Runenschwert
wir dämliche, hexengläubige Barbaren waren, und dass selbst unsere Taufe mit geweihtem Wasser für Gott und für ihn eine reine Zeitverschwendung gewesen war.
Ich wartete darauf, dass jemand ihm eine kräftige Ohrfeige verpassen würde, aber niemand regte sich. Stattdessen duckten sie sich unter seinem Zorn, wie sie sich vor dem Sturm geduckt hatten, und wie diesem so ging auch Bruder Johannes bald die Luft aus.
Irgendwann, als wir uns alle fühlten wie verdorrte Bohnenhülsen, ließen wir endlich taumelnd die Wüste hinter uns. Das klingt einfacher, als es war, denn obwohl es nur ein paar Tage gedauert hatte, war sie wie ein Meer aus Sand gewesen, das die Zeit zu großen Wellen geformt und eingefroren hatte. Der Sand umflutete uns wie Wasser und drang in jede Falte und jede Öffnung.
Doch selbst hier, in dieser trostlosen Öde, konnte Aliabu an einer bestimmten Stelle graben, dann steckte er ein langes Rohr hinein, und wie durch Zauber erschien Wasser, das man trinken konnte. Es war warm und schmutzig, aber hier schmeckte es wie Met.
Es war unser einziger Trost. Selbst Botolfs Kräfte drohten zu erlahmen, als der lose Sand endlich in ein felsiges Gebirge überging, aber dafür trug er auch den Ziegenjungen auf den Schultern. Sand und Staub machten dem Kleinen das Atmen schwer. Seine Lunge war gerade erst geheilt, und sein rasselnder Atem tat uns allen weh.
» Er wiegt ungefähr so viel wie das Kettenhemd, das ich nicht besitze«, erklärte Botolf, und wir hätten darüber gelacht, wenn unsere Gesichter unter Schweiß und Dreck nicht zu starren Masken geworden wären.
Bergthor, der früher Kol Fischhakens Rudergefährte gewesen war, war bei dem Kampf in Aindara verletzt worden. Es war nur eine kleine Wunde am Unterarm, doch jetzt hatte sie sich entzündet. Rote Linien zogen sich den Arm hinauf, und es roch faulig, obwohl Bruder Johannes ihm einen Verband angelegt hatte, versehen mit seinen stärksten Gebeten.
Wässriger Eiter drang aus der Wunde und tropfte auf seine Hose. Es trocknete in der Hitze, aber dennoch stank es. Bergthor hatte eine grünliche Farbe angenommen und wankte wie ein Betrunkener; und als er den Anstieg vor uns sah, sank er lautlos weinend auf die Knie.
Ein so starker Mann, der alle Prüfungen überstanden hatte, die die Götter ihm gesandt hatten, weinte über einen verletzten Arm. Wir staunten, dass er noch Feuchtigkeit für Tränen übrig hatte, doch wandten wir uns respektvoll ab. Auch wir waren starke Männer, doch wir wussten, dass wir ebenfalls weinen würden, wenn unsere Zeit gekommen war. Wenn die Kräfte uns verließen und unser Körper uns nicht mehr gehorchen würde – dann würden wir genauso weinen.
Ich hätte an Ort und Stelle meine Pflicht mit dem Godi an ihm erfüllen sollen, aber ich wollte, dass er die letzten Augenblicke seines Lebens genoss. Vier von uns trugen ihn hinauf auf den Berg, eine schweißtreibende Sache, bei der Männer und Kamele gleichermaßen stöhnten und grunzten. Doch auf dem Gipfel empfing uns eine herrlich kühle Brise. Und in der Ferne sah man ein sinnbetörendes Grün und glitzerndes Wasser.
» Der Jordan«, verkündete Aliabu. » Wie ich es versprochen habe. Ich bringe euch dorthin, wo ihr ihn überqueren könnt, dann müsst ihr die Straße nach Süden nehmen, die euch nach Jerusalem bringt.«
» Der Jordan«, sagte Bruder Johannes andächtig. Seine Lippen schmerzten zu sehr, um zu lächeln.
» Ist es dort sicher?«, fragte der kleine Eldgrim, noch immer außer Atem.
Aliabu zuckte mit den Schultern. » Jerusalem wird von einem Türken namens Mohammed ibn Tugh regiert«, sagte er. Er hat sich den Titel eines Ikschid zugelegt, aber seine Regierung steht auf schwachen Beinen, obwohl er verkündet hat, dass die Stadt für alle Gläubigen heilig ist. In Jerusalem gibt es mehr Christus-Anhänger als Juden oder wahre Gläubige. Es gibt dort Moscheen und jüdische Tempel und christliche Kirchen, aber die Juden haben es besser als die Christen, denn die Christentempel werden gern überfallen, besonders, wenn die Große Stadt mal wieder Krieg führt. Nach dem Gesetz dürfen weder neue gebaut noch alte Kirchen repariert werden. Aber die Stadt ist für alle heilig, also darf nach dem Gesetz niemand verfolgt werden.«
» Mirabile visu«, sagte Bruder Johannes, indem er sich auf die Knie niederließ und anfing zu beten, und es war in der Tat ein wunderbarer Anblick, genau wie der kleine Priester es uns versprochen hatte. Nie wieder habe ich ein so
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