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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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so, dass Ihr unser bescheidenes
Heim mit Eurer Anwesenheit ehrt, Mylady«, sagte seine
Frau. Ganz flüchtig drehte sie den Kopf, streifte Dulac mit
einem Blick und blinzelte ihm fast verschwörerisch zu,
ehe sie sich wieder an Gwinneth wandte. »Verzeiht meinem Gatten, Mylady. Er ist ein Dummkopf, der nicht
weiß, was sich gehört.«
Gwinneth schien mit diesen Worten noch weniger anfangen zu können als mit dem unterwürfigen Benehmen
des Wirtes, denn sie sah die Rothaarige nur verstört an und
der Wirt sagte unsicher: »Wenn Ihr jetzt zu speisen
wünscht, Mylady … Nehmt nur schon Platz. Ich bringe
gleich das beste Geschirr und lasse eine frische Mahlzeit
für Euch zubereiten.«
»Das ist nicht nötig«, sagte Gwinneth rasch, und mit einer Kopfbewegung in Dulacs Richtung. »Ein Becher Wasser und ein Stück Brot sind im Moment alles, was ich
möchte.«
»Ganz wie Ihr befehlt, Mylady«, sagte der Wirt enttäuscht.
Gwinneth führte das sinnlose Gespräch nicht weiter,
sondern kam gemessenen Schrittes auf Dulac zu. Sie sah
nur ihn an und bemühte sich ganz offensichtlich, Sean und
die anderen am Tisch sitzenden Iren zu ignorieren.
Dulac sprang hastig auf und bot Gwinneth mit einer Geste seinen Stuhl an, aber sie ignorierte auch dieses Entgegenkommen und setzte sich an den Nachbartisch; ganz
gewiss nicht zufällig so, dass sie ihm den Rücken zuwandte. Sean runzelte die Stirn und warf Dulac einen fragenden
Blick zu, doch Dulac antwortete nur mit einem hilflosen
Gesichtsausdruck darauf, bevor er sich zu Gwinneth an
den Nachbartisch gesellte.
»Was soll das?«, flüsterte er – was albern war. Es war so
still in dem großen Raum geworden, dass man jeden
Atemzug hören konnte, und ein geflüstertes Wort, und sei
es noch so leise geflüstert, erst recht. Trotzdem fuhr er in
der gleichen Lautstärke fort: »Willst du unsere Freunde
mit Gewalt beleidigen?«
Gwinneth maß ihn mit einem kühlen Blick. »Freunde?« Zumindest sprach sie das Wort nicht laut aus. Aber Dulac
hatte dennoch das Gefühl, dass Sean und seine Brüder es
deutlich hörten.
»Du siehst fantastisch aus«, sagte er, lauter und in einem
deutlich bemühten und alles andere als überzeugend klingenden fröhlichen Ton. »Der Schlaf hat dir gut getan. Und
das Bad auch. Ich hatte schon beinahe vergessen, dass du
ja nicht nur meine Schwester, sondern auch eine Königin
bist.«
»Bei einem von beiden bin ich mir nicht mehr so sicher«, antwortete Gwinneth.
Dulac schluckte die Erwiderung, die ihm auf der Zunge
lag, im letzten Moment hinunter, aber er sah Gwinneth
beinahe verzweifelt an. Was war in sie gefahren? Gerade
noch hatte sein Herz gejubelt, sie endlich wieder so vor
sich zu sehen, wie er sie kennen gelernt hatte, nun aber
begann er sich Sorgen um sie zu machen. Vielleicht war
die Veränderung doch nur äußerlich. Nach dem heißen
Bad und der Nacht voller Schlaf war aus dem übernächtigten, erschöpften Mädchen wieder die wunderschöne Königin geworden, deren Anmut ihn schon bei ihrer ersten Begegnung so sehr beeindruckt hatte, aber die Bitterkeit, die
sich in ihre Seele eingenistet hatte, schien eher noch größer geworden zu sein.
Ein Stuhl scharrte, dann erhob sich Sean und kam mit
langsamen Schritten zu ihnen herüber. Er setzte sich nicht,
sondern baute sich so auf, dass er Gwinneth und Dulac
zugleich im Auge behalten konnte. Der Ausdruck auf seinem Gesicht entsprach eher Fassungslosigkeit als Zorn,
aber er konnte den Ärger in seiner Stimme nicht mehr
ganz unterdrücken, als er sich an sie wandte.
»Bitte verzeiht, Mylady«, begann er, »wenn wir Euch in
den letzten Tagen vielleicht nicht mit der gebührenden
Ehrerbietung behandelt haben. Wir sind nur einfache
Männer, die eine Aufgabe zu erfüllen haben. Wir haben
wenig Umgang mit Edelleuten und noch weniger mit
hochwohlgeborenen Damen.«
Dulac sah das Blitzen in Gwinneths Augen und wandte
sich beunruhigt ganz zu Sean um. Seine Worte waren
nichts anderes als eine gewollte Provokation, die Dulac so
wenig verstand wie die Feindseligkeit, die Gwinneth ausstrahlte. Er fühlte sich hilflos. Gerade noch hatte er geglaubt, alles würde sich wieder zum Guten wenden, und
kaum einen Atemzug später drohte ihm die Situation zu
entgleiten.
»Meine Schwester ist einfach müde«, behauptete er. »Sie
hat eine Menge durchgemacht.«
»Sicher«, sagte Sean. »Es steht mir auch nicht zu, Kritik
zu üben. Vielleicht sollten wir uns alle einfach ein wenig
in Geduld

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