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Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Runlandsaga - Die Schicksalsfestung

Titel: Runlandsaga - Die Schicksalsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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dass der Mann, der sich Watanja nannte, seinen Blicken gefolgt war. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen, und der kleine Archivar blickte zu Boden wie ein Kind, das dabei ertappt worden war, wie es seine Hände in die Zuckerdose gesteckt hatte.
    »Bestimmt habt ihr großen Durst, nicht wahr?«, fragte der Herr des Callabs. Er wartete nicht auf eine Antwort von einem der beiden Gefangenen, sondern fuhr ohne zu zögern fort: »Immer nur Regenwasser, und das seit Tagen. Unsere Pferdemilch ist da schon etwas anderes. Wir, die ihr Stadtbewohner ›Nomaden‹ nennt, sind bekannt für unsere Gastfreundschaft und teilen gerne Speis und Trank. Aber als Gäste betrachten wir jene, die ebenfalls im Grasmeer zu Hause sind. Für euch gilt das Gastrecht nicht. Euresgleichen zieht schon viel zu lange über den Leillin in unsere Heimat. Ihr baut Siedlungen, wo wir unsere Pferde grasen lassen. Wo heute einige von euren Bauernhöfen stehen, befindet sich morgen ein Dorf und in wenigen Jahren eine Stadt. Stück für Stück raubt ihr Städter unser Land und drängt uns fort von der Heimat, die mit dem Blut unserer Vorfahren getränkt ist!«
    Bei seinen letzten Worten hatte er seine Stimme erhoben. Pándaros fand, dass Watanja zuletzt nun doch wie einer der Adligen von Sol klang, wenn sie sich gegenüber Bendíras in Rage geredet hatten – laut und gebieterisch, als ob ein Richter ein Urteil verkünden würde.
    Unvermittelt erhob sich der Herr des Callabs. Jetzt erst bemerkte Pándaros, dass ein wahrer Hüne vor ihnen stand. Watanja musste mindestens sechs Fuß groß sein. Mit einem einzigen schnellen Schritt stand er genau vor dem Priester. Ein Säbel lag wie herbeigezaubert in seiner Hand. Dafür spürte Pándaros den Druck der Klinge an seinem Hals um so deutlicher. Deren Kälte durchfuhr ihn von den Haarspitzen bis zu den Füßen. Deneb neben ihm stand starr vor Schreck.
    »Also sag mir«, vernahm Pándaros den Yasgürai, der sich dicht zu seinem Gesicht vorgebeugt hatte, »warum sollte ich dich und deinen durstigen Freund nicht jetzt und hier in die nächste Welt befördern?«
    Aus den Augenwinkeln bemerkte der Priester, dass sich die Frau, die ihm aufgefallen war, von ihrem Platz erhoben hatte. Die beiden anderen bedeuteten ihr aufgeregt, sich wieder hinzusetzen, aber sie beachtete sie nicht. Innerlich atmete er auf. Beinahe hätte er in seiner Angst den Ausdruck auf ihrem Gesicht vergessen, als er an ihr vorbeigeschritten war. Doch nun fiel er ihr wieder ein, und er wusste, was er Watanja entgegnen musste.
    »Weil Ihr die Hilfe eines Heiligen Mannes benötigt«, sagte er so ruhig, wie es ihm mit dem an die Kehle gedrückten Schwert möglich war.
    Eine atemlose Stille breitete sich im Inneren des Zeltes aus. Selbst die Flammen in der Feuerstelle schienen sich zu ducken und jedes laute Geräusch vermeiden zu wollen. Pándaros zwang sich, nicht den Blick von dem Herrn des Callabs abzuwenden, der ihn anstarrte wie vom Donner gerührt.
    Nach einem schier endlosen Moment zog Watanja den Säbel zurück und versenkte ihn wieder in seiner Scheide, diesmal so langsam, dass Pándaros seine Bewegung genau verfolgen konnte. Er wandte sich der immer noch aufrecht stehenden Frau zu, die ihn angespannt musterte.
    »Beruhige dich, Ricónda! Ich werde die beiden Eindringlinge nicht töten – jedenfalls nicht hier, im Angesicht meiner Frau. Ihr Blut soll nicht unser Heim beschmutzen.«
    In seinem Blick, den er nun auf den Priester richtete, mischten sich Achtung und Zorn. »Als ich meine Klinge an deine Kehle hielt, hast du mir in die Augen gesehen. Du hast mutig und wahrhaftig gesprochen. Ich suche in der Tat die Hilfe eines Heiligen Mannes. Aber ich sehe keine Heiligen Männer vor mir. Alles, was ich sehe, sind zwei Landstreicher in Priesterroben, die ungebeten mein Land durchqueren und sich unerlaubt vom Fleisch meiner Herden nähren. Woher soll ich wissen, ob ihr wirklich die seid, für die ihr euch ausgebt? Denkt nicht, ihr hättet einen ungebildeten Dummkopf vor euch. Ich kenne die Lebensart der Städter. Als ich noch jung war, schickte mich mein Vater in die Hafenstädte der Südprovinzen, um von euch zu lernen, und ich eignete mir mehr als nur eure Sprache an.« Ein verächtliches Lächeln spielte um Watanjas Mund. »Zum Beispiel weiß ich, dass euer Orden seine Priester nicht auf Wanderschaft schickt, wie es die Perhannan tun. Entweder habt ihr euch nur als T’lar-Priester verkleidet, oder man hat euch aus dem Orden verstoßen.

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