Runenschwert
sauberes, kühles Wasser in unbegrenzten Mengen gab.
Langsam kamen sie zurück. Ihre Bärte waren fettig, und noch immer kauend, aber zufrieden, bliesen sie auf ihre verbrannten Finger. Dann saßen sie mit gekreuzten Beinen im Schatten der Bäume, und die Ersten fingen an, ihre ramponierten Kleider zu flicken.
» Jetzt sind sie erstmal friedlich«, murmelte Kvasir und reichte mir zwei Lammspieße. » Aber es wäre gut, Händler, wenn wir zum Schluss auch noch Gelegenheit zu einem Raubzug hätten.«
» Bisher hatten wir das Glück der Götter«, erwiderte ich, » denn diese Muselmänner hätten uns genauso gut jede Menge Schwierigkeiten machen können. Wenn wir sie ausrauben, wird es aus sein mit ihrem guten Willen.«
Kvasir nickte widerwillig. » Dann sollten wir so schnell wie möglich Starkad finden und die Sache hier hinter uns bringen. Dann wäre es vielleicht ein guter Plan, auf unserem Weg zum Silberschatz noch kurz auf Zypern einen Raubzug einzulegen. Auf diese Weise kommen wir nicht nur wieder zu Geld, sondern die Dänen könnten sich auch an denen rächen, die sie gefangen gehalten hatten.«
Das klang beunruhigend, denn ich hatte noch immer Leo Balantes’ Drohung im Ohr. Um an seinen Schiffen vorbeizukommen, bräuchten wir mehr Glück von den Göttern, als uns vermutlich zustand. Trotzdem musste ich zugeben, dass es keine schlechte Idee wäre, den Dänen diesen Vorschlag zu machen, und genau das war auch Kvasirs Absicht.
Er nickte und lachte leise. » Jetzt bist du auf dem richtigen Weg, Händler. Einar hätte es nicht besser machen können.«
Er meinte es gut, aber der Gedanke, dass er recht hatte, machte mir selbst an diesem heißen Nachmittag eine Gänsehaut, und ich brachte nur ein gequältes Lächeln zustande.
Als er sich unter die anderen mischte, um es zunächst nur wie ein vages Gerücht auszustreuen, war ich froh, dass wenigstens Bruder Johannes nicht in der Nähe war. Noch so ein Blick von ihm, der zeigte, dass er mich durchschaut hatte, würde das Ende unserer Freundschaft bedeuten. Einars Fylgja stand mir den Rest des Tages immer vor Augen und auch noch während der hell erleuchteten Nacht, in der der Geruch nach gebratenem Fleisch noch intensiver und die Rufe der Händler noch lauter schienen.
Wir hatten alle anderen Reisenden in diesem Hov so verschreckt, dass sie ausgezogen waren, was den Wirt mit dem Narbengesicht ziemlich ärgerte. Er hatte zweimal versucht, unseren Preis zu erhöhen, und wir hatten ihm zweimal eine Abfuhr erteilt, beim zweiten Mal mit der Drohung, er würde Finns Stiefel in den Arsch bekommen, wenn er ein drittes Mal damit ankommen sollte. Unsere Beutel waren schmal geworden, und mehr würden wir ihm nicht zahlen.
Die schmalen Beutel waren auch der Grund, weshalb die meisten der Männer trübsinnig am Feuer saßen und von den Schätzen Zyperns und von Racheplänen träumten wie andere von nackten Frauen. Diejenigen, die noch Geld übrig hatten, träumten von neuen Stiefeln, Bier und Frauen, und das waren auch meine Gedanken, als ich mitten im geschäftigen Treiben auf der Straße Bruder Johannes traf. Er trug die braune Kutte eines Christenpriesters, in der ich ihn bisher noch nie gesehen hatte.
» Die habe ich von den Mönchen der Anastasis höchstpersönlich«, berichtete er freudig. » Das sind zwar unverbesserliche griechische Heiden, aber immerhin schenken sie Pilgern solche Gewänder.«
» Von den Mönchen der was?«, wollte ich wissen, verwundert darüber, wie laut und unbekümmert der kleine irische Priester seine Meinung zum Besten gab.
» Den Mönchen der Heiliggrabkirche. Die neue, denn die ursprüngliche wurde ja vor dreihundert Jahren von den Heiden zerstört, möge Gott ihren unwissenden Seelen gnädig sein.«
» Das solltest du hier lieber leise sagen«, riet ich ihm und schüttelte den Kopf darüber, dass man eine dreihundert Jahre alte Kirche als neu bezeichnete. » Ich bin froh, dass du ein paar freundliche Christenleute gefunden hast, Bruder Johannes, denn offenbar hat es deine Stimmung verbessert und auch dein ganzes Äußeres erneuert.«
» Es hat meinen Geist erneuert, mein Junge«, gab Bruder Johannes würdevoll zurück. » Ich habe an der Stelle gestanden, an der unser Herr Jesus Christus gekreuzigt wurde und damit ist mein Traum in Erfüllung gegangen. Jetzt kann ich nach Irland zurückkehren.«
Ich sah ihn ungläubig an. Obwohl der kleine Priester manchmal eine ziemliche Nervensäge sein konnte – ganz so schnell wollte ich ihn
Weitere Kostenlose Bücher