Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
Vom Netzwerk:
Deutsche mit wachsendem Verständnis.
    »Wissen Sie von irgendwelchen weiteren denkbaren Zusammenhängen zwischen dem Freiherrn und diesem U-Boot?«, fragte sie.
    »Nicht direkt.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nach dem Tod meiner Großmutter erbte ich viele Briefe, die ihr mein Großvater während der Kriegsjahre geschrieben hatte«, berichtete Greta Schneider. »Der letzte erreichte sie kurz vor Weihnachten 1944. Er schrieb nur in Andeutungen, da zu dieser Zeit alle Feldpost deutscher Soldaten zensiert wurde. In diesem Brief bereitet er Großmutter darauf vor, dass sie die nächsten Monate oder sogar das nächste halbe Jahr nichts weiter von ihm bekommen würde, da er sich auf eine weite, gefährliche Reise machte. Er sagt zu dieser Reise nicht mehr, aber als ich das Bild von ihm vor dem U-Boot sah, kam mir der Gedanke, dass Großvater womöglich mit diesem U-Boot auf Fahrt gegangen war. Sie werden sicherlich verstehen, dass es mir sehr viel bedeutet zu erfahren, was über meinen Großvater in dem Tagebuch Ihres Großvaters geschrieben steht. Ist er mit dem U-Boot in See gestochen? Wohin ist er gefahren? Was ist aus ihm geworden?«
    Professor Houston kam Melkorka zuvor.
    »Niemand scheint mit Sicherheit das Schicksal der U-703 zu kennen, wenn es sich denn überhaupt um dieses U-Boot handelt«, erklärte er. »Bis jetzt gingen die Historiker davon aus, dass das U-Boot im Herbst 1944 auf seiner |94| dreizehnten Fahrt nordöstlich von Island aufgrund eines Unglücks verschwand, aber dafür liegen keine Beweise vor. Ich meine, das Foto in dem Notizbuch ist als Hinweis darauf zu interpretieren, dass die U-703 ihr Ziel erreicht hat. Zumindest ist es ja wohl eindeutig, dass Höskuldur nach Island gelangte.«
    »Was steht in dem Tagebuch zu der letzten Fahrt des U-Bootes?«
    »Wir sind mit der Übertragung noch nicht so weit gekommen.«
    »Mir ist alles andere in dem Tagebuch völlig egal«, versetzte Schneider mit Nachdruck. »Wenn Sie für mich nur das Kapitel mit dem U-Boot übersetzen, kann ich mit Frieden im Herzen heimkehren.«
    Melkorka war in einer Zwickmühle. Sie fühlte ein gewisses Mitleid mit der Deutschen, die in einer ähnlichen Situation war wie sie selbst: Sie versuchte, den Lebensweg ihres Großvaters aufzuklären.
    »Wenn im Tagebuch irgendwas zur Reise Ihres Großvaters stehen sollte, ist es nur selbstverständlich, dass Sie es erfahren«, sagte sie. »Wenn es so weit ist.«
    »Dafür danke ich Ihnen sehr«, erwiderte Schneider.
    »Im Übrigen aber ist der Inhalt des Tagebuches ein Familiengeheimnis, und dabei bleibt es auch.«
    »Ich habe einen noch besseren Vorschlag«, mischte sich der Professor ein. »Warum denn nicht das Kapitel gleich jetzt übersetzen? Das sollte doch nicht lange dauern, wo Sie doch die Geheimformel schon herausgefunden haben.«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, verkündete Melkorka entschlossen. Sie konnte nicht zulassen, dass |95| die beiden bei der Übertragung dabei waren. Erst wollte sie selbst wissen, was ihr Großvater geschrieben hatte.
    Houston zuckte die Schultern und blickte die Deutsche entschuldigend an.
    »In welchem Hotel wohnen Sie?«, fragte er sie.
    »Im Augenblick habe ich noch keins. Mein Gepäck ist noch am Busbahnhof, da ich so schnell wie möglich herkommen wollte.«
    »Das Gästehaus, in dem ich wohne, ist sauber und freundlich«, meinte der Professor. »Ich habe heute Morgen gesehen, dass sie noch Zimmer frei haben.«
    »Klingt gut«, sagte Schneider dankbar.
    »Könnten Sie mir ein Taxi rufen?«
    Sie warteten alle zusammen im Wohnzimmer, bis der Taxifahrer vor dem Haus hupte. Houston suchte seinen breitkrempigen Hut im Flur, fand ihn aber nicht.
    »Entschuldigen Sie mich bitte einen Augenblick«, wandte er sich in bedauerndem Tonfall an Melkorka. »Ich habe dummerweise meinen Hut oben in Ihrem Arbeitszimmer liegenlassen. Bin gleich zurück.«
    Erstaunlich flink eilte der Professor die Treppe hinauf und kam umgehend mit dem Hut auf dem Kopf zurück.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Greta Schneider auf Deutsch und folgte Houston auf den asphaltierten Parkplatz vor dem Haus.
    |96| 20
    Als die Besucher gegangen waren, nahmen sich Melkorka und Beinteinn die Kopien der nächsten Tagebuchseiten vor, auf denen Höskuldur die weitere Suche nach Gotatýrs Runenlied in der Bibliothek des alten Klosters von Montserrat Ende 1940 schilderte. Erst zwischen Weihnachten und Neujahr war er wohl einen Schritt weiter gekommen:
    Endlich ein Lichtblick. Fand in einem der

Weitere Kostenlose Bücher