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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die
Worte so weh, als hätte er ihm einen Dolch in die Brust
gerammt. Er konnte nichts darauf erwidern, sondern blickte Artus nur hilflos an.
»Du überraschst mich, Lancelot«, fuhr Artus fort. Er hatte seine Fassung zurückgewonnen und sprach jetzt mit
ruhiger, fast kühler Stimme. »Bist du besonders dumm
oder besonders dreist, so ganz allein vor mir zu erscheinen?« Wieder wartete er vergeblich einige Sekunden lang
auf eine Antwort, dann löste sich sein Blick von Lancelots
Gesicht und tastete über seine Gestalt.
Am Griff des Runenschwertes in seinem Gürtel blieb er
einen Moment lang hängen.
»Ich bin gekommen, um mit Euch zu reden, Artus«, sagte Lancelot schließlich.
»Reden?« Artus wiegte erneut den Kopf, als müsse er
erst über dieses Wort nachdenken. Dann runzelte er die
Stirn. »Ich verstehe«, sagte er nickend. »Du bist gekommen, um mir die Kapitulation anzubieten.«
»Wenn es das ist, was Ihr wünscht«, antwortete Lancelot.
»Was ich wünsche?« Artus seufzte tief. »Was ich wünsche, spielt keine Rolle mehr, mein Freund. Was ich mir
gewünscht hätte , das kannst du mir nicht mehr geben.«
Lancelot wollte etwas darauf erwidern, aber Artus unterbrach ihn mit einer herrischen Geste. »Bring dein Anliegen vor und dann geh. Auch wenn du es nicht verdient
hast, nach allem, was du mir und vor allem Camelot angetan hast, so gewähre ich dir freies Geleit zurück nach Tintagel. Aber stelle meine Geduld auf keine zu lange Probe
und verschwende nicht meine Zeit – wir haben viel zu tun,
wie du siehst.«
»Ich bin hier, um Euch um Frieden zu bitten, Artus«,
sagte Lancelot. »Nicht für mich. Aber für die Menschen
dort oben in der Burg – und für Gwinneth. Gewährt ihnen
freien Abzug und ich übergebe Euch mein Schwert und
liefere mich kampflos aus.«
»Wie edel von Euch, Ritter Lancelot«, sagte Artus spöttisch. »Ihr verzichtet tatsächlich darauf, mit uns zu kämpfen? Das ist überaus großmütig. Ich habe fünfundzwanzigtausend Mann unter Waffen bei mir und es wäre doch eine
Schande, wenn ich zusehen müsste, wie Ihr jeden Einzelnen von ihnen erschlagt.«
»Die Menschen dort oben in der Burg haben nichts mit
unserem Streit zu tun, Artus«, sagte Lancelot eindringlich.
»Lasst sie gehen. Macht mit mir, was Ihr wollt, aber lasst
diese Leute gehen. Und Gwinneth.«
»Gwinneth.« Artus runzelte die Stirn und tat abermals
und diesmal für lange Zeit so, als wisse er nicht genau,
was dieser Name bedeutete. Doch dann nickte er und ein
Ausdruck von schlecht gespielter Verblüffung erschien auf
seinem Gesicht. »O ja, ich erinnere mich – Ihr meint dieses dumme Mädchen, das wegen Ehebruchs zum Tod auf
dem Scheiterhaufen verurteilt worden ist?« Er schüttelte
den Kopf. »Ich fürchte, diese Bitte kann ich Euch nicht
gewähren, Sir Lancelot. Oder habt Ihr die oberste Regel
Camelots vergessen? Niemand steht über dem Gesetz.
Nicht der König, und auch nicht die Königin. Nicht einmal meine Königin.«
»Artus, ich flehe Euch an«, beharrte Lancelot. »Ich
weiß, dass es Unrecht war, was wir getan haben. Ich erwarte keine Gnade von Euch. Nicht für mich. Aber lasst
Gwinneth gehen.«
Lange, endlos lange, wie es ihm vorkam, starrte Artus
ihn nur ausdruckslos an. Er sagte nichts, in seinem Gesicht
bewegte sich kein Muskel, doch dafür konnte Lancelot
umso deutlicher die unendliche Qual sehen, die seine Augen erfüllte. Schließlich aber schüttelte er den Kopf.
»Geh jetzt, Küchenjunge «, sagte er kalt. »Ich lasse euch
Zeit bis zum Anbruch der Nacht. Verlässt du bis dahin
zusammen mit Gwinneth die Burg und kommst zurück,
dann lasse ich die Handlanger und Bauerntölpel, an denen
dir so viel zu liegen scheint, ungeschoren. Andernfalls
greifen wir an.«
Und damit drehte er sich auf dem Absatz um und ging.
Lancelot starrte ihm mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Entsetzen nach und er flehte innerlich darum,
dass Artus sich doch noch einmal umdrehen und mit ihm
reden, vielleicht ihm auch nur einen Blick zuwerfen würde. Aber der König ging mit sehr schnellen Schritten weiter und verschwand schließlich zwischen den anderen Rittern.
Niedergeschlagen und mit müden, kraftlosen Bewegungen stieg Lancelot wieder in den Sattel und ritt zum Rand
des Lagers zurück. Das lebende Spalier, das Artus’ Krieger bildeten, schloss sich hinter ihm, doch diesmal nahm
Lancelot die Blicke und Gesichter der Männer rechts und
links kaum noch wahr. Er wusste nicht, was er sich

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