Runenschwert
grünes Grün gesehen wie an diesem Tag.
Bergthor fing an zu kotzen und im Sand bildeten sich kleine feuchte Klumpen. Es war mit Blut vermischt. Natürlich hätten wir ihn töten sollen, denn es war klar, dass er nicht überleben würde. Doch ich konnte mich nicht dazu überwinden nach allem, was wir zusammen durchgestanden hatten. Ich wollte, dass er noch eine Weile lebte, dass er das grüne Land sah und den kühlen Wind auf seinem Gesicht spürte. Als ich das den anderen erklärte, verstanden sie sofort, sie nickten zustimmend und kauerten sich hin.
Der Ziegenjunge baute ihm ein Schutzdach, und wir saßen da und hörten, wie er in den Sand kotzte. Wir gaben ihm unser Wasser, aber das kam ihm auch wieder hoch.
Als es aufs Ende zuging, drückte Finn ihm seinen Sax in die gesunde Hand, aber Bergthor war schon zu weit weg, um ihn festzuhalten. Also setzte ich mich neben ihn und hielt seine Hand fest, wobei unsere beiden Hände um den Griff des Sax lagen. Die anderen standen langsam auf und fingen an, Steine zu sammeln und eine Vertiefung auszuheben.
» So werden wir alle enden«, murmelte Schielauge, und ein paar der Männer murmelten zustimmend. Ich sagte nichts, aber ich merkte jetzt, wo die Grenze verlief. Die Naht, die bislang die Dänen aus Zypern und die alten Eingeschworenen zusammengehalten hatte, fing an, löcherig zu werden.
Bergthor bekam einen Hustenanfall, als sei Sand in seine Lunge geraten. Sand, der gekommen war, um ihn zu holen. Ich musste wohl einen Moment gedöst haben, denn ich sah alles verschwommen wie unter Wasser, so als schlösse die Wüste Bergthor ein, um ihn in sich aufzunehmen. Der Sand klebte ihm im Gesicht, das grau geworden war, und er schnappte nach Luft wie ein Ertrinkender.
Er starb, als es dunkel war, und müde machten wir uns daran, ihn unter den Steinen zu begraben. Dann zogen wir weiter und überließen ihn der Wüste, diesem Raubtier, das erbarmungslos alles verschlingt, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringt.
Wie Trunkene kamen wir schließlich in Jorsalir an, so berauscht waren wir von den Farben und dem Leben um uns herum. Und so trieben wir die vier Kamele, die Aliabu uns für unser Gepäck gelassen hatte, durch die Straßen, die voll waren von Bettlern und Krüppeln, von Pilgern und Diebsgesindel, von Händlern und Soldaten.
Niemand schenkte uns mehr als einen kurzen Blick, trotz unserer wilden Haare, unserer blauen Augen und unserer Waffen. Afrangi, hörten wir sie zuweilen sagen, dann versprachen sie Allah, was immer man versprechen musste, um vor Übel bewahrt zu bleiben.
Die Torwächter sahen uns genauso misstrauisch an wie wir sie, denn diese hier waren Sarazenen , die bis vor kurzem unsere Feinde gewesen waren. Aber in dieser merkwürdigen Stadt zuckten sie nur mit den Schultern und ließen uns durch das Bab-as-Sahairad passieren, das Tor, das nach den muslimischen Grabstätten in der Nähe benann t w ar und dessen Name » Tor der Schlaflosen« bedeutete.
Beim Weiterziehen sagte einer der Wächter etwas zu dem Ziegenjungen, der mir ratlos übersetzte, es habe etwas mit dem » Frieden des Omar« zu tun, was keiner von uns verstand.
Wenn ich zurückblicke auf dieses und andere Zeichen, dann war es nicht weiter verwunderlich, dass wir durch ein Tor in diese heilige Stadt kamen, das den Toten geweiht war, und dass die Stadt uns später durch das Misttor wieder ausspuckte, wo man den Unrat ablud.
Der Gestank und die Hitze trafen uns wie ein Hammerschlag, und wir blieben auf einem belebten Platz stehen, dem ersten besten, wo es Wasser gab, und wir mussten die Kamele zur Seite drängen, um selbst heranzukommen. Ich tauchte mit dem Kopf ein, prustete und planschte und genoss die unbeschreibliche Wohltat des Wassers, das mir über den Rücken lief. Es gab entrüstete Schreie, weil wir den Trog und die Umgebung nass und schmutzig machten, aber wir legten die Hände an die Waffen und machten finstere Gesichter.
Mein Kettenhemd lag zusammengerollt auf einem der Kamele, aber immer noch schwitzte ich in meinen stinkenden Wollkleidern. Ich hatte zu viel durchgemacht, um mich jetzt von irgendwelchen sarazenischen Ziegenfickern einschüchtern zu lassen.
» Du solltest dich schämen, Orm Ruriksson, ausgerechnet in dieser heiligsten aller heiligen Städte«, sagte Bruder Johannes, als ich meine Ansicht laut zum Besten gab. Doch die anderen brachen in schallendes Gelächter aus, und ich glaubte schon, dass nichts weiter nötig sei, um uns wieder zusammenzuschweißen
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