Runlandsaga - Sturm der Serephin
der Wache im Schankraum des Ankers mit seiner Mutter sprach.
Da hast du wirklich einen Jungen, auf den du mächtig stolz sein kannst, Arvid! Er hat dafür gesorgt, dass diese Kerle erwischt wurden, die unsere Stadt unsicher gemacht haben, er und sein Freund. Themet wird es bestimmt zu was bringen, glaub mir! Irgendwann begrüßen wir ihn noch mal als Hauptmann der Wache!
Ay, diese Vorstellung schien etwas Aufregung und Angst wirklich mehr als wert.
»Na gut«, willigte er weniger zögernd ein, als es klingen sollte. »Aber nur unter einer Bedingung!«
»Und die wäre?«, wollte Mirka wissen. Er blickte den kleineren Jungen misstrauisch an.
»Wenn wir die Kerle irgendwo auf den Klippen oder bei der Festung sehen, dann kehren wir um und rufen die Wache. Abgemacht?«
»Abgemacht«, erwiderte Mirka.
Er reichte Themet die Hand, und dieser schlug ein.
Wie zwei Männer , dachte Themet. Wir haben eine Abmachung.
Dann schaute er zum wolkenlosen Himmel auf.
»Wir sollten uns auf den Weg machen. Am Nachmittag muss ich wieder zurück sein.«
»Also los!«, rief Mirka und lief unvermittelt los, während er seinem Freund einen Blick über die Schulter nachwarf. Beinahe wäre er wieder mit jemandem zusammengestoßen, einem jungen Mann, der ihm gerade noch rechtzeitig auswich.
»Mach doch die Augen auf, Dummkopf!«, blaffte der Mann ihm nach. Mirka wurde keinen Schritt langsamer. Mit einem Achselzucken setzte Themet sich ebenfalls in Bewegung, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
Die beiden Jungen rannten durch die Straßen der Stadt, die zu dieser mittäglichen Zeit ungewöhnlich voll von Menschen waren. Der erste wirklich warme Frühlingstag hatte sie sonnenhungrigen Käfern gleich aus ihren Häusern gelockt. Themet lief an ihnen vorbei, ohne auf die Milde der Luft und die leichte Brise zu achten, die ihm durch die Haare fuhr und sich so anders anfühlte als der kalte, regnerische Wind des Vortags. Er rannte, den Blick starr auf die roten Haare des Jungen vor ihm gerichtet. Seine Beine wurden von Augenblick zu Augenblick leichter, als hätten die dunklen Gedanken, die ihm seit dem Aufstehen im Kopf herumgegangen waren, eine fühlbare Schwere besessen, die sich in den Strahlen der hochstehenden Frühlingssonne auflöste und ihn frei gab. Er dachte nicht mehr an die Streitereien seiner Eltern und die ausgestandenen Ängste während seiner Entführung. Vorerst waren sie im Schwarzen Anker zurückgeblieben.
Mit laut auf dem Steinpflaster widerhallenden Schritten eilten Mirka und Themet hinaus aus der Innenstadt und durch die Straßen der äußeren Bezirke. Sie wurden erst langsamer, als sie die letzten Häuser hinter sich hatten und sich vor ihnen die Biegung des Weges auftat, hinter der es steil hinauf zu den Klippen und zur Festung ging.
»Da musst du dich schon mehr anstrengen, wenn du mich einholen willst!«, lachte Mirka zwischen zwei tiefen Atemzügen, bei denen sein Brustkorb sich schwer hob und senkte. Ein vereinzeltes Schaf, das irgendwie durch den Zaun oberhalb des Weges auf der Hochebene geschlüpft war und nun auf einem der felsigen Hügel links der beiden Jungen stand, hob bei Mirkas letzten Worten den Kopf und starrte sie neugierig an.
»Ich hätte dich schon längst eingeholt«, brummte Themet, »aber du läufst ja immer schon vor mir los! Wenn wir endlich mal gleichzeitig losliefen, würde ich schon an dir vorbeiziehen, verlass dich drauf!«
»Ach so? Du willst es also unbedingt wissen, was?«
Mirka spuckte ins Gras am Wegrand. Seine Augen funkelten.
»Na, gut, dann stell dich genau neben mich. Auf drei! Eins, zwei ...«
»Halt!«, rief Themet. » Ich sag diesmal ›drei‹, damit es endlich mal gerecht zugeht!«
Mirka verzog sein Gesicht.
»So ein Blödsinn! Na gut, Hosenscheißer, sag du es! Wird dir auch nichts helfen!«
»Selber Hosenscheißer!«, erwiderte Themet. »Leg dich ins Bett zu deiner Mutter und lutsch an ihren Titten!«
»Leg dich ins Bett zu deiner und steck den Kopf zwischen ihre Beine!«, gab Mirka grinsend zurück.
»He, vielleicht mach ich das sogar – aber bei deiner! Eins ... zwei ...«
Themet hielt einen Augenblick inne. Das Schaf zu ihrer Linken beobachtete sie immer noch regungslos mit großen Augen.
»Drei!«
Schwer keuchend kämpften sie sich nebeneinander den steilen Hohlweg hinauf. Keiner der beiden konnte einen Vorsprung gewinnen. Immer wieder blickten sie sich gegenseitig aus den Augenwinkeln an, die Zähne verbissen, die Fäuste geballt. Kleine Steine
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