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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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würde ihn dieses Schwert vom
Menschen zu etwas anderem machen, wenn er die Klinge
auch nur noch ein einziges Mal in Blut tauchte. Er wusste
nicht woher, aber er spürte ganz instinktiv, dass das
Schicksal, das ihn erwartete, schlimmer sein würde als der
Tod.
Stöhnend, zitternd, machte Dulac einen weiteren Schritt.
Das Schwert hob sich ohne sein Zutun, schien wie die
gespaltene Zunge einer Schlange in Richtung seiner Feinde zu zucken. Es war nicht nur leicht, er musste es tun.
Gleich ob Sean und die anderen nur auf eine königliche
Belohnung aus gewesen waren – sie hatten ihnen das Leben gerettet, und er konnte es ihnen nicht danken, indem
er tatenlos zusah, wie sie erschlagen wurden.
Lancelot schloss die Augen, ergriff das Schwert mit beiden Händen – und schleuderte es in hohem Bogen von
sich. Im nächsten Augenblick war er neben Gwinneth, riss
ihr das Ritterschwert aus der Hand und stürzte vor.
Plötzlich hatte er das Gefühl, wieder frei atmen zu können. Er hatte immer noch Angst, er sah immer noch Seans
und der anderen schmerzverzerrte Gesichter, hörte ihre
Schreie und sah ihr Blut, und der Anblick erfüllte ihn immer noch mit rasendem Zorn, aber der absolute, fast sinnlose Wille, zu vernichten und zu zerstören, mit dem ihn
das Runenschwert erfüllt hatte, war erloschen. Er war jetzt
wieder Ritter Lancelot, aber er war auch nur noch Ritter
Lancelot, nicht mehr dieses fremde, bösartige Ding, vor
dem er selbst Angst hatte.
Mit einem gellenden Schrei stürzte er sich in den Kampf,
war mit einem einzigen Satz neben Sean und streckte einen Pikten nieder, der gerade seine Axt geschwungen hatte, um sie auf den Schädel des irischen Hünen donnern zu
lassen. Gleichzeitig stieß er mit dem Schild zu und fegte
mit dieser Bewegung gleich zwei weitere Barbaren von
den Füßen, und noch aus derselben Bewegung heraus setzte er über die Barrikade aus umgeworfenen Möbeln hinweg und fuhr wie ein Dämon unter die Pikten.
Was schon einmal geschehen war, wiederholte sich, nur
hundertmal schlimmer. Lancelots Klinge fuhr durch die
Reihen der Barbarenkrieger wie die Sense eines Bauern
durch Korn. Er fällte sieben, acht Angreifer in einer einzigen wütenden Attacke und stürmte immer noch weiter. Er
wurde selbst unzählige Male getroffen, und obgleich ihn
die Rüstung, die aus demselben unzerstörbaren Material
bestand wie die schwarzen Schuppenpanzer der Dunkelelben, zuverlässig vor jeder Verletzung schützte, drang die
pure Wucht der Hiebe doch durch und ließ ihn vor
Schmerz aufstöhnen. Aber die dumpfen Schläge, die ihn
bis ins Mark erschütterten, nahmen ihm keine Kraft, sondern schienen seine Wut nur immer noch mehr anzufachen. Wie durch einen Nebel aus Blut und Zorn registrierte er, dass auch Sean und die anderen neuen Mut fassten
und nun ihrerseits zum Angriff übergingen – etwas, das
schierer Wahnsinn schien, denn die Übermacht war immer
noch gewaltig –, aber er achtete nicht darauf, sondern wütete weiter unter den Pikten, als spiele nichts anderes auf
der Welt mehr eine Rolle.
Und irgendwann war es vorbei. Sein Schild erbebte unter
einem Axthieb, der so gewaltig war, dass die Waffe des
Angreifers zersplitterte, und die pure Wucht des Schlages
reichte aus, seinen linken Arm und die Schulter fast komplett zu lähmen. Lancelots Schildarm sank kraftlos herab,
aber der Angreifer starb auch fast im selben Moment,
durchbohrt von Lancelots Klinge. Er wartete nicht, bis der
Mann zusammengebrochen war, sondern fuhr herum, riss
das Schwert in die Höhe und suchte nach einem Feind,
einem neuen Herz, in das er das Schwert stoßen konnte,
einen neuen Schädel, den es einzuschlagen galt – aber da
war niemand mehr. Die wenigen Pikten, die den Kampf
überlebt hatten, der eine so jähe und drastische Wendung
genommen hatte, suchten ihr Heil in der Flucht.
Keuchend ließ Lancelot das Schwert sinken, ohne aber
die Waffe in die Scheide gleiten zu lassen, und er widerstand auch der Versuchung, den Schild abzulegen, obwohl
ihn dessen Gewicht mittlerweile schier zu Boden zu reißen
drohte. Er zitterte am ganzen Leib. Jeder einzelne Muskel
in seinem Körper schien verkrampft und sein Herz raste so
schnell, als wollte es im nächsten Moment einfach in seiner Brust zerspringen. Trotzdem musste er all seine Willenskraft aufbieten, den flüchtenden Pikten nicht hinterherzueilen, um auch noch den Letzten von ihnen zu erschlagen.
Als er sich umdrehte, bot sich ihm ein Anblick des

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