Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert

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Ich wollte Finn zustimmen und hinausschreien, dass ich Starkad und alle Griechen herausfordern würde, um mir mein Runenschwert zurückzuholen, mir dann den Weg zu unserem Schiff zu bahnen, und dann nichts wie weg …
    Stattdessen musste ich den Tatsachen ins Auge sehen. Ich sah sie an, einen nach dem anderen, schluckte meinen Stolz hinunter und sagte: » Jetzt heißt es nichts wie los, meine Brüder. Wir müssen uns beeilen.«
    Und das taten wir, wir verfielen in einen regelrechten Trab, sodass uns trotz der kühlen Witterung der Schweiß ausbrach. Wie erschrecktes Wild rannten wir über die kahlen Hänge, durch Schluchten, über Felsen und durch Haine, immer nach Südwesten. Als ich schließlich eine Rast befahl, konnte ich bereits die salzige Seeluft schmecken und sog sie gierig in meine ausgepumpten Lungen ein. Wenn ich mich recht an Radoslaws Karte erinnerte, musste westlich vor uns ein weiteres Dorf liegen, das Paphos hieß. Das wollte ich um jeden Preis meiden, ich wollte einige Meilen davor schon die Küste erreichen.
    Die Männer hatten sich keuchend auf die Knie niedergelassen und warfen sich den Wasserschlauch zu. Der Hirtenjunge saß da und sah mich mit seinen dunklen Augen unverwandt an. Ich hatte mir Sorgen gemacht, ob er mithalten könne, aber die Sorge war unbegründet – dies war seine Heimat, und er hatte junge Beine, mit denen er hier herumgerannt war, seit er laufen konnte.
    Ich grinste zu ihm hinüber und hob die Hand, er hob die seine, doch er brachte kein Lächeln zustande. Einen Augenblick später fing er geschickt den Wasserschlauch auf, ehe ein anderer ihn erwischte, und brachte ihn mir. Während ich trank, hockte er stumm neben mir und starrte vor sich hin.
    » Es ist schlimm, was mit deinem Bruder passiert ist«, sagte ich und reichte ihm den Wasserschlauch. Er verschloss ihn und seufzte.
    » Meine Mutter …«, fing er an, dann verstummte er. Er wollte ein Mann sein, aber seine Unterlippe verriet ihn.
    » Du solltest zu ihr zurückgehen«, sagte ich und legte die Hand auf seine Schulter, doch er drehte sich um und sein verheultes Gesicht war plötzlich wild entschlossen.
    » Ich will bei euch bleiben. Ich will den Schwur ablegen und gegen die Ungläubigen kämpfen.«
    Finn hatte zugehört und lachte grimmig. » Da musst du dir eine andere Mannschaft suchen, Bjarki, denn diese hier reist ab und wird nie mehr zurückkommen.«
    Alarmiert und ungläubig sah der Junge ihn an, dann ließ er die Schultern hängen.
    » Hier sind alle gegen uns«, erklärte ich ihm, » vom Kephale bis zum Strategos, und die Sarakenoi sind ebenfalls schlecht auf uns zu sprechen. Wir haben nämlich etwas Wertvolles gestohlen.«
    » Und so was machen wir dauernd«, fügte Schielauge spöttisch hinzu. Als ich ihn ansah, sah er mich herausfordernd an. Wenigstens hatte ich diesen Eindruck, aber es war schwer, sich herausgefordert zu fühlen, wenn er mit dem linken Auge über meine rechte Schulter sah.
    Der Junge schwieg, und jemand rief nach dem Wasserschlauch, also stand er auf und brachte ihn hin. Bruder Johannes schlüpfte an meine Seite und flüsterte: » Wenn wir den Jungen hier lassen, ist das sein Tod. Balantes wird ihm nicht glauben, dass er nichts von diesem Gegenstand wusste. Und selbst wenn er ihm nichts antut, ist da noch Starkad.«
    Ach, dieser Gegenstand. Den hatte ich ganz vergessen, ich trug ihn immer noch am Riemen auf dem Rücken. Jetzt nahm ich ihn ab und sah mir den Behälter etwas genauer an. Die Männer kamen neugierig näher; auch sie wollten sehen, weswegen wir all diese Schwierigkeiten auf uns genommen hatten.
    Eine einfache, glatte Lederkapsel mit einem sorgfältig gearbeiteten Deckel, den ich öffnete. Es roch muffig, und ich schüttete den Inhalt auf meine Handfläche.
    Trockene Zweige und ein herzförmiges Blatt, das am Rand braun war, obwohl es einst grün und glänzend gewesen war. Dazu ein paar dunkle kleine Kugeln, kleiner als Erbsen und hart wie Steine.
    » Ist das alles?«, fragte Finn enttäuscht. » Das ist doch kein Gegenwert für unser Runenschwert.«
    » Sieht nicht besonders wertvoll aus, Händler«, sagte ein anderer.
    » Was ist das?«, fragte ein Dritter.
    Ich wusste es, obwohl ich so etwas bisher auch noch nie gesehen hatte. Plötzlich wurde mir alles klar, es war wie bei einem reich verzierten Umhang, dessen Muster man erst erkennt, wenn er ganz ausgebreitet ist. Ich zuckte mit den Schultern, tat alles in den Behälter zurück und schloss den Deckel. Ich hatte ihnen einen