Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
stand vollends auf und wollte gebückt zur Leiter treten, aber Gwinneth hielt ihn mit einem fragenden Blick zurück.
»Ich hole nur dein Pferd.« Nach einem kurzen, aber bedeutungsvollen Zögern fügte er hinzu: »Und meine Rüstung. Wir müssen hier weg.«
»Und wohin?«
Dulac konnte nur die Schultern heben. Er wusste ja noch
nicht einmal genau, wo sie waren – wie sollte er dann wissen, was ihr Ziel sein könnte?
»Lass uns wenigstens warten, bis es hell ist«, bat Gwinneth. »Dieser Sturm macht mir Angst. Irgendetwas stimmt
damit nicht.«
Dulac ging zu ihr zurück und blickte neben ihr wieder in
die Nacht hinaus. Er hätte Gwinneth gerne widersprochen
oder sie zumindest getröstet, aber er konnte es nicht. Dort
draußen war etwas.
Und dann wusste er auch was. Dulac sog so scharf und
erschrocken die Luft ein, dass Gwinneth mit einem Ruck
den Kopf drehte und ihn alarmiert ansah. »Was ist?«
»Morgaine.« Dulac starrte wie gebannt in die Dunkelheit
hinaus. Nichts dort draußen hatte sich verändert und doch
war es ihm plötzlich nicht mehr möglich, den Blick von
dem tobenden Schneesturm und der Düsternis zu nehmen,
die sich dahinter zusammenballte.
»Morgaine?«
»Es ist Morgaine«, murmelte Dulac. Plötzlich holte ihn
die Erinnerung wieder ein; warnungslos und mit solcher
Wucht, dass er um ein Haar aufgestöhnt hätte. »Morgaine
Le Faye. Sie ist hier, Gwinneth.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Gwinneth unsicher.
»Es ist ihre Magie«, antwortete Dulac. »Damals, als sie
Merlin getötet hat, war es ganz genauso. Diese Kälte und
die Dunkelheit … es ist genau dasselbe wie damals. Und
später im Kerker von Camelot, als sie Mordred befreit hat.
Sie ist hier, Gwinneth!«
»Aber das ist unmöglich!«, protestierte Gwinneth in einem schrillen, fast hysterischen Ton, den er so noch nie
bei ihr bemerkt hatte. Wahrscheinlich hatte sie längst begriffen, dass er Recht hatte, aber sie wollte es nicht akzeptieren. »Sie kann gar nicht wissen, dass wir hier sind. Wir
wissen doch selbst noch nicht einmal genau, wo wir sind!«
»Sie besitzt Zauberkräfte«, erinnerte Dulac. »Wenn sie
uns wirklich finden will, dann findet sie uns auch.«
Seine Gedanken rasten, aber er kam zu keinem Ergebnis,
sondern fühlte sich im Gegenteil mit jeder Sekunde hilfloser und verwundbarer. Allein der Gedanke, dass die
schwarze Fee ihre Spur wieder aufgenommen hatte, lähmte ihn schier. Vielleicht war dies sogar Morgaines größte
und schrecklichste Waffe: die Furcht, die sie in die Herzen
ihrer Feinde pflanzte. Er hatte gesehen, wozu sie fähig
war, und allein dieses Wissen machte es ihm fast unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
»Wir müssen weg hier«, sagte er. »Sofort!«
Gwinneth nickte und wollte sich schon zur Leiter umdrehen, doch diesmal war es Dulac, der sie mit einer energischen Bewegung zurückhielt. »Du wartest hier. Ich hole
das Einhorn und dein Pferd. Allein bin ich viel schneller.«
»Ich weiß«, antwortete Gwinneth. »Aber ich will nicht
ohne dich hier bleiben. Bitte, Lancelot!«
Dulac zögerte einen winzigen Moment. Er hatte die
Wahrheit gesagt – Gwinneth würde ihn nur aufhalten. Allein wäre er wahrscheinlich doppelt so schnell am Waldrand und wieder zurück wie in ihrer Begleitung. Aber er
konnte sie auch verstehen; schließlich war sogar ihm nicht
wohl bei dem Gedanken, sie alleine hier zurückzulassen,
schutzlos dem ausgeliefert, was mit dem Sturm dort draußen herankam.
»Gut«, gab er widerwillig nach. »Aber bleib immer dicht
hinter mir! Und tu ganz genau das, was ich sage.«
Sie kletterten die Leiter hinab. Gwinneth wollte unverzüglich zur Tür eilen, doch Dulac bedeutete ihr mit einer
Geste zu warten und ging stattdessen zu den Pferden der
irischen Söldner. Er hatte nicht vor die Tiere zu stehlen,
sondern allenfalls eines davon auszuleihen, um das kurze
Stück zum Waldrand hinaufzureiten.
Der Versuch hätte ihn um ein Haar ein paar Finger und
möglicherweise auch noch mehr gekostet. Das erste Pferd,
nach dessen Zügel er griff, biss nach ihm und das zweite
schlug so heimtückisch mit den Hinterläufen aus, dass er
nur noch im buchstäblich allerletzten Moment den Kopf
einziehen konnte. Auf einen dritten Versuch ließ er es vorsichtshalber gar nicht erst ankommen. Offenbar waren die
Tiere darauf dressiert, nur ihre rechtmäßigen Besitzer als
Reiter zu akzeptieren.
Gwinneth grinste schadenfroh, als er zurückkam. Dulac
versuchte das spöttische Blitzen

Weitere Kostenlose Bücher