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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Recht, über Leben und Tod ihrer Sklaven zu entscheiden, aber die Gewalttätigkeit und Plötzlichkeit, mit der das hier geschehen war, hatten die Gaffer verblüfft. Marikani blieb stumm; ihr Gesicht war totenbleich, und ihr Atem ging schnell. Arekh wollte sie mitziehen, aber sie machte sich erneut los.
    Lionor war fast genauso bleich wie ihre Herrin. »Du bist verrückt«, hörte Arekh sie flüstern. »Vollkommen verrückt.«

    »Wollt Ihr mir jetzt ein Pferd bezahlen?«, fragte der Bauer mit einer Art Lachen.
    Seine Augen waren blutunterlaufen. Die Bäuerin ging verlegen dazwischen. »Es tut mir sehr leid, meine liebe Dame. Er trinkt viel Met und … na ja, Ihr wisst ja, wie das ist. Manchmal muss er sich abreagieren, so sind die Männer eben, nicht wahr?«
    Marikani wandte sich bleich ab; die Menge teilte sich vor ihr. Sie zitterte am ganzen Körper … vor Angst, vor Kummer, vor Zorn?
    Leises Gemurmel zeigte an, dass ein Sergeant eingetroffen war.
    »Da!«, sagte der Wirt und zeigte auf den Bauern, dann auf Marikani, als der Sergeant ihn befragte. »Nichts weiter Schlimmes. Er hat seine Sklavin getötet, und sie haben sich gestritten. Ich habe nicht genau zugehört; ich glaube, sie haben alle ein bisschen viel von meinem Bier getrunken.«
    Der Sergeant trat auf Marikani zu, aber die ließ ihm gar keine Zeit, sie anzusprechen.
    »Ihr wollt mich fragen, wer ich bin und warum ich solchen Aufruhr verursache, nicht wahr?«, rief sie. Die erstaunten Gespräche, die der Ankunft der Soldaten gefolgt waren, brachen ab. »Gut, dann sage ich es Euch«, verkündete sie; ihr standen Tränen in den Augen. »Ich muss mich schließlich nicht verbergen! Euer guter Bürgermeister steht für meine Sicherheit ein, nicht wahr? Nun, ich bin die berühmte Prinzessin von Harabec, die die letzten Wochen über Anlass zu so viel Gerede gegeben hat. Seid Ihr zufrieden? Gefalle ich Euch?«
    »Das reicht jetzt«, sagte Arekh mit kaltem Zorn.
    Er packte sie am Unterarm, und Marikani wehrte sich hasserfüllt; diesmal ließ Arekh sie jedoch nicht los, sondern begann, sie zum Ausgang zu ziehen. Er tobte innerlich vor
Wut. All diese Vorbereitungen - und dann machte diese kleine Idiotin all seine Bemühungen zunichte.
    »Lasst mich los!«, schrie Marikani erneut und versuchte ohne Erfolg, ihm einen Schlag ins Gesicht zu versetzen.
    Der Sergeant starrte ihnen mit offenem Mund nach.
    »Es tut uns fürchterlich leid«, stammelte Lionor, indem sie auf ihn zutrat. »Sie … Versteht Ihr, der Wein und eine lange Reise in der Sonne …«
    Aufgeregtes Gemurmel erklang ringsum. »Glaubt Ihr, dass sie es ist?« - »Ich habe sie auf den Booten gesehen! Sie ist es wirklich!« - »Nein, die Prinzessin hatte dunklere Haare …«
    »Wir haben kein Verbrechen begangen«, fuhr Lionor fort und schob dem Sergeanten irgendetwas in die Hand. »Es war einfach nur ein Streit mit dem Bauern. Natürlich hat er jedes Recht, mit seiner Sklavin zu verfahren, wie er will, das zweifeln wir nicht an.«
    Arekh, der Marikani immer noch hinter sich her zerrte, erreichte das Osttor an der Außenseite der Mauer. Sie verließen die Stadt gemeinsam mit einer Gruppe Bürger, um die eine ganze Schar Kinder herumtollte; die Wachen, die damit beschäftigt waren, eine Ladung Likör zu überprüfen, bemerkten sie nicht einmal.
    »Ihr seid vollkommen verrückt!«, zischte Arekh und bemerkte mit bitterer Ironie, dass er die gleiche Formulierung wie Lionor gebrauchte. »Was ist nur in Euch gefahren, solch eine Szene zu machen?«
    »Oh, Euch ist es gleichgültig!«, entgegnete Marikani und versuchte, stehen zu bleiben. Arekh schleifte sie gewaltsam weiter, an der Mauer entlang nach Süden. »Er hat sie vor Euren Augen getötet; sie war noch keine zehn Jahre alt … Und das berührt Euch nicht? Ihr habt Euch das alles angesehen, ohne dass etwas in Euch gebebt hätte?«

    »Was in mir bebt, ist die Verzweiflung darüber, Euch so töricht handeln zu sehen!«, schrie Arekh, bevor ihm aufging, dass die Leute sie anstarrten. »Seid Ihr Euch bewusst, dass Ihr beinahe alles verdorben hättet? Tausende von Sklaven sterben tagtäglich unter der Peitsche, daran solltet Ihr Euch gewöhnen, Aya Marikani. Tausende freier Menschen und tausende freier Kinder überleben schließlich auch nicht …«
    »Oh, so schweigt doch, schweigt!«, rief Marikani zornig; schwarzes Feuer funkelte in ihren Augen. »Schweigt und hört mit Euren dummen Lehrstunden über das Leben auf. Ihr seid doch gar nicht fähig, angesichts

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