Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
ihn der Gedanke, bevor die Geister der Reisepilze ihn aufgeregt umschwirrten.
Stör uns nicht! Lass ihn in Ruhe! Er will seinen Spaß haben, genau wie wir. Sei kein Spielverderber, grauer alter Mann!
Ihre aufstiebenden Funken brannten auf den Wangen und Händen des Priesters. Diese vertrackten kleinen Kerlchen waren nicht zu unterschätzen. Er hatte schon von mehr als nur einem Mann gehört, dem sie auf seiner Reise die entsetzlichsten Alpträume beschert hatten, weil er ihnen keine Achtung erwiesen hatte, oder weil es ihnen eben Freude bereitete, jemanden zu ärgern. Der Schmerz auf seiner Haut fühlte sich erschreckend echt an. Einen winzigen Augenblick lang spielte Pándaros mit dem Gedanken, Deneb loszulassen.
Dann siegte die Empfindung in ihm, die in den letzten Tagen und Wochen immer wieder sein Handeln bestimmt hatte: das Gefühl, dass er sich beeilen musste, um Ranár noch rechtzeitig zu finden, bevor – ja was? Bevor etwas unaussprechlich Entsetzliches geschah. Ärger darüber, schon wieder aufgehalten zu werden, siedete in ihm empor.
Wir haben keine Zeit für diesen Unsinn!, herrschte er die Geister der Reisepilze an. Deneb, komm gefälligst wieder zu dir! Wir müssen Eigin finden, bevor sein Körper stirbt.
Der wütende Klang seiner Stimme ließ die kleinen Kobolde aus der anderen Welt wild auseinanderwirbeln. Wir wollten doch nur Spaß haben! , beklagten sie sich im Chor. Kein Grund, so zu schreien. Hör auf damit, hörst du? Hör auf!
Deneb wandte Pándaros sein Mosaikgesicht aus tausenden golden funkelnder Splitter zu. Eigin? , murmelte er nachdenklich. Der Name kommt mir bekannt vor. Wer war das noch mal?
Der Junge, den wir retten müssen , gab sein Ordensbruder zurück. Los, komm, wir gehen ihn suchen. Dir wird schon alles wieder einfallen, wenn nur nicht mehr diese verwünschten kleinen Plagegeister um uns herumschwirren.
Energisch zog er seinen Freund mit sich, und beide glitten allmählich in der riesigen Baumkrone abwärts.
Was bin ich froh, was bin ich froh ...
... sang Deneb leise vor sich hin, aber Pándaros schnitt ihm das Wort ab. Und schenk dir bitte das Lied deiner kleinen Freunde. Ich habe es jetzt so oft gehört, dass es mir für alle Zeiten reicht. Sag mir lieber, wo wir Eigin finden können!
Ach natürlich, der kleine Nomadenjunge!, hörte er Deneb in seinen Gedanken. Den hätte ich doch beinahe vergessen. Ein Glück, dass du mich begleitet hast! Ich habe diese Bande von Tunichtguten unterschätzt. Lass mich überlegen . Der Weltenbaum ist ein Abbild unserer Welt. Seine Krone ist die Himmelswelt, das Reich der Götter und Geister. Seine Wurzeln reichen tief in die Erde, in die Unterwelt, das Reich der Toten. Dazwischen liegt der Stamm unserer Welt der Menschen, Elfen und Zwerge. Er verbindet alle drei Welten miteinander, so wie der Stamm eines echten Baumes die Krone hoch oben in der Luft mit den Wurzeln tief verborgen in der Erde miteinander verbindet.
Aber wo ist Eigin? , unterbrach ihn Pándaros ungeduldig.
Der Junge liegt im Sterben , überlegte Deneb. Also wäre es wohl naheliegend, an den Wurzeln des Weltenbaums mit der Suche zu beginnen.
Dann beeilen wir uns, solange wir die Tiefe dieser Versenkung noch aufrecht erhalten können!
Gemeinsam bewegten sie sich auf die breite, dunkle Wand des gewaltigen Baumstamms zu. Pándaros fragte sich, wie sie das wohl anstellten, auf welche Weise sie ihre Geistkörper dazu brachten, in eine bestimmte Richtung zu schweben. Die einleuchtendste Erklärung war sicher, dass sich ihre Geistkörper allein durch die Kraft ihrer Gedanken irgendwohin bewegten.
Sie hatten die Borke des Stammes erreicht, die alles andere als glatt war. Tiefe, wulstige Risse durchzogen die Haut dieses Ungetüms von einem Baum. Deneb streckte vorsichtig eine Hand aus. Sie blieb zunächst auf der moosüberwucherten Rinde liegen. Als der Archivar aber ein wenig mehr Druck ausübte, sank sie allmählich in den Stamm hinein. Funken stoben von Denebs Fingern auf und sickerten ins Innere des Stammes, wo sie kurz aufleuchteten und verglühten.
Wir müssen tief zu den Wurzeln hinab , sagte der Archivar nachdenklich. Am besten bewegen wir uns in den Stamm hinein. Dann finden wir bestimmt unseren Weg nach unten.
Was wollt ihr denn dort? , piepste ein nur zu bekannter Chor von Stimmen hinter ihnen. Pándaros stöhnte auf. Deine neuen Freunde kleben einem stärker am Hacken als verschüttetes Zwergenbier.
Deneb drehte sich zu den golden funkelnden Lichtpunkten um,
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