Runlandsaga - Feuer im Norden
ist mehr, als ein Seemann erhoffen kann. Wer weiß, auf welche Art ich einmal meinen letzten Seufzer ausstoße. Wenn ich Pech habe, geh ich mit der Suvare unter und niemand verbrennt oder beerdigt meinen Körper.« Schnell spuckte er über die linke Schulter, um das Unglück abzuwenden, über das er gesprochen hatte.
Themet saß einige Fuß von ihm entfernt am Rand der Wasserlinie, wo die flach heranrollenden Wellen beinahe seine ausgestreckten Beine berührten. Wortlos starrte er an dem Scheiterhaufen vorbei auf die offene See hinaus. Es war, als hätte er den Bootsmann gar nicht gehört. Teras zuckte mit den Achseln und kippte den Rest des Öls auf das Tuch. Die Hohe Cyrandith mochte wissen, wie man mit diesem Jungen sprechen musste, dass er einem antwortete, aber er war nur ein alter Mann. Was konnte er mehr tun, als Themet zu zeigen, dass er nicht alleine war, dass es Leute gab, die sich ebenso um ihn kümmerten wie um seine toten Eltern. Verdammt noch mal, er wusste schon, warum er sich nie eine Frau zugelegt und eine Familie gegründet hatte! In Gegenwart von Kindern kam er sich so tapsig wie ein angezählter Boxer vor, der sich nach einem heftigen Schlag hinter die Ohren gerade noch auf den Beinen hielt. Er hatte den starken Verdacht, dass es Suvare mit Themet genauso ging. Wieder eine Sache, bei der sie sich ähnelten. Auch sein Khor war bestimmt nicht das, was man einen Familienmensch nannte.
Jetzt ließ sich der Junge mit den roten Haaren neben Themet in den Sand fallen. Wenigstens schien jemand in seinem Alter an ihn ranzukommen. Jedenfalls drehte der Kleine dem Rothaarigen gleich den Kopf zu, anstatt weiter wie versteinert dazusitzen.
»So ein Aufwand!«, schimpfte eine Stimme hinter ihm.
Teras drehte sich um. Larcaan betrachtete kopfschüttelnd den Scheiterhaufen, während Thurnas wie sein Schatten neben ihm stand.
»Ein Begräbnis auf See wäre auch nicht weniger würdevoll gewesen. Stattdessen gehen wir hier an Land und grasen erst einmal stundenlang alles nach Brennholz ab.«
»Wir?«, bemerkte Suvare bissig im Vorbeigehen. Sie hielt eine noch nicht entzündete Fackel in ihrer Hand. »Ich kann mich nicht erinnern, dass Ihr auch nur einen Ast hierher geschleppt hättet!«
»Das wäre ja noch schöner!«, schnappte Larcaan. »Na gut, ich kannte den Wirt und seine Frau, und mir tut es ebenso leid um sie. Aber nur für den Fall, dass Ihr es vielleicht schon wieder vergessen habt: Andostaan wurde angegriffen und niedergebrannt! Von einem Moment auf den anderen sind wir zu heimatlosen Flüchtlingen geworden. Anstatt uns so schnell wie möglich in die Sicherheit einer befestigten Stadt zu begeben, halten wir hier einen Einäscherungsritus im Nirgendwo ab!« Er vollführte eine spöttische Verbeugung. »Also nehmt es mir bitte nicht übel, dass ich keine große Lust verspüre, an diesem Theaterstück teilzunehmen.«
»Niemand hat Euch gezwungen, an Land zu gehen«, erwiderte Suvare. »Ihr hättet genauso gut solange an Bord bleiben können, dann wäre uns Eure Anwesenheit hier erspart geblieben.«
Thurnas lachte auf. »An Bord bleiben? Mit keiner anderen Gesellschaft als Schlägern und Halsabschneidern wie dem da?« Er deutete auf Teras, der finster zurückstarrte, diesmal aber entschlossen schien, nichts zu erwidern. »Da schließen wir uns doch lieber diesem Landausflug an.«
»Sollen die beiden Toten ruhig auf die Weise bestattet werden, wie es bei uns ins Felgar Brauch ist«, ließ sich Tolvane hinter Suvare vernehmen. Sie drehte sich zu ihm um. Neben ihm und seinem Hausverwalter standen noch weitere Leute, der ältere Ratsherr mit dem dichten grauen Vollbart und eine stämmige Frau mittleren Alters, die zusammen mit ihm an Bord gekommen war.
»Ich glaube, wir hatten in all dem Durcheinander unserer Flucht noch nicht einmal Gelegenheit, uns vorzustellen:
Ich bin Tolvane, ein Mitglied des Rates von Andostaan. Das hier sind Escar, der ebenfalls zum Rat der Stadt gehört, und seine Frau Arene. Escar habt Ihr sicher auch bei der Versammlung gesehen.«
»Ay, ich erinnere mich«, sagte Suvare.
Die beiden verbeugten sich knapp vor ihr. Arene blickte sie dankbar an. Sie hatte ihr rotbraunes Haar zu einem dicken Zopf zusammengebunden, der ihr bis auf die Hüfte hinabreichte. Mit ihrem langen, dunkelgrün eingefärbten Leinenkleid, das am Saum mit einer kostbaren goldfarbenen Borte verziert war, wirkte sie zwischen den Anwesenden in ihren einfachen Tuniken und Umhängen wie eine reiche
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