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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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diesem Gespräch mit Artus erhofft hatte – aber das? Das
war nicht mehr der Artus, den er gekannt hatte. Viel mehr
noch als sein Schwert, sein Mut oder seine Klugheit hatten
Artus’ unerschütterliche Kraft und Güte ihn zu dem gemacht, was er war – oder einmal gewesen war. Der König,
mit dem er gerade gesprochen hatte, trug nur noch die
Krone, aber er war nicht mehr das Herz Camelots. Dieser
Artus war ein gebrochener, verbitterter Mann, der nur
noch Rache wollte und sich selbst nicht mehr gestattete,
irgendein anderes Gefühl zu empfinden. Was hatten
Gwinneth und er ihm nur angetan?
Er erreichte den Rand des Lagers und machte sich auf
den Weg zum Pfad nach Tintagel hinauf, doch noch bevor
er ihn zur Hälfte hinter sich gebracht hatte, hörte er seinen
Namen rufen und hielt an. Halb alarmiert, halb aber auch
von der wilden, völlig widersinnigen Hoffnung erfüllt, es
könne doch Artus sein, der ihm gefolgt war, um noch einmal mit ihm zu reden, wandte er sich im Sattel des Einhorns um und sah eine schlanke, ganz in Silber gekleidete
Gestalt auf sich zugaloppieren. Es war auch diesmal nicht
Artus, doch Lancelots Herz begann trotzdem vor Aufregung zu klopfen, als er das Gesicht unter dem hochgeklappten Helmvisier als das Parzivals erkannte.
»Lancelot, bitte warte!«, rief Parzival – obwohl Lancelot
längst angehalten und das Einhorn halb gewendet hatte.
Das Tier, das die Bewegung offensichtlich falsch deutete,
schnaubte erregt und begann kampflustig mit den Vorderhufen zu scharren, doch Lancelot brachte es mit einem
ärgerlichen Ruck am Zügel zur Räson. Parzival sprengte
in scharfem Tempo heran, brachte sein Pferd unmittelbar
neben ihm zum Stehen und sagte noch einmal und atemlos: »Lancelot, warte!«
»Aber das tue ich doch schon«, erwiderte Lancelot lächelnd. Er freute sich aufrichtig, den jungen Ritter wiederzusehen – obwohl ihn Parzivals Anblick fast so sehr erschreckte wie es vorhin der Artus’ getan hatte.
Parzival sah noch immer so jung und von unbändiger
Kraft erfüllt aus, wie er ihn in Erinnerung hatte, doch auch
er hatte sich verändert. Von allen Rittern am Hofe war er
nicht nur der jüngste, sondern auch der mit Abstand fröhlichste gewesen, immer zu einem Scherz aufgelegt und
fast immerzu lachend. Jetzt gewahrte Lancelot um seinen
Mund einen bitteren Zug und tiefe, unauslöschlich in sein
Gesicht eingegrabene Linien, die von zu viel schlimmem
und zu viel erlittenem Schmerz kündeten, als dass er ihn
jemals in seinem Leben würde ganz vergessen können.
»Ich kann dich nicht so gehen lassen«, sagte Parzival.
»Nicht, bevor wir miteinander geredet haben.«
»Es tut gut, dich wiederzusehen«, sagte Lancelot ehrlich.
»Ich wünschte mir nur, die Umstände wären besser.«
»Du musst Artus verstehen«, bat Parzival. Er klang beinahe flehend. »Was er gerade gesagt hat, das hat ihn mehr
geschmerzt als dich.«
»Warum hat er dann seine Worte nicht anders gewählt?«, fragte Lancelot.
»Weil ihm das nicht möglich ist«, erwiderte Parzival
traurig. »Du weißt nicht, was du ihm angetan hast, nicht
wahr?«
»Nun, anscheinend genug, dass er mit einem Heer von
…« Er sah demonstrativ zum Lager zurück, »wie vielen,
sagte er doch gleich? Fünfundzwanzigtausend?«
»Fast dreißig.«
Lancelot nickte. Er bemühte sich seiner Stimme einen
bewusst bitteren Klang zu verleihen, als er fortfuhr: »Von
fast dreißigtausend Mann hier erscheint, um sich für diese
Schmach zu rächen. Es muss ihn wahrlich hart getroffen
haben.«
»Das hat es, aber das ist nicht der Grund, aus dem wir
hier sind«, behauptete Parzival.
»Nicht?« Lancelot machte ein überraschtes Gesicht.
»Dann seid ihr nur zufällig des Weges gekommen, nehme
ich an?«
Parzival sah ihn für eine kleine Ewigkeit durchdringend
und ebenso traurig wie verwirrt an. »Es sind die Pikten«,
sagte er dann.
»Was für Pikten?«
»Mordreds Heer«, erwiderte Parzival. »Sie folgen uns im
Abstand eines Tagesrittes und sie sind uns fast um das
Doppelte überlegen.«
Lancelot erschrak. »Die Pikten?«, keuchte er. »Mordred?
Sie sind hier?«
»Artus hat den ganzen Winter über Truppen zusammengezogen«, bestätigte Parzival. »Alle seine Berater und alle
seine Ritter haben ihm geraten, Camelot zu befestigen und
Mordreds Angriff dort abzuwarten, aber er wollte Camelot
und seine Bewohner nicht unnötig in Gefahr bringen und
so haben wir uns auf den Weg zur Küste gemacht.« Er
drehte sich halb im Sattel

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