Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
anzuzünden wurde aber von Tag zu Tag schwieriger. Das wenige Holz, das sie von Sträuchern am Flussufer sammelten, war inzwischen so nass geworden, dass es nicht recht brannte. Schließlich gaben die beiden Priester es auf und würgten die Fische, die sie aus dem Fluss erbeuteten, roh hinunter.
Vor allem Deneb bedauerte es nicht, als sie schließlich am fünften Tag nach der Fährstation so weit nach Norden vorgedrungen waren, wie der Lilin sie bringen konnte. Gegrillt hatte er am Anfang das frisch gefangene Essen aus dem Fluss geliebt und nicht ein einziges Mal an die Küche in T’lar zurückgedacht. Aber nach mehreren Mahlzeiten rohen Fischs im strömenden Regen sehnte er sich nur noch nach einem Grund, endlich das aufgesparte Dörrfleisch aus den Tiefen ihrer Rucksäcke hervorzuholen. Und dieser Grund war inzwischen gekommen. Nachdem sie einen ausgedehnten Seitenarm des Lilin passiert hatten, war der Fluss merklich schmaler geworden und verlief nach einer letzten Biegung nun ständig nach Osten.
»Wenn wir weiter in diese Richtung rudern«, meinte Pándaros, »dann kommen wir irgendwann an den Fuß der Meran Ewlen. Es macht keinen Sinn mehr, weiter auf dem Lilin zu bleiben.«
»Das heißt also, der angenehme Teil unserer Reise ist vorbei«, stöhnte Deneb. »Ab jetzt heißt es wieder, sich die Beine zu vertreten.« Regenwasser tropfte ihm von seiner Kapuze. Er hatte sie sich tief ins Gesicht gezogen, obwohl sie die Nässe schon lange nicht mehr abhielt. Sie war so durchgeweicht, dass ihm sein blondes Haar dunkel und triefend auf der Stirn klebte, aber sie bot ihm wenigstens eine Illusion von Schutz.
Außerdem erinnerte sie ihn daran, dass er auch in der Fremde und weit fort vom T’lar-Orden noch immer ein Priester des Sommerkönigs war. Mit dieser Kapuze seiner Robe über dem Kopf hatte er viele Male im Tempel vor dem niemals verlöschenden Räucherbecken in tiefer Versenkung gesessen und die Anwesenheit des Gefährten der Schicksalsherrin gespürt. Der Dunkle König war er für jene, deren Zeit gekommen war, aber allen anderen bot er Schutz und Hilfe im Leben. Deneb hoffte unter seiner durchnässten Kapuze, dass der Sommerkönig trotz des dichten Regenschleiers ein Auge auf seine beiden Priester hatte, die nun an Land gingen und sich für den langen Marsch zu den Eisenbergen rüsteten.
»Mir wird unser Kahn auch fehlen«, sagte Pándaros, während er sich seinen Rucksack über die Schultern hängte. »Ich frage mich, wem er wohl als nächstes dienen wird.«
Sie waren übereingekommen, das Boot ans Ufer zu ziehen, anstatt es weiter den Fluss hinabtreiben zu lassen. Selbst wenn es in dem andauernden Regen vollief, konnte es so immer noch von jemandem ausgeschöpft und wieder benutzt werden. Deneb ertappte sich dabei, dass er für das Boot, mit dessen Hilfe sie dem Kult der Flammenzungen entkommen waren, regelrecht liebevolle Gefühle empfand. Ihm war fast, als trennten sie sich von einem lebendigen Wesen wie einem alten Maultier, das ihnen gute Dienste geleistet hatte. Sie hatten bereits einige Fuß durch das hohe Schilf am Ufer zurückgelegt, als er noch einmal stehen blieb und sich umdrehte. »Lebe wohl, du alter Kahn«, rief er. Seine Hand hob sich zu einem kurzen Winken. Eine Rohrdommel, die es zuvor nicht gewagt hatte, aufzufliegen, als die beiden Priester an Land gegangen waren, schrak nun doch hoch und flatterte über das graue Wasser davon. Dann war wieder alles still. Nur der Regen trommelte weiter hart auf das leere Boot, in dem sich bereits wieder eine ansehnliche Pfütze gebildet hatte. Deneb seufzte leise, drehte sich um und folgte seinem Freund, der bereits weitergegangen war.
Durch ein Grasland zu laufen, das Wind und Regen ohne jedes Hindernis frei darüber hinwegfegen ließ, stellte sich bald als schwere Prüfung heraus. Auf dem Fluss hatten den beiden Wanderern wenigstens Schilf und Sträucher im Uferbereich ein wenig Schutz geboten und die Wucht des Windes abgemildert. Aber nun, auf dem freien Land, brachte dieser sie zum Schwanken wie dürre Bäume. Eiseskälte fuhr ihnen durch die Knochen. Klatschnass und durchgefroren schleppten sie sich Meile um Meile weiter vorwärts, während ihnen die stetig von Westen und dem fernen Meer über die Steppe fegenden Schauer den Regen ins Gesicht peitschten, bis sich ihre Wangen anfühlten wie gegerbtes Leder, das Frost abbekommen hatte.
»D-d-davon konntest du bestimmt nichts in deinen Büchern finden«, murmelte Pándaros an ihrem zweiten Tag in
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