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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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daran abgeglitten, hätte sich das Fabelwesen nicht steil auf die Hinterläufe erhoben und ihm so
seinen empfindlichen Bauch dargeboten.
Das Geschöpft schien die Gefahr, in der es schwebte, instinktiv zu spüren, denn es warf sich mit einer fast unmöglich erscheinenden Bewegung herum, sodass es einem
tödlichen Stich entging, aber die Waffe des Pikten fügte
ihm dennoch eine tiefe, heftig blutende Wunde zu, die es
vor Schmerz und Zorn aufschreien und sich noch weiter
aufbäumen ließ. Das Einhorn stolperte wie ein tollpatschig
tanzender Bär einen halben Schritt zur Seite und zurück
und dieser neuerliche, doppelte Ruck ließ Lancelot endgültig den Halt im Sattel verlieren.
Hilflos stürzte er nach hinten, überschlug sich halb in der
Luft und landete schwer im Schnee, der nicht annähernd
so weich war, wie er aussah, sondern nur eine trügerisch
dünne Schicht über einem glashart gefrorenen Erdboden
bildete. Das Schwert wurde ihm aus der Hand geprellt und
schlitterte klirrend davon und der Aufprall war so hart,
dass er fast das Bewusstsein verlor. Einige Augenblicke
lang war er unfähig, sich zu rühren.
Als er endlich die Gewalt über seinen Körper zurückerlangt hatte, drehte er sich stöhnend auf die Seite und tastete instinktiv nach seinem Schwert. Aber seine Hand fühlte
nur kalten, blutig verklumpten Schnee.
Dann traf ihn ein Tritt, der ihn wiederum auf die Seite
und halbwegs an den Rand der Bewusstlosigkeit schleuderte. Irgendetwas klirrte mit grausamer Wucht gegen
seinen Brustharnisch, prallte zwar davon ab, nahm ihm
aber trotzdem auch noch das letzte bisschen Atem, und
wie von weither hörte er einen dumpfen, sonderbar weichen und zugleich schweren Aufprall, dem ein gequältes,
nicht menschliches Kreischen folgte.
Stöhnend wälzte sich Lancelot auf den Rücken, sah aus
den Augenwinkeln einen Schatten auf sich zurasen und
brachte irgendwie die Kraft auf, den linken Arm mit dem
Schild schützend vors Gesicht zu reißen. Ein heftiger
Schlag traf den Runenschild und lähmte Lancelots linken
Arm, aber er spürte auch gleichzeitig, wie irgendetwas
zerbrach, und hörte ein zugleich wütendes wie schmerzerfülltes Keuchen. Mit aller Kraft zwang er sich, die Lider
zu heben und die Tränen wegzublinzeln, die der Schmerz
ihm in die Augen getrieben hatte. Der Pikte stand über
ihm, breitbeinig und zwei oder drei Schritte entfernt und
blickte mit fassungslosem Gesichtsausdruck abwechselnd
auf Lancelot und den Griff des abgebrochenen Schwertes
hinab, den er in der rechten Hand hielt.
Wahrscheinlich war es nichts anderes als die ungläubige
Überraschung des Barbarenkriegers, die Lancelot am Ende
doch noch das Leben rettete. Der Pikte überwand endlich
seine Lähmung und stürmte wieder heran, gleichzeitig
packte er den Schwertgriff mit beiden Händen und drehte
ihn herum, wohl um den abgebrochenen Stumpf der Klinge wie einen Dolch zu benutzen und ihn durch eine Lücke
in Lancelots Rüstung zu rammen, aber sein Angriff erfolgte einen Herzschlag zu spät und eine Winzigkeit zu unüberlegt.
Lancelot beging weder den Fehler, nach seinem Schwert
zu tasten, das meterweit entfernt und damit unerreichbar
im Schnee lag, noch versuchte er den Arm mit dem Schild
zu heben, der von der Wucht, mit der das Schwert des
Angreifers daran zerborsten war, noch immer gelähmt und
nutzlos war. Stattdessen wartete er mit einer Gelassenheit,
die ihn selbst vielleicht am meisten überraschte, ab, bis der
Krieger nahe genug herangestürmt war, täuschte dann eine
abwehrende Bewegung mit dem rechten Arm an und trat
ihm fast gleichzeitig mit aller Gewalt vors Knie. Er konnte hören , wie die Kniescheibe des Angreifers brach.
Der Pikte heulte vor Schmerz auf, machte noch einen
halben taumelnden Schritt und brach dann zusammen, als
sein nutzloses linkes Bein unter dem Gewicht seines Körpers nachgab. Die zerbrochene Schwertklinge, die auf die
Lücke zwischen Lancelots Helm und Brustpanzer gezielt
hatte, bohrte sich harmlos zwei Handbreit neben ihm in
den Boden, und noch bevor der Krieger gänzlich gestürzt
war, wirbelte Lancelot herum und in die Höhe, war über
ihm und rammte ihm die Knie in den Rücken. Der noch
immer gellende Schmerzensschrei des Mannes wurde zu
einem atemlosen Keuchen, als sein Gesicht unter Lancelots Gewicht in den Schnee gepresst wurde, und Lancelot
umschlang blitzschnell seinen Hals mit dem Arm und
spannte die Muskeln, um seinem wehrlosen Gegner das
Genick zu

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