Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
Vom Netzwerk:
bringen.
    »Was ist das?« fragte Connie.
    »Das ist ihr neuer Spielplatz«, erklärte Valerie. »Dort betrinken sie sich und reden über uns.«
    In der Dunkelheit wurde ich rot, und ich wette, daß es Phil ebenso ging.
    Wir ließen die Stadt hinter uns und glitten über die sanften Kurven der Route 37, vorbei an verfallenen Häusern und Waldgebieten und abgelegenen Höfen. Silbernes Mondlicht flutete die Landschaft, und die Nacht war warm und feucht und reif – eine Nacht, die das Bewußtsein unserer selbst und der Triebe, die uns leiteten, verstärkte. Wir brauchten die Bewegung und die Geschwindigkeit, das Kreischen der Reifen auf dem Asphalt, das Gefühl des Windes, der durch die offenen Fenster schlug, den Schweißfilm, der unsere Haut bedeckte. Wir brauchten die Gefahr, denn wir hatten die ganze Welt in unseren Händen, und nichts war aufregender als das Wissen, daß wir sie innerhalb eines Augenblicks verlieren konnten.
    Wir brauchten die Nacht und hießen sie willkommen. Umarmten sie.
    Ich fuhr auf die Abfahrt, dann auf den Weg zurück. Die Mädchen starrten aus dem Fenster, als die Bäume größer wurden und näher zur Straße standen. Ich nahm unsere bevorzugte Abzweigung. Ich hätte alles erwartet, nur nicht, daß bereits ein anderes Auto am Teich stand.
    Es war ein neuer, sauberer Wagen, ein brauner Trans-Am. Zwei Typen in Jeans und T-Shirt lehnten sich dagegen und sahen mit vagem Interesse in unsere Richtung, während sich eine dritte Gestalt im Schatten hinter dem Auto bewegte. Die Gestalt trat ins Licht. Weiblich. Und ziemlich kräftig.
    »Das war’s dann wohl«, sagte Phil.
    »Wir müssen hier nicht halten«, sagte Valerie und streichelte sanft meine Schulter. »Wir können ein andermal wiederkommen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht vor denen weglaufen.« Was wohl die dümmste Entscheidung dieser Nacht war.
    Ich schaltete den Motor ab, und wir konnten ihre Stimmen hören. Die meisten Bewohner des mittleren Westens haben keinen ausgesprochenen Akzent, doch diese Typen hatten einen ganz besonders breiten. Nicht das, was man Südstaatler nennen würde – einfach nur Bauerntölpel.
    »Um was wetten wir, daß die aus Harden kommen?« fragte Phil.
    »Die Wette hast du schon gewonnen«, entgegnete ich. Harden war ein ländliches Städtchen im Nordosten. Viele Bauern und Bergarbeiter. Leute vom Schlag White Trash Joes. Die jungen Männer hatten allgemein den Ruf, hitzköpfig zu sein. Ach, Harden – wo Männer noch Männer sind und die Schafe nervös.
    »Chris …«, sagte Valerie fast bittend.
    Ich lächelte Val breit und ruhig an. »Keine Sorge. Wenn es nach Ärger riecht, hauen wir ab, versprochen.«
    Sie stimmte zu, wenn auch mit einem merklichen Mangel an Vertrauen.
    Wir stiegen aus. Die anderen drei blieben in der Nähe des Wagens, doch ich entfernte mich wie beiläufig einige Schritte. Niemals würde ich sie denken lassen, daß sie mich einschüchterten. Das stand außer Frage.
    »Hey hey hey«, rief mir einer der Fremden zu und kam mir einige Schritte entgegen. Er war vielleicht zwei Zentimeter größer als ich, und er war kräftiger, mit einem soliden Bauchansatz unter dem T-Shirt. Sein Haar war an den Seiten kurzgeschnitten und wuchs länger auf dem Vorder- und dem Hinterkopf. Er nahm einen guten Schluck aus einer Bierdose, drückte diese zusammen und warf sie in die Büsche. »Woher kommt’n ihr?«
    »Mount Vernon.«
    Er lächelte stolz. »Harden.«
    Man erkennt sie auf eine Meile Entfernung.
    Der Typ kam noch näher. Er schien freundlich zu sein, doch irgend etwas an ihm war mir zuwider. Was vielleicht nur auf einem Vorurteil beruhte. Vielleicht war es auch seine offene Art gegenüber einem völlig Fremden. Doch mir war die Ursache egal, denn ich mochte diesen roten Nebel, der in meinen Kopf kroch, und alles, was ich im Moment wollte, war diese Szene noch etwas weiterzuspielen. Und vielleicht wollte ich gar nicht mehr damit aufhören, wenn die Situation außer Kontrolle geriet.
    »Hast du je ein Wochenende in Harden verbracht, Mann?« fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern und sagte höflich: »Tut mir leid, aber so langweilig war mir noch nie.«
    Er runzelte die Stirn, als sei er sich nicht sicher, ob er auf die Beleidigung reagieren solle. Anscheinend nicht. »Wir haben dort Spaß, ziemlich viel Spaß. Wir trinken was, lassen die Sau raus, kämpfen ’n bißchen.«
    »Hey, Wendell«, rief der andere Kerl. »Beweg’ deinen Arsch hierher und trink noch ’n Bier.«
    Wendell

Weitere Kostenlose Bücher