Runlandsaga - Sturm der Serephin
ein Hornochse!«, keuchte Mirka. »Der führt sich immer auf, als wär er mein Vater! Ständig hält er mir irgendwelche Vorträge. Dabei hat er nur das zu machen, was meine Mutter ihm sagt.«
»Vergiss ihn«, erwiderte Themet, selbst etwas außer Atem. Eigentlich hatte er ein schlechtes Gewissen, dass er Mirka nicht deutlicher widersprochen hatte, denn es war ihm ganz recht gewesen, dass der Erwachsene gerade dazwischen gegangen war. Manchmal übertrieb sein Freund es einfach.
»Wollen wir Velliarn abholen?«
Sein Freund schüttelte den Kopf.
»Geht nicht. Ich war heute schon bei ihn. Neral hat seinen Eltern dasselbe wie mir erzählt. Velliarn darf erst mal nicht aus dem Haus.«
»Genau wie bei mir«, seufzte Themet.
»Und warum bist du jetzt trotzdem hier?«, wollte Mirka wissen. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, auf das Themet mit einem eigenen Grinsen antwortete. Einen kurzen Moment wirkten die beiden Jungen trotz ihres unterschiedlichen Aussehens wie Geschwister.
»Weil es mir ziemlich egal ist, dass es mir meine Mutter verboten hat«, antwortete er schließlich gedehnt.
Mirka klopfte ihm auf die Schulter, dass er zusammenzuckte.
»So gefällst du mir!«
»Was hat denn deine Mutter dazu gesagt?«
»Sie weiß gar nichts davon, also hat sie mir auch nicht verboten, aus dem Haus zu gehen. Als Neral aufgetaucht ist, war sie gerade auf dem Markt, deshalb hat er mir die Geschichte erzählt und mir aufgetragen, es ihr weiterzusagen. Und weil ich meine Mutter kenne, dachte ich mir: Was sie nicht weiß, das regt sie nicht auf und erspart mir Ärger.«
»Was wollen wir jetzt unternehmen? Gehen wir wieder zum Strand wie gestern?«
»Keine Lust«, erwiderte Mirka leichthin. Plötzlich trat ein Leuchten in seine Augen. »Warum gehen wir nicht hoch zur Festung?«
»Was wollen wir denn da?«, fragte Themet.
»Überleg doch mal! Du hast erzählt, dass die Kerle wussten, wohin der Fremde gebracht wurde. Kann doch sein, dass sie oben in der Festung auftauchen, um ihm einen Besuch abzustatten. Meinst du nicht, das könnte spannend werden?«
»Spannend?«, wiederholte Themet laut. »Das wäre nicht spannend, das wäre gefährlich und verrückt! Glaubst du, ich hätte Lust, mich noch mal von denen entführen zu lassen?«
Mirka verdrehte missmutig die Augen und holte Luft, um etwas zu erwidern, aber im selben Moment bog eine dicke Frau mit eiligen, kleinen Schritten um die Ecke. Um ein Haar wäre sie mit Themet zusammengestoßen, der gar nicht auf sie geachtet hatte. Mirka riss seinen Freund zur Seite, während die Frau die beiden missbilligend anblickte und weiter die Straße entlangging.
»Wer sagt denn, dass es so kommen wird?«, knurrte er dann etwas leiser. Seine Hand lag immer noch auf Themets Schulter. »Gestern haben sie dir aufgelauert. Heute ist das anders. Heute bist du es, der ihnen hinterherschleicht. Sie werden gar nicht merken, dass wir ihnen folgen, verlass dich darauf.«
Themet seufzte.
»Du verstehst es nicht, oder? Die hätten gestern kein Problem damit gehabt, mich umzubringen. Das hätte ihnen keine einzige schlaflose Nacht bereitet. Sich mit denen anzulegen, ist was anderes als Baram einen Streich zu spielen. Der schneidet dir nicht die Kehle durch, wenn er dich erwischt.«
Mirkas Wangen röteten sich, als sein Freund den alten Schmied erwähnte.
»Das weiß ich selbst«, gab er zurück. Seine Stimme klang gereizt. Er erinnerte sich gut daran, wie der alte Grobian ihn gestern vor seinen Freunden wie einen nassen Sack gegen die Tür zur Schwarzen Nadel geklatscht hatte. Mirka hatte keine Lust, die Geschichte monatelang von Themet und Velliarn aufgewärmt zu bekommen.
»Natürlich ist es gefährlich, solchen Kerlen hinterherzuschnüffeln. Aber ich pass schon auf, dass uns nichts geschieht! Denk doch bloß mal daran, was für Gesichter die Wache und unsere Eltern machen werden, wenn wir ihnen sagen, wo die Leute sind, die dich entführt haben, und wenn sie mit unserer Hilfe gefangen genommen werden! Die werden uns feiern wie Helden, verlass dich drauf!«
Themet blickte auf seine Schuhe hinab und dachte nach. Was Mirka gesagt hatte, klang ganz nach einer seiner verrückten Ideen, wie er sie schon mehr als einmal ausgebrütet hatte und die ihn immer wieder in Schwierigkeiten gebracht hatten. Andererseits: Der Gedanke, etwas zu tun, was vielleicht dafür sorgen würde, dass seine Eltern stolz auf ihn wären, hatte etwas sehr Verlockendes. Im Geiste sah er vor sich, wie Neral von
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