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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fassen.«
»Geduld?«, fragte Gwinneth.
Bevor Sean antworten konnte, sagte Dulac: »Wir werden
ein paar Tage bleiben. Hier sind wir sicher und wir alle
brauchen ein wenig Ruhe.«
»Und du glaubst, das hier wäre der richtige Ort, um auszuruhen?«
»Es ist der Ort, an wir Euch geleiten sollten, Mylady«,
sagte Sean, und seine Stimme machte deutlich, dass er
seine Aufgabe damit keineswegs als erledigt betrachtete.
»Seid unbesorgt. Die Leute hier sind aufrechte Menschen,
die Euch nicht verraten werden. Und meine Brüder und
ich werden gut auf Euch und Euren Bruder Acht geben.«
»Das ist sehr freundlich von euch«, erwiderte Gwinneth.
»Aber ich fürchte, wir können euer Angebot nicht annehmen.« Sie warf Dulac einen scharfen Blick zu. »Wir …
haben andere Pläne.«
Sean nickte. Es war ihm nicht anzusehen, was er von
diesen Worten hielt oder ob sie ihn überhaupt interessierten. »Darüber sollten wir später reden. Der Tag ist schon
weit fortgeschritten und nicht nur wir brauchen Ruhe.
Auch unsere Pferde sind völlig erschöpft – und Eure übrigens auch. Darüber hinaus zieht ein Sturm auf, fürchte ich.
Es wäre viel zu gefährlich, heute noch weiterzureiten.«
Gwinneth antwortete nicht darauf, sah aber demonstrativ
zum Fenster. Der Ausschnitt des Hofes und der dahinter
liegenden Ebene war schneebedeckt, aber von hellem,
klarem Sonnenschein überflutet, und am Himmel zeigte
sich nicht eine einzige Wolke. Zu Dulacs Erleichterung
enthielt sich Gwinneth jedoch jeglichen Kommentars,
sondern hob nur die Schultern.
Die Bewegung wirkte dennoch trotzig und der königlichen Ausstrahlung, die sie weiterhin umgab, nicht würdig.
Wie auf ein Stichwort hin trat in diesem Moment der
Wirt an ihren Tisch. Gwinneth hatte ihn zwar nur um
Wasser und ein Stück Brot gebeten, aber selbstverständlich brachte er stattdessen ein Tablett, auf dem ein silberner Krug und ein fein ziselierter Becher aus dem gleichen
Material standen, sowie zwei ebenfalls silberne Teller, auf
denen sich tatsächlich ein halber Laib Brot befand – zusammen mit einer Portion Obst, Gemüse, Fleisch und
Backwerk, die ausgereicht hätte, um selbst Sean und all
seine Brüder satt zu bekommen, nachdem sie eine Woche
nichts gegessen hatten.
Gwinneth musterte diese ungebetene Gabe einen Moment lang stirnrunzelnd, aber dann lächelte sie doch und
nickte dem Wirt dankbar zu. Während der Mann seine
Last umständlich und klappernd auf dem Tisch ablud,
starrte Sean Gwinneth noch eine Weile wortlos und abwartend an, dann wandte er sich mit einem Ruck ab. Er
setzte sich nicht, sondern verließ mit schnellen Schritten
das Zimmer, und nach kurzem Zögern folgten ihm auch
seine Brüder und sein Onkel.
Dulac sah ihnen mit gemischten Gefühlen nach. Einerseits war er froh, dass Sean und die anderen gegangen
waren und der drohende Streit nicht noch weiter eskalierte, aber andererseits schmerzte es ihn auch, den Iren Unrecht zu tun – und er verstand Gwinneth nicht.
Ganz gleich was sie von diesen Männern hielt, sie hatten
ihm das Leben gerettet, und es war niemals Gwinneths Art
gewesen, undankbar zu sein oder gar launisch. Dulac
schwieg jedoch beharrlich weiter, bis endlich auch der
Wirt und seine Frau den Raum verlassen hatten und sie
allein waren. Dann aber hielt er es nicht mehr aus.
»Was ist los mit dir?«, fragte er.
Gwinneth griff nach dem Becher, schüttete sich ein und
trank einen Schluck, bevor sie antwortete. Ihre Hand zitterte leicht. »Seltsam – diese Frage wollte ich dir gerade
stellen.«
»Mir?« Dulacs Stimme klang schriller, als er beabsichtigt hatte.
»Siehst du sonst noch jemanden hier am Tisch?«, fragte
Gwinneth spitz. Sie schüttelte den Kopf, als er antworten
wollte. »Wieso traust du diesen Männern? Und sag jetzt
nicht, weil sie uns geholfen haben.«
»Aber das haben sie«, widersprach Dulac. »Sie haben
uns das Leben gerettet, Gwinneth. Zumindest dir, als die
Pikten auf dich losgingen.«
»Und ich dachte, mein Retter würde Lancelot heißen.«
Gwinneth biss sich auf die Unterlippe, als sie sah, wie sehr
ihre Worte Dulac trafen. »Verzeih«, fuhr sie fort. »Das
war unfair. Es tut mir Leid. Aber du solltest dennoch darüber nachdenken, ob du diesen gedungenen Halsabschneidern wirklich dein Vertrauen schenkst.«
»Immerhin haben sie uns sicher hierhin geleitet«, gab
Dulac zu bedenken.
»Weil sie dafür bezahlt werden, ja«, erwiderte Gwinneth. »Hast du dich eigentlich noch gar nicht gefragt von

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