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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Sonne ging gerade unter, saßen wir im Auto und fuhren in Richtung Schnapsladen. Der falsche Paß mußte wieder herhalten.
    »Gib mir etwas Geld«, sagte ich, als wir in der Warteschlange standen. »Einen Schein, bitte sehr.«
    Er beäugte mich argwöhnisch. »Wie bitte? Mom und Dad fahren in den Urlaub, und du nutzt mich schamlos aus? Deinen unschuldigen jüngeren Bruder?«
    Ich schüttelte stur den Kopf. »Aaron, bei der ersten Tour mit seinem älteren und weiseren Bruder muß der jüngere die Zeche bezahlen. Das ist Tradition, ein Initiationsritus oder so, also benimm dich entsprechend und laß das Geld rüberwachsen.«
    Das tat er zu meinem Erstaunen. Ich hatte ihn nur verarschen wollen.
    Fünf Minuten später, nach einer Abkürzung zur Landstraße, öffneten wir die ersten Flaschen. Ich sah zu, wie Aaron seinen ersten zögerlichen Schluck nahm und eine Grimasse schnitt.
    »Na, wie schmeckt’s?« fragte ich.
    »Irgendwie eklig, aber es geht ganz gut runter.«
    »Das ist ganz normal. Zwing’s nur einfach rein, dann wird’s besser.« Ich lachte. »Genau das haben Mütter ihren Töchtern über Sex erzählt.«
    Wir fuhren ziellos herum, blieben noch lange genug in der Stadt, um eine Tüte Brezeln zu holen.
    Aaron erinnerte mich an mein Versprechen, ihm eines Tages Tri-Lakes zu zeigen, und ich hatte nichts dagegen.
    Aaron und ich fühlten uns da schon ziemlich locker, geborgen wie ein Kind im Mutterschoß. Wir rissen Witze, die wir im Licht des Morgens und mit klarem Kopf wohl nicht halb so lustig gefunden hätten. Doch er wurde plötzlich still, als wir Tri-Lakes erreichten. Er starrte reglos aus dem Fenster, wie ein Kind, das zum ersten Mal in die Berge fährt. Ich glaube, das passende Wort wäre ehrfürchtig.
    Ich parkte an der üblichen Stelle, und wir stiegen aus, um unsere Beine auszustrecken.
    »Das ist also Tri-Lakes«, sagte Aaron leise. Die Bäume, der Teich, die Lichtung – alles war gebadet in sanftes Mondlicht, das dem gesamten Gebiet einen sonderbaren Glanz verlieh. »Es ist großartig.«
    Ich ging einige Schritte vom Auto weg und erleichterte meine Blase. Aaron warf mir einen mißbilligenden Blick zu, als hätte ich etwas entweiht.
    »Was ist los?« fragte ich. »Du siehst aus, als wären wir in der Kirche.«
    »So fühlt es sich auch an.«
    Also spürst du es auch. »Aaron, das hier ist ein Ort um Spaß zu haben. Wo man trinkt und über die Bedeutung des Lebens spricht. Mädchen abschleppt.« Ich zwinkerte. »Ich glaube, ich habe Valerie bald soweit, daß sie nackt badet.«
    Aaron blieb reserviert und stand über solchen Dingen. »Die Natur gab uns unsere ersten Kathedralen, Chris.« Er ging weg, in Richtung des Wäldchens, wie mir auffiel.
    Laß ihn gehen, laß ihn seine merkwürdigen Gedanken denken. Ich sah zu, wie er auf halbem Wege stehenblieb, die Hände in die Taschen steckte und einfach nur die Bäume betrachtete. Kein Wind. Sie bewegten sich kein bißchen.
    Ich beschäftigte mich damit, die leeren Flaschen in einen Sack zu packen, und aß ein paar Brezeln. Öffnete mein letztes Bier. Auf dem Hinweg war es mir gelungen, eine Flasche Vorsprung vor Aaron zu kriegen. Ich hörte mir im Radio AC/DC an.
    Aaron. Er stand noch immer dort.
    »Hey? Muß ich dich holen kommen?«
    Das mußte ich auch fast. Dreimal mußte ich ihn rufen. Er wanderte schließlich zurück, und sein Gesicht hatte jene Erhabenheit verloren, die es vor wenigen Minuten noch gezeigt hatte. Ich konnte es im Licht des Mondes und der Sterne erkennen, er war tatsächlich bleich. Er lehnte sich gegen das Auto.
    »Aaron?« fragte ich. »Bist du in Ordnung?«
    Er nickte und sah mich von der Seite an, und ich wußte, daß er log.
    Oh, großartig, einfach großartig, dachte ich. Er hat versucht, mit mir mitzuhalten, und es war zuviel für ihn. »Ist dir schlecht?«
    »Ich hoffe nicht.«
    Ich wies mit dem Daumen auf das Auto. »Willst du dich hinlegen?«
    »Besser nicht.« In seiner Stimme hörte ich jenes verräterische Zittern, und als Veteran vieler knierutschender Bußgänge zu dem Altar aus Porzellan, wußte ich, daß es nicht lange dauern konnte, bis ihm schlecht wurde.
    Die Geduld einer Minute gab mir recht. Er fiel auf allen Vieren ins Gestrüpp und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Ich wollte ihm wenigstens den Trost meiner Hand auf seinem Rücken anbieten, doch wenn man sein Bier herauswürgt, zieht man die Einsamkeit definitiv vor.
    Ich wartete, und als er fertig war, stand er auf und wankte zurück zum Wagen. Komisch – er

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