche und war hungrig, schmutzig und erschöpft.
    Er sah, wie die Adligen ihn abschätzig musterten, und hörte, wie Gespräche sich veränderten, wenn er sich
näherte. Zu seiner Rechten sah er eine kleine Tür; er öffnete sie und ging hindurch, wobei er versuchte, sich einen Anschein von Entschlossenheit zu geben.
    In Wirklichkeit war er der Übelkeit nahe.
    Die Tür führte in einen schmaleren Gang, dessen Wände holzgetäfelt und mit Intarsien verziert waren. Die Fenster gingen auf einen kleinen, verlassenen Hof hinaus. Der Gang war

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