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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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Kellergänge des Klosters unter der Steindecke ein paar übel zugerichtete Bücher. In einem davon sind Manuskripte unterschiedlicher Art. Darunter fand ich lose Seiten, die offenbar aus einem Buch gerissen sind. Auf einem von ihnen sind Runenzeichen geschrieben. Das Blatt ist zwischen Seiten mit griechischen und lateinischen Texten eingefügt. Die Runen sind verblasst und schwierig zu entziffern.
    Einige Tage später hatte Höskuldur den Runentext dann in lateinischer Schrift übertragen, soweit das überhaupt möglich war:
    Auf der Vorderseite des Blattes stehen offenbar vollständige Sätze, die in gleicher Form auch von Allvater Óðinn im Runenlied überliefert sind, das zu der Älteren Liederedda gehört: »Ich spähte nach unten. Erlernte die Runen. Ich, der Allweise, lernte sie laut. Wohl dem, der es kann. Wohl dem, der es sang. Weißt du zu ritzen? Weißt du zu deuten? Weißt du zu erforschen? Weißt du zu bitten?«
    |97| Die Rückseite ist viel schlechter erhalten, notierte Höskuldur. Dort konnte er vereinzelte Wörter in lesbaren Runen ausmachen, dazwischen waren unleserliche Stellen:
    brunnR… gotat … runastainaR … þrija hailag stad … hof got… doro… agistr… saks… graf… gorm… jal…odi…þor … urd … mimR… idave.
    Während der Wintertage in den Bergen von Montserrat hatte Höskuldur lange über der Bedeutung der zusammenhanglosen Sätze und Silben geknobelt, ohne jedoch zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen:
    Das ist nur ein Bruchstück eines Manuskripts. Vieles fehlt. Was kann man aus diesen Runen lesen? Bei erster Betrachtung das Folgende: Gotatýrs Runenlied wurde an drei heiligen Orten (»þrija hailag stad…«) in Runensteine (»runastainaR«) geritzt. Was nachfolgend über die drei Orte geschrieben ist, sind lediglich meine eigenen Überlegungen und Mutmaßungen.
    hof got… doro…: Wahrscheinlich wird auf einen gotischen Tempel (altnordisch: »hof«) in ihrer berühmten Hauptstadt Doros am Schwarzen Meer verwiesen.
    agistr… saks…: Sehr wahrscheinlich sind hier die Götterfelsen oder Externsteine in Westfalen gemeint, das bedeutendste Heiligtum der Sachsen.
    graf… gorm… jal…: Halte es für nahezu sicher, dass hier das Grab von Gormur dem Alten gemeint ist, der ein bekannter dänischer Wikingerkönig des zehnten Jahrhunderts war und der in Jalangur saß, das die Dänen heute Jelling nennen. Das ist in Jütland.
    Wenn ich die richtigen Schlüsse gezogen habe, muss der älteste Runenstein demnach in Doros sein, der mächtigen Gotenfestung. Die Goten hatten im dritten Jahrhundert
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die Krim an der Schwarzmeerküste erobert, wichen dort aber vor den Hunnen zurück. Viele von ihnen zogen unter der Führung von Óðinn und Þór nach Nordeuropa über das heutige Sachsen und weiter nach Skandinavien, siehe auch den Bericht unseres isländischen Geschichtsschreibers Snorri Sturluson in seiner »Heimskringla«. Vom Tempel von Doros sind wahrscheinlich seit Jahrhunderten nur mehr Ruinen übrig.
    Die Goten ließen sich in Sachsen nieder, bevor sie nach Skandinavien weiterzogen. Der zweitälteste Runenstein könnte daher in einem sächsischen Tempel bei den Götterfelsen verborgen sein. Sie gehören unter anderem zu einem Gebiet, in dem Doktor Schweizer für Ahnenerbe in Detmold germanische Forschungen leitet.
    Der jüngste Runenstein wäre demnach im Grabhügel von Gormur dem Alten auf Jütland zu finden, vermutlich im zehnten Jahrhundert errichtet. Dort sind bereits Runensteine zum Gedenken an den alten Gormur und seinen Sohn, Haraldur Blauzahn, aufgefunden worden. Es ist denkbar, dass diese drei uralten Runensteine tausend Jahre Geschichte der germanischen Götter umfassen.
    Einige Wochen später hatte Höskuldur seine Suche in der Klosterbibliothek dann beendet, ohne auf weitere Runentexte gestoßen zu sein. Er verfasste einen ausführlichen Bericht über seine Entdeckung und die wesentlichen Ergebnisse und lieferte ihn im Februar 1941 persönlich beim Reichsführer-SS in Berlin ab. Im Anschluss daran bekam er die Aufgabe, die drei Steine ausfindig zu machen, auf denen das Geheimnis von Gotatýrs Runenlied aufgeschrieben sein sollte.
    Obwohl Höskuldur es für am wahrscheinlichsten hielt, |99| dass der älteste Runenstein in der alten Stadt Doros auf der Krim zu finden war, konnte er trotz des Hitler-Stalin-Pakts nicht ohne Weiteres eine Suche innerhalb der Grenzen des Sowjetreiches durchführen. Die beiden anderen Orte waren dagegen unter deutscher Herrschaft und

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