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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Streifen an seinem oberen Ende, der genau
dem glich, den auch Lancelots Ohren aufwiesen, und die
Artus’.
»Wir wissen nicht einmal, wer wir sind.« Zu jeder anderen Zeit und an jedem anderen Ort hätten diese Worte bitter geklungen, aber jetzt hörte Lancelot nur eine ganz vage
Spur von Traurigkeit darin; und vielleicht auch nur, weil
er es erwartete. »Wir stammen nicht von dieser Welt, Lancelot. Du und ich, wir sind auf der anderen Seite geboren,
ebenso wie Artus und viele andere auch.«
Lancelot zuckte mit den Schultern. »Vielleicht.«
Gwinneth schüttelte entschieden den Kopf. »Es ist so«,
behauptete sie. »Wir sind keine Menschen, Lancelot. Wir
sind Elben.«
»Und wo ist der Unterschied?«, fragte Lancelot.
Es verging eine Weile, bevor Gwinneth antwortete, und
als sie es tat, da war ihre Stimme von einem sonderbaren
Ton erfüllt, einem Klang zwischen Bitterkeit und Resignation, den er noch niemals gehört hatte. »Als ich noch ein
Kind war, da habe ich viele Geschichten über Elben, Feen,
Trolle und Einhörner gehört. Ich habe ihnen gerne gelauscht wie alle Kinder, aber es hat nicht lange gedauert,
bis mir klar wurde, dass es nur Geschichten waren und
dass es all diese Wesen nicht wirklich gibt. Und nun muss
ich mich an den Gedanken gewöhnen, selbst eines von
diesen Fabelwesen zu sein.« Sie lachte leise. »Dabei fühle
ich mich gar nicht so.«
»Vielleicht gibt es auch gar keinen Unterschied«, überlegte Lancelot. Aber war die Wahrheit nicht vielmehr die,
dass er diesen Unterschied gar nicht kennen wollte?
Gwinneth hatte Recht: Sie und er gehörten so wenig zum
Volk der Menschen, wie Artus, Morgaine, Mordred und
vermutlich auch Merlin – und möglicherweise auch viele
andere, denen er begegnet war, ohne ihr Geheimnis zu
erkennen.
Aber die Elben, die sich ihm offenbart hatten, waren
eher Dämonen als Schutzengel gewesen. Die Menschen
berichteten in ihren Legenden und Mythen vom magischen Volk der Tir Nan Og als einem, das den Menschen
wohl gesonnen war und über sie wachte, und doch hatte
Lancelot niemals Krieger erlebt, die so erbarmungslos
unter ihren Feinden gewütet hatten, wie Morgaine Le Fayes Dunkelelben es taten.
»Es muss einen Unterschied geben«, beharrte Gwinneth.
»Es muss einen Grund geben.«
»Die meisten Dinge geschehen grundlos«, wehrte Lancelot ab. Er wollte nicht darüber nachdenken, er hatte es nie
gewollt und er wollte es jetzt und hier schon gar nicht. Es
war ein Gedanke, der nicht an diesen Ort passte.
»Wir sollten uns auf den Rückweg machen«, schlug er
vor.
»Schon?« Gwinneth machte ein bedauerndes Gesicht.
Sie zog die Knie weiter an den Leib und umschlang sie
mit beiden Armen, dann ließ sie sich zur Seite und gegen
Lancelots Schulter sinken. Ihr nasses Haar kitzelte an seiner Wange. »Ich könnte ewig hier unten bleiben. Es ist ein
so wunderschöner Ort.«
»Wir sind schon lange fort«, erinnerte Lancelot. »Oben
auf Tintagel wird man sich bereits fragen, wo wir geblieben sind. Und wenn wir nicht bald zurückkehren, wird
Sean anfangen sich Sorgen zu machen.« Er lachte leise.
»Du kennst diesen irischen Sturkopf. Wenn er sich Sorgen
macht, ist er noch unausstehlicher als sonst. Er wird deine
armen Diener so lange anbrüllen, bis sie auf Händen und
Knien durch Tintagel kriechen und jeden Winkel nach uns
absuchen.«
Gwinneth seufzte. »Vielleicht hast du Recht. Aber ich
doch auch, oder? Es ist ein wunderschöner Ort.«
»Sicher. Doch im Moment können wir hier nichts ausrichten. Wir kommen später zurück und sehen uns genauer
um. Vielleicht gibt es ja einen Weg, um dieses Tor zu öffnen.« Leiser und nach einem spürbaren Zögern fügte er
hinzu: »Wenn du das wirklich willst.«
»Du nicht?« Gwinneth sah ihn überrascht an.
Lancelot hob nur die Schultern. Er wusste die Antwort
auf ihre Frage nicht.
»Aber du warst schon einmal dort«, sagte Gwinneth.
»Genau wie du«, erwiderte Lancelot, doch Gwinneth
schüttelte nur heftig den Kopf, sodass ihr nasses Haar flog
und Lancelot ins Gesicht klatschte, als hätte sie ihm eine
spielerische Ohrfeige verpasst.
»Das war etwas anderes«, behauptete sie. »Ich war unten
in Morgaines Kerkern gefangen. Du hast die Tir Nan Og
gesehen.«
Und was er dort gesehen hatte, war wunderschön gewesen, aber auch unbeschreiblich furchtbar. Vor allem jedoch anders . Gwinneth mochte Recht haben, dass sie von
der Insel der Unsterblichen stammten – aber gehörten sie
auch dorthin?
»Lass uns

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