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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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sah zurück zu ihnen. »Hey, Kacke, Mann! Ich versuche, gesellig zu sein!« Er wandte sich wieder mir zu und verschränkte die Arme vor der Brust. »Weißte, ich bring’ hundertfünfundsiebzig Pfund auf die Waage, aber ich kann’s mit jedem Zweihundert-Pfund-Wichser in Harden aufnehmen.«
    Da ich nur hundertfünfundvierzig Pfund auf die Waage brachte, nickte ich einfach.
    »Aber was, wenn es kein Wichser, sondern ein normaler Mensch ist?« Ausgerechnet Valerie. Eine solche Bemerkung hätte ich von Phil erwartet, nicht von ihr. Ich hätte fast losgelacht.
    Wieder zeigte sich eine Spur der Verwirrung auf seinem Gesicht. »Egal, heute nacht ist mir nach Schwimmen zumute. Weißte?«
    Ich nickte. »Eine warme Nacht. Das Wasser fühlt sich bestimmt gut an.«
    Wendell lächelte, sehr breit. Ich hatte auf verfaulte Zähne gehofft, doch sie waren weiß und ebenmäßig. Genau wie die von Mr. Ed. »Hey, das hab’ ich auch gedacht. Also wie steht’s? Gehste schwimmen?«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Schwimmen oder kämpfen, Mann.«
    Ich lächelte und lachte kurz. Ich ging die paar Schritte zu meinem Wagen zurück, zog mein Hemd über den Kopf und legte es auf die Motorhaube. Ich sah die besorgten Gesichter meiner Freunde – erst Valerie, dann Phil, dann Connie, schließlich wieder Val. Bitte, sagte sie lautlos, laß uns fahren. Ich ging zurück zu Wendell und baute mich vor ihm auf, mit den Händen in den Hüften und gespreizten, dünnen Beinen wie eine Bronzestatue.
    »Mir ist nicht nach Schwimmen«, sagte ich. Wendells Lächeln verging (aus Überraschung, dachte ich), erschien dann aber wieder.
    Er räusperte sich und spie aus. Und schlug zu.
    Seine Faust traf mich krachend am linken Wangenknochen, und ich sah Sterne und wankte einige Schritte zurück. Doch es tat nicht allzu weh. Ich hatte es gewußt und etwas mehr von dem Arschloch erwartet. Der Schmerz war ein oder zwei Sekunden lang heftig, wurde dann zu einem raschen Pochen. Ich konnte damit umgehen. Und mit ihm.
    »Heilige Scheiße, Wendell!« schrie sein Freund. »Muß das sein?«
    »Halt’s Maul, Mann!« brüllte Wendell. »Das ist eine Sache zwischen mir und ihm.«
    Und dann stand Wendell einfach da. Ich brauchte einen Moment, um das zu erfassen. Doch er wartete auf meinen Schlag. Der dumme Hurensohn wartete darauf, daß ich ihn schlug. Da erkannte ich, daß er nur halb so gewalttätig oder gefährlich wie stumpfsinnig war.
    Und ich haßte ihn deshalb. Ich wollte ihn in Grund und Boden stampfen.
    (Wir werden es gemeinsam tun.)
    Ganz wie früher, wollte ich hinzufügen, und hatte keine Ahnung, warum, oder auch nur, woher diese erste innere Stimme gekommen war.
    Ich schritt nahe an Wendell heran, so daß mein nackter Bauch fast an seinen Wanst stieß. Er grinste, und ich war mir beiläufig bewußt, wie er seine Schenkel zusammenpreßte, als würde er ein Knie zwischen seinen Beinen erwarten. Ich zog den rechten Arm zurück und verpaßte ihm einen Schwinger, den ich mit meinem ganzen Körpergewicht unterstützte. Meine Faust traf auf sein Kinn und seine Wange, und mein Ellbogen riß eine Wunde über seinem linken Auge, die Blut über sein Gesicht vergoß. Wendell stolperte fünf oder sechs Schritte zurück und lehnte sich nach rechts, wobei sein heiles Auge weit aufgerissen wild funkelte.
    Ich hörte, wie man um uns die Luft anhielt, und dann herrschte völlige Stille. Noch nicht einmal Käfer waren zu hören, doch das zählte im Moment nicht. Dann bemerkte ich Wendells rasselnden Atem. Er grunzte und griff an. Er dachte nicht mehr klar (wenn er das je getan hatte), weil ich in der Lage war, ihm so einfach auszuweichen und ihm einen Tritt in den Bauch zu verpassen, als würde ich einen Fußball kicken. Sein Atem kam in einem Stoß hervor, und dann rang er nach Luft.
    Meine dreißig Pfund weniger waren kein Handicap mehr. Es bedeutete, daß ich leichter, gewandter und flinker war. Ich fing an, Wendell zu umtanzen, ihn zu umkreisen, als er sich mit blutigem Gesicht duckte und mich mit einem Auge anblinzelte. Das andere war zugeschwollen. Ich hüpfte im Kreis um ihn herum und erteilte ihm hier und da einen Schlag, richtete aber wenig Schaden an. Was ihn vermutlich mehr ankotzte als alles andere.
    Wendell holte weit und kraftvoll aus, und ich hätte ihm ausweichen können, tat es aber nicht. Ich erhielt einen Schlag in die Rippen, ein scharfer Schmerz, der durch und durch ging.
    Wendell lachte abgehackt und keuchend. Er hatte Schmerzen, so viel war klar, doch das wäre

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