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Runen

Runen

Titel: Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Snæland Jònsson
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Ich spürte eine starke Verbundenheit mit den alten Goten, die damals im ausgehenden vierten Jahrhundert in dieser mächtigen Festung lebten, als die asiatischen Hunnen über sie herfielen wie die Heuschrecken.
    Tagelang brütete Höskuldur Steingrímsson in seinem Stützpunkt im tatarischen Bachtschyssaraj über den Fotos und Zeichnungen und versuchte, aus den Steinritzungen gotische Runen zu entziffern. Die russischen Partisanen, die sich in den Höhlen der Felsenfestung verborgen hielten, hatten die deutschen Truppen bereits eingekesselt. Daher bekam Höskuldur kein zweites Mal die Erlaubnis, nach Mangup Kale zurückzukehren und die Höhlenwände noch genauer zu untersuchen. Das schien ihn aber nicht allzu sehr zu bekümmern:
    Die Einritzungen in dem Tempel sind ganz zweifellos der älteste Teil des uralten Runenliedes von Gotatýr. Ich glaube, dass ich jetzt den Text vollständig vorliegen habe.
    Der Reichsführer-SS hat Bachtschyssaraj gestern auf seiner Reise durch die Ukraine besucht. Ich habe ihm meine Ergebnisse
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gezeigt. Himmler ist mit diesem herausragenden Erfolg hoch zufrieden und will dem Führer das Runenlied bei der ersten Gelegenheit vorstellen.
    Danach kehrte Höskuldur zurück ins Hauptquartier von Ahnenerbe in Berlin und befasste sich wieder mit den drei Runentexten. Im Winter verfasste er einen ausführlichen Bericht über Gotatýrs Runenlied, seine Geschichte und die Übersetzung dazu. Auf Himmlers Befehl ließ er den Text auf Pergament schreiben, sowohl in Runenschrift als auch in isländischer und deutscher Übersetzung. Er ließ auch seinen Bericht über die bedeutsamen Hinweise, die den Runen zu entnehmen waren, in Kalligraphie auf Deutsch und Isländisch auf dem Pergament festhalten. Im Frühjahr 1943 war diese Aufgabe vollendet:
    Brief von Himmler. Er übergab A. H. das Pergament mit Gotatýrs Runenlied anlässlich eines Festmahls, das in Berchtesgaden abgehalten wurde, und versprach dem Führer, mit allen verfügbaren Mitteln die Feuerwaffe der Vorfahren, nämlich Þórs Hammer, zu finden, um einen völligen Sieg über die Bolschewiken sicherzustellen.
    Im Spätsommer verlieh der Reichsführer-SS dem isländischen SS-Mann die begehrte Anerkennung für seine tadellos ausgeführte Aufgabe:
    Himmler rief mich heute zu sich und überreichte mir im Rahmen einer eigens angesetzten Zeremonie den SS-Ehren
ring , den ich bis zum jüngsten Tag tragen werde. Wunderbarer Augenblick.
    Melkorka sah sich erneut enttäuscht. Als sie die Übertragung der letzten Seite beendet hatte, sah sie sich dem Inhalt der Botschaft, die Himmler seinem Führer im Sommer 1943 übergeben hatte, keinen Schritt näher gekommen.
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    Von Anfang an hatte Melkorka die Idee, dass es eine abenteuerliche Zauberwaffe nordischer Götter geben sollte, für ein völlig abwegiges Hirngespinst gehalten. Dass ihr Großvater an so einen Quatsch geglaubt hatte, konnte sie überhaupt nicht nachvollziehen.
    Aber dem Tagebuch zufolge hatte Höskuldur die drei Runentexte ausfindig gemacht, sie abgeschrieben und entziffert. Runentexte, die seiner Aussage nach den Weg zu Óðinns und Þórs Geheimnissen wiesen. Diese Behauptung machte sie nachdenklich, änderte jedoch an ihrer Einstellung dazu gar nichts. Immerhin hatte sie diesen angeblichen uralten Wegweiser noch nicht zu Gesicht bekommen.
    Wenn dieser Runenschlüssel aber in der Tat existierte, wo war er dann verborgen?
    Kári bezweifelte allerdings, dass Höskuldur die Runensteine tatsächlich gefunden hatte.
    »Natürlich weiß ich darüber auch nicht mehr als du«, bekannte Melkorka. »Aber ich meine, dass in seinem Notizbuch Bilder von den Fundorten aller drei Runensteine waren, also die Götterfelsen in Sachsen, die Hügel in Jelling und die Felsenstadt in Doros.«
    »Bist du dir sicher?«
    Melkorka setzte sich an ihren Laptop, um die drei Fotografien |118| auf der CD herauszusuchen. Sie hatte die Scheibe am Tag zuvor im Rechner gelassen, als Greta von Trittenheim-Schneider unerwartet hereingeplatzt war und sie bei der Arbeit gestört hatte.
    Als sie aber das Laufwerk öffnete, durchfuhr sie ein heißer Schrecken: Die CD mit den Kopien des Notizbuches war nicht mehr da.
    »Hast du die CD rausgenommen?«, fragte sie Kári.
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete er.
    Fieberhaft suchten sie auf dem Schreibtisch, in Schubladen und Regalen nach dem Datenträger. Er war nirgends zu finden.
    »Wo kann das Ding denn hingekommen sein, das gibt es doch nicht«, stöhnte Melkorka

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