Runenschwert
Halt, um mit den Soldaten ein paar Geschäfte zu machen – und dort nahm Jarl Brand seine Söhne » in Obhut«.
Er würde sie zurückbekommen, sobald er uns ans Pechmeer gebracht hatte, wie die Griechen es nannten. Die Sarazenen nennen es das Tote Meer, aber es war eigentlich gar nicht tot. Als wir es sahen, war es grüner als irgendwo sonst, obwohl die Küste weiß von Salz und das Wasser untrinkbar war, selbst wenn man es durch ein Vadmaltuch filterte.
Finn hörte sich Aliabus fantastische Geschichte an, er schüttelte den Kopf und konnte es nicht glauben, wie jemand in ein Lager gehen konnte, das seine Leute ausgeraubt hatten, und unbehelligt wieder herauskam. Das gab Gesprächsstoff für den Rest des Tages, außer für Sighvat, der etwas abseits saß, wo er Runen in den Sand malte und sie wieder auslöschte.
Gleichzeitig hörte Bruder Johannes nicht auf, uns Vorhaltungen zu machen, dass es nicht anginge, dass man Menschenfresser wie Giorgios hier zurückließe. Ich beruhigte ihn damit, dass wir Godwin ja mit Öl übergossen und samt dem übrigen Inhalt des grausigen Vorratslagers verbrannt hatten. Jetzt könnten Giorgios und seine Freunde sich gegenseitig auffressen, was nur recht und billig sei.
» Vielleicht schaffen sie es noch, ehe die Soldaten kommen und sie erledigen«, sagte ich.
Bruder Johannes’ Gesicht war so braungebrannt, dass sich zwischen den Fältchen um seine Augen weiße Streifen zeigten. Er sah mich an und schüttelte den Kopf. » Malesuada fames«, sagte er. » Hunger ist ein schlechter Ratgeber. Und es gibt mehr als eine Art von Hunger.«
Ein Hunger, der zum Unheil führt. Jetzt, im Nachhinein, denke ich, er hatte recht. Auch wir waren ja noch immer davon besessen, während wir über dieses Meer aus Sand zogen, von diesem Hunger nach Attilas Silberschatz. Immer noch auf der Straße der Wale, und nirgendwo auch nur eine schaumgekrönte Welle.
Nicht alle waren zufrieden. Wir waren jetzt noch achtunddreißig, sonnenverbrannt, die Lippen aufgesprungen, schwitzend und erschöpft, aber nur noch eine Handvoll von uns waren alte Eingeschworene. Zwei oder drei der Dänen aus Zypern, angeführt vom mürrischen Schielauge, beschwerten sich schon, dass wir dem Silberschatz noch keinen Schritt näher gekommen waren, und die anderen hörten ihnen aufmerksam zu. Schielauges Ungeduld erinnerte mich daran, wie ich selbst gewesen war, als Einar die Eingeschworenen angeführt hatte, aber das nützte mir nicht viel. Jetzt wusste ich, wie Einar zumute gewesen sein musste.
Wie Einar versuchte auch ich, ihr Gerede zu ignorieren, und marschierte einfach unverdrossen weiter. Wir schleppten uns von Schatten zu Schatten, es war die einzig mögliche Art des Vorwärtskommens in einem Land, wo die Sonne tötet und selbst Schleier einen nicht genügend schützen können.
Wer stehen blieb oder – noch schlimmer – zusammenbrach und auf dem heißen Boden lag, wurde sofort wieder auf die Beine gezerrt, denn sonst trocknete er aus. Wir lernten, dass wir unsere Roben möglichst eng um den Körper wanden, weil es besser gegen die Sonne schützte, als sie lose flattern zu lassen, und die Wasserschläuche wurden mit Fett aus Kamelmilch eingerieben, um sie wasserdicht zu machen.
Legt euch nur im Schatten nieder, hatten die Beduinen uns geraten. Die Eidechsen dort werden euch bewachen, während ihr schlaft, denn sie sind doppelt so lang wie euer Unterarm und geben gute Wachhunde ab. Wenn ihr nicht schlafen könnt, zählt die Flöhe der Kamele, denn sie sind so groß, dass man sie von weitem sieht.
Wir lernten auch, was man hier aß. Die Beduinen der Beni Saher zum Beispiel essen das magere Fleisch der Füchse und behaupten, es sei gut für kranke Knochen. Sie essen auch gern Kaninchen, die sie abziehen und ausnehmen wie Ziegen, worauf sie das Fleisch zerteilen und wieder ins Fell stecken und dieses zubinden. Man gräbt ein Loch in den Sand und legt brennendes Holz und zwei Steine hinein, einen darunter, mit dem Holz darauf, der andere Stein kommt auf das Kaninchenfleisch. Dann wird alles mit Glut und Sand bedeckt und drei bis vier Stunden in Ruhe gelassen – die perfekte Kochmethode bei einer Rast an einem langen, heißen Tag, wenn niemand Lust hat, am Feuer zu sitzen. Wenn das Fleisch herausgenommen wird, ist es goldgelb.
Wir aßen es mit dem Fladenbrot, das sie jeden Tag backen. Das Weizenmehl, das sie dazu nehmen und das meist von Maden wimmelt, wird mit Wasser und Salz vermischt, der Teig flach gedrückt, mit
Weitere Kostenlose Bücher