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Rune

Rune

Titel: Rune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Kaugeräusch zu übertönen.
    »Aaron und ich hatten viel Spaß Freitag nacht. Wir haben uns Wodka und Limonade besorgt. Ziemlich gutes Zeug. Er hat wirklich viel getrunken.«
    »Wirklich?« Normalerweise war Aaron kein großer Trinker. Ein weiterer Unterschied zwischen ihm und seinem großen Bruder.
    »Ja.« Dann lachte Hürdenspringer und zeigte mir seine mit Karamel überzogenen Zähne. Mein Magen drehte sich leicht um, als ich sah, wie ein Stück von einer Erdnuß herausschoß, um irgendwo auf dem Teppich zu landen.
    »Was treibst du so diesen Sommer?«
    »Ich werde hauptsächlich arbeiten. Phil und ich haben beim Straßenbauamt angeheuert.«
    Hürdenspringer grinste und saugte eifrig das Karamel von seinen Zähnen. »Arbeitest du mit Joe Morgan zusammen?«
    Joe Morgan? »Ach, du meinst White Trash Joe. Ja. Er ist ziemlich abgefahren. Kennst du ihn?«
    »Mein Vater macht manchmal Tauschgeschäfte mit ihm. Joe ist ein richtiges Schlitzohr, hat ständig irgendwas am Laufen. Du sagst, was du haben willst, und er besorgt es.« Er sah mich mit dem gleichen Bassettgesicht wie Freitag nacht an. »Chris – ähm, du weißt, daß ich dieses Jahr nicht zur Abschlußprüfung zugelassen worden bin?«
    »Nun, ich hab’ davon gehört, ja. Ich habe dem keine Aufmerksamkeit geschenkt, aber als du bei der Abschlußfeier nicht da warst, hab’ ich mir gedacht, daß es wohl stimmt.«
    Er verkrampfte seine Fäuste und entspannte sie dann wieder. »Zwei Punkte. Zwei beschissene Punkte haben mir gefehlt, und ich kann sie auf der Sommerschule nicht nachholen. Das kotzt mich wirklich an.« Er strich sein schweres, dunkles Haar mit einer zornigen Handbewegung zurück. »Und jetzt wollen meine Eltern, daß ich aus der Marschkapelle aussteige. Haben meine Tuba verkauft. Ich war zwar nicht so gut, aber sie hat mir gehört.« Er blinzelte mich an. »Was habt ihr davon gehalten?«
    In Wahrheit hatten Phil, Rick und ich noch gar nicht darüber gesprochen. »Wir fanden das auch ziemlich ungerecht.«
    Stille, außer der Musik.
    »Ungerecht, was?«
    »Total.«
    Er lächelte leicht. »Es ist schön, daß jemand auf meiner Seite ist.«
    Übertreib ’s nicht. Trotzdem lächelte ich zurück. »Na klar.« Dann gähnte ich, sehr weit und sehr laut.
    Hürdenspringer erhob sich grunzend. »Ich geh’ dann jetzt wohl. Du brauchst vermutlich deinen Schönheitsschlaf.« Er stieß mich jovial mit dem Ellbogen an.
    Und plötzlich hatte ich das Gefühl, noch eine Dusche zu brauchen. Ich stand auf und brachte ihn aus dem Haus. »Ich werd’ Aaron sagen, daß du vorbeigeschaut hast.«
    »Ja. Schade, daß ich ihn verpaßt habe. Vielleicht geh’ ich zu Chuck Wagon und sage Hallo.«
    Fast hätte ich losgeprustet; zweifellos würde Aaron zur Salzsäule erstarren. »Du willst ihn sicher nicht in Schwierigkeiten bringen, weil er seiner Arbeit nicht nachkommt. Der Chef dort kann ein richtiges Arschloch sein.«
    Hürdenspringer kratzte sich in der Leistengegend, was der letzte Anblick war, den ich Mom zumuten wollte, wenn sie gerade um die Ecke käme. »Ja, du hast wohl recht. Das will ich nicht.«
    Wir hatten die Haustür schon erreicht; fast war ich befreit. »Bis dann.«
    Er schritt durch die Tür und drehte sich dann noch mal um. »Ruf mich mal an, und dann gehen wir gemeinsam ein paar Biere trinken. Ich lade dich ein. Wir lassen’s richtig krachen.«
    Ich nickte schwach. »Das müssen wir mal tun. Bis dann.«
    »Ja. Nimm sie leicht.« Er grinste und zwinkerte. »Oder nimm sie, wie du gerade Lust hast.« Lautes, schmieriges Gelächter, wie der Schrei eines Esels.
    Ja, ich brauchte definitiv noch eine Dusche.

10.
     
    Am nächsten Abend beschloß ich, etwas zu tun, was ich nie zuvor getan hatte. Ich beschloß, daß Aaron und ich gemeinsam in die Stadt fahren sollten, nur wir beide.
    »Mach schon, zieh’ die Schuhe an«, rief ich ihm von der Tür aus zu. »Ich werde dir heute abend beibringen, wie man Bier trinkt, und der Unterricht fängt in fünfzehn Minuten an.«
    Aaron sah vom Boden auf, wo er irgendein Schmutzmagazin durchblätterte, das er von mir geerbt hatte. »Meinst du das ernst?«
    »Ja, klar. Du bist nicht mein Bruder, bis du nicht gelernt hast, Bier zu trinken. Kein Wodka mit Limonade mehr, das ist Weiberkram.«
    Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf, um seine Schuhe anzuziehen, doch er schenkte mir ein schüchternes Lächeln, als gefiele es ihm, daß ich ihn einer gemeinsamen Ausfahrt für würdig erachtete. Innerhalb weniger Minuten, die

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