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Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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gegenüberlag und wo das Meer dem schier ungezügelten Grün Einhalt gebot. Hier eröffnete sich denen, die über Wochen und Wochen hinweg mit dem Dickicht des Waldes gerungen hatten, schließlich ein weiter Blick auf die grauen Wellen des Nordens, eine Grenze, die nicht mit sich verhandeln ließ und deren nebelverhangener Horizont über dem Wasser hing wie das Ende der bekannten Welt.
    Die Männer, denen der Rote Wald zur Heimat geworden war, hatten alle, so unterschiedlich ihre Herkunft und Lebensgewohnheiten sein mochten, eines gemeinsam: Sie hatten den großen Städten des Südens, den Handelsorten am Meer oder den zahllosen kleinen Dörfern und Gehöften, die Runlands Länder von Küste zu Küste durchzogen, den Rücken gekehrt. Das Leben hinter Mauern besaß für sie alle keinen Reiz mehr. Eine dörfliche oder städtische Gemeinschaft versprach Sicherheit, gegenseitige Hilfe oder zumindest das beruhigende Gefühl, sich unter anderen Menschen zu befinden, weiteren Vertretern der eigenen Art. Dies hielt die meisten davon ab, sich aus freien Stücken in die Wildnis zu begeben. Doch manche brachte gerade diese Gemeinschaft dazu, die Flucht zu ergreifen und die Stille der Wildnis zu suchen.
    Das nur schwer zu durchdringende Dickicht des Roten Waldes hatten sie zu ihrem Zuhause gemacht. Hier fanden sie die Freiheit, die sie in Städten und Dörfern nicht haben konnten. Sie führten ein hartes Dasein, doch sie hätten es um nichts in der Welt gegen ein festes Dach über dem Kopf eingetauscht. In manchen Gegenden dieser Wildnis hätten sie sich auch mit verbundenen Augen zurecht gefunden. Andere Orte wiederum suchten sie selten auf, weil sie schwer zu erreichen waren. Während in der Ebene zwischen der Küstenstadt Menelon und dem westlichen Rand des Waldgebietes Bauern Felder bestellten und Schäfer auf dem kargen Heideland ihre Herden grasen ließen, jagten die Fallensteller in der Wildnis Füchse, Biber, Bären und andere Tiere, deren Felle ihnen in Andostaan oder Nilan Geld einbrachten. Wenn sie genügend gefangen und erlegt hatten, kehrten sie für einige Zeit in die Küstenstädte zurück, um ihre Beute zu verkaufen und sich mit Vorräten und Branntwein einzudecken. Oft genug berauschten sie sich nach einem monatelangen, harten und gefährlichen Dasein in der Wildnis so sehr an den Annehmlichkeiten, die ihnen in den Städten begegneten, dass sie ihre schwer verdienten Gold- und Silberstücke flugs wieder ausgaben und bettelarm in den Wald zurückkehrten, mit noch größerer Verachtung für das Leben der Städter als zuvor.
    Auch untereinander misstrauten sie sich. Begegneten sich zwei Fallensteller oder Jäger in der Wildnis, so betrachteten sie sich eher als Gegner, die um dieselbe Beute stritten, als dass sie sich als Männer sahen, die dasselbe Schicksal teilten. Es kam häufiger vor, dass einer von ihnen durch die Hand eines anderen Jägers umkam, als im Kampf mit einem Tier. Das Leben im Wildland war voller Entbehrungen. Nicht viele von ihnen erlebten mehr als fünfzig Winter.
    Das Licht des Vollmonds erhellte in dieser Nacht einem Fallensteller den Weg durch ein nur schwer begehbares Dickicht aus jungen Birken, die eng beieinander standen. Die Bäume hatten so weit nördlich und so früh im Jahr kaum ausgeschlagen, weswegen der helle Schein stärker bis hinab zum Boden drang als mitten im Sommer.
    Harcalja war müde, und seine Beine schmerzten. Seine beiden Jagdhunde, zwei schlanke Aphnat mit pechschwarzem, kurzem Fell, benannt nach der Stadt im Süden, in der diese Rasse gezüchtet wurde, schlüpften einige Schritte vor ihm mühelos zwischen den dünnen Stämmen hindurch, ihre spitz zulaufenden Schnauzen dicht am Boden. Harcalja beneidete sie um ihre Wendigkeit und ihre schier unerschöpfliche Ausdauer.
    Dieser Teil des Roten Waldes, nahe der Nordküste Runlands, war ihm völlig unbekannt. Gemessen an den Tagesmärschen, die er bisher vom westlichen Rand des Waldes aus zurückgelegt hatte, schätzte er, sich mittlerweile gleich weit von Menelon wie auch von Nilam entfernt zu befinden. Bisher hatten seine Jagdgründe viel weiter westlich gelegen, ein ausgedehntes, hügeliges Gebiet, in dem die Rotbuchen sich stark mit Eichen und Ebereschen mischten und sowohl die Anzahl als auch die Größe der Hügel, wenn man dem Sonnenlauf folgte, mehr und mehr abzunehmen begannen, bis sie schließlich in eine mit Heidekraut bewachsene und von Mooren durchsetzte Ebene übergingen, an deren Ende die Küstenstadt Menelon

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