Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
und hieb erneut auf Alcarasán ein. Sein verzweifelter Zorn verlieh ihm eine Schnelligkeit, mit der sein Gegner nicht gerechnet hatte. Gerade noch rechtzeitig wehrte Alcarasán einen weiteren Schlag ab, bevor er sich wieder soweit unter Kontrolle hatte, die Angriffe des jungen Serephinkriegers zu erwidern. Jetzt endlich begann er sich zu wehren. Magie war in diesem Fall verboten. Da Mincanial ihn zum Zweikampf herausgefordert hatte, lag es an ihm, die Waffe zu wählen, und er hatte sich für die Klinge entschieden. Während eines Zweikampfs wurden niemals die Waffen gewechselt oder Magie eingesetzt, wenn Klingen gewählt worden waren.
Alcarasán tauchte unter einem von Mincanials Hieben hinweg und schlug ihn mit der breiten Seite seiner Klinge auf die Hüfte, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, ohne ihn dabei zu verletzen. Mincanial strauchelte, und sein Schlag verfehlte seinen Gegner, aber er ging nicht zu Boden. Mit einem unterdrückten Schrei brachte er seine Beine wieder in einen festen Stand und wehrte einen weiteren Hieb von Alcarasán ab. Als dieser erneut sein Schwert hob, sprang er mit einem Satz auf den Tisch. Das Holz ächzte unter seinen Stiefeln, Papiere und ausgebreitete Landkarten segelten zu Boden. Von seinem erhöhten Stand aus zielte er auf Alcarasáns Kopf. Der Feuerpriester duckte sich und wich zur Seite. In einer einzigen fließenden Bewegung richtete er sich wieder zu voller Größe auf und landete mit einem gewaltigen Sprung ebenfalls mitten auf dem Tisch. Sein Schwert schoss nach vorne. Mit einem singenden Klirren wirbelte Mincanials Klinge davon, als sie ihm aus der Hand gedreht wurde. Polternd fiel sie auf die Tischplatte, von der Alcarasán sie mit dem Fuß auf den Boden beförderte. Der Serephinkrieger stieß einen Fluch aus.
»Gib auf!«, forderte Alcarasán ihn auf.
Mincanial funkelte ihn hasserfüllt an. » Niemals! «
Er setzte seiner Waffe hinterher, aber Alcarasán verfolgte ihn bereits, riss ihn von den Füßen und landete schwer auf Mincanial, der sofort versuchte, ihn von sich herabzuwälzen. Kein Wort kam über seine Lippen, stattdessen keuchte er angestrengt und ruckte hin und her, um sich aus der Umklammerung des älteren Serephin zu befreien.
Es gelang ihm, einen Arm aus Alcarasáns Griff herauszubekommen. Schnell wie eine Schlange fuhr seine Hand über den Boden und an seiner ledernen Hose hinab.
Im nächsten Moment hielt er bereits wieder eine Waffe in seinen Händen, einen schmalen, grau glänzenden Dolch, den er aus der Scheide an seinem Hosenbein herausgezogen hatte. Seine Rechte schoss vor und traf seinen verhassten Gegner unter der Achsel. Alcarasán schrie laut auf vor Schmerzen. Ein dunkler Fleck begann auf dem Stoff seiner scharlachroten Robe zu blühen. Er zuckte zurück und sein Griff lockerte sich.
Sofort riss sich Mincanial los und richtete sich auf. Der Dolch zielte auf Alcarasáns Hals, doch bevor er ihn auch nur berühren konnte, hatte der Feuerpriester Mincanials Handgelenk gepackt und drückte es von sich weg. Er verlagerte sein Gewicht auf den Körper seines Gegners, um ihn wieder niederzudrücken, aber Mincanial wehrte sich mit der Kraft eines Besessenen. In einer wilden Drehbewegung rollte er sich zusammen mit Alcarasán seitwärts. Sie landeten im Halbdunkel unter dem Tisch, wo der hinter dem Vorhang hervorlugende ältere Alcarasán sie mit vor Grauen weit aufgerissenen Augen beobachtete.
Dann ertönte der grässliche, unterdrückte Schrei, den er nie hatte vergessen können. Die beiden Kämpfenden schienen unter dem Tisch zu einem eigenartigen Standbild erstarrt, das ihr Erschaffer dort wie den weggeworfenen Versuch eines Meisterwerks zurückgelassen hatte. Ein langgezogenes, feuchtes Gurgeln erklang. Eine der beiden Gestalten im Halbdunkel richtete sich wie schlaftrunken auf, während die andere ihren Kopf mit einem leisen, dumpfen Schlag auf den Boden fallen ließ. Der jüngere Alcarasán starrte Mincanial unter sich an, in dessen Brust der Dolch steckte. Die Klinge hatte sich bis zum Heft in das Fleisch des Serephinkriegers gebohrt.
»Du Dummkopf«, stammelte Alcarasán mit erstickter Stimme. »Verdammter Dummkopf!«
Mincanial starrte zurück. Selbst jetzt noch, mit brechendem Blick, blitzten seine Augen kurz hasserfüllt auf. Ein Stöhnen zerteilte seine Lippen, dann sagte er leise, aber klar vernehmbar: »Sei verflucht, du Mörder!«
Alcarasán erwiderte nichts. Er sah nur weiter wie zu Stein erstarrt auf Mincanial hinab. Da er
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