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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wandte sich Lancelot mit einem entsprechenden Blick an Sean und der Ire verstand, was er
von ihm wollte. Er schob sein Schwert in den Gürtel zurück und trat hinter Gwinneth. Er wagte es nicht, sie zu
berühren, aber sie war sich seiner Nähe gewiss, denn ihre
Haltung versteifte sich plötzlich und eine neue Härte erschien in ihrem Blick.
Lancelot sah rasch weg und wandte sich wieder an den
Iren. »Du bist mir für ihre Sicherheit verantwortlich«, sagte er überflüssigerweise und im Grunde nur, um überhaupt
etwas zu sagen und nicht Gwinneth anschauen zu müssen.
Er fügte ein Nicken hinzu, um seinen Worten noch mehr
Gewicht zu verleihen, zog das Ritterschwert aus dem Gürtel und reichte es Sean mit dem Griff voraus. Der Ire runzelte verwirrt die Stirn und sah die Waffe an, als verstünde
er nicht ganz, was Lancelot von ihm wollte, streckte dann
aber gehorsam den Arm aus und nahm sie.
»Falls wir uns nicht Wiedersehen, ist das mein Geschenk
an dich«, sagte Lancelot. »Es ist nicht viel, jedoch das
Einzige, was ich dir geben kann.«
Sean blinzelte. Er verstand sichtlich nicht, was Lancelot
mit diesen Worten meinte, aber schließlich nickte er,
schob das Schwert neben sein eigenes unter den Gürtel
und versuchte aufmunternd zu lächeln. Seine Nervosität
und der eisige Wind ließen eine Grimasse daraus werden.
Langsam und mit klopfendem Herzen griff Lancelot hinter sich, löste das in Tuch eingeschlagene, lang gestreckte
Päckchen vom Sattelzeug seines Pferdes und begann mit
vor Kälte steifen Fingern die Knoten zu lösen. Sean runzelte die Stirn, während Gwinneth scharf die Luft zwischen den Zähnen einsog. Ihre Augen füllten sich mit Entsetzen, als sie endgültig begriff, was er tat.
»Nein!«, flüsterte sie. »Nicht das!«
»Hab keine Angst«, sagte Lancelot, während er das Tuch
auseinander schlug. »Ich weiß, was ich tue.«
»Du Narr!«, murmelte Gwinneth. »Was hast du vor?
Mein Leben zu retten um den Preis, dadurch mein größter
Feind zu werden?«
Seans Stirnrunzeln vertiefte sich. Er blickte abwechselnd
Gwinneth, Lancelot und das mehr als einen Meter lange
Runenschwert an, das unter den sorgsam gewickelten Tüchern zum Vorschein kam, aber er sagte immer noch
nichts.
»Das wird nicht geschehen«, behauptete Lancelot. Selbst
in seinen eigenen Ohren klangen die Worte lächerlich.
Wenn es jemanden auf dieser Welt gab, der wusste, was
geschehen würde, falls er die Zauberklinge auch nur noch
ein einziges Mal in Blut tauchte, dann war es Gwinneth.
Trotzdem fuhr er fort: »Euch droht keine Gefahr von mir,
ganz egal was geschieht. Mach dir keine Sorgen. Noch ehe
es hell wird, bin ich wieder bei euch.«
Aber bist du dann noch du?, fragte Gwinneths Blick.
»Und wenn nicht?«, fragte Sean.
Lancelot hätte ihm allein für diese Frage die Kehle
durchschneiden können, doch er wusste natürlich, dass der
Ire die Frage zurecht stellte. Vielleicht war der Feind, gegen den er ritt, selbst für ihn zu stark. Rüstung und Zauberschwert allein machten ihn weder unbesiegbar noch
unverwundbar, wie er schon öfters am eigenen Leib gespürt hatte. Aber vielleicht wäre das Schlimmste, was ihm
widerfahren könnte, ein Sieg. Er sprach nichts von alledem aus, sondern zwang sich im Gegenteil zu einem Nikken, als er mit ruhiger Stimme antwortete: »Dann wartet
ihr in Tintagel auf euren geheimnisvollen Freund. Ich bin
sicher, er wird kommen und wissen, was zu tun ist.« Er
atmete hörbar ein. »Aber ganz egal was geschieht, gib mir
dein Wort, dass sie nicht Morgaines Barbarenkriegern in
die Hände fällt.«
»Das verspreche ich«, sagte Sean ernst.
»Und wenn er nicht kommt?«, murmelte Gwinneth. Ihre
Stimme zitterte. Tränen liefen über ihr Gesicht und gefroren, noch ehe sie den halben Weg die Wange hinab zurückgelegt hatten, und sie zitterte am ganzen Leib. »Oder
wenn er kommt und sich als Feind entpuppt?«
Es fiel Lancelot unendlich schwer, die Worte auszusprechen, aber sie waren alles, was ihm noch blieb; wenn es
wirklich zum Schlimmsten kam, vielleicht der letzte Ausweg, der zwischen Gwinneth und einem Schicksal stand,
das tausendmal schlimmer wäre als der Tod.
»Dann reite zurück nach Camelot«, sagte er. »Geh zu
Artus.«
»Artus?«, keuchte Gwinneth.
»Er wird dir verzeihen«, sagte Lancelot ruhig. Er hatte
das Schwert vollends ausgewickelt und schloss die Hand
um den mit feinstem Leder umwickelten Griff.
Im ersten Moment spürte er nur Kälte, die auch in die
Klinge

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