Runlandsaga - Sturm der Serephin
lag.
Harcalja, der selbst aus Menelon stammte und regelmäßig dorthin zurückkehrte, um seine Felle zu verkaufen, hatte nie den Wunsch gehegt, tiefer in den Roten Wald vorzudringen. Der Westrand des Waldes war durchsetzt von kleinen Flüsschen und Teichen, in denen Biber ihre Dämme bauten und Otter nach Fischen jagten. Rot- und Schwarzwild folgte regelmäßig den Flussläufen. Es war einfach, an den Orten, die von den wilden Tieren regelmäßig zum Trinken aufgesucht wurden, Schlingen aufzustellen oder mit seinem Bogen im Unterholz zu lauern. Leider jedoch waren die reichen Jagdgründe dieser Gegend, die er jahrelang fast immer allein durchstreift hatte, inzwischen auch anderen aufgefallen. Vor über zwei Monaten war Harcalja von mehreren Fallenstellern überfallen worden, die ihm die gesamte Beute des vergangenen Winters, sein Pferd und seinen Packesel geraubt hatten – und das ausgerechnet einen Tag, bevor er sich auf den Weg in die Stadt hatte machen wollen, um seinen hart erarbeiteten Gewinn einzustreichen! Er biss noch immer jedes Mal wütend die Zähne aufeinander, bis sie schmerzten, wenn er daran zurückdachte. Diese verfluchten Schweine! Hoffentlich ließen sie sich von dem Gold, das sie für seine Felle erhalten würden, irgendeinen selbstgebrannten Fusel andrehen, von dem sie erblindeten und elend verreckten!
Zum Glück hatten seine beiden Hunde Arcon und Zerva ihn rechtzeitig gewarnt. Er hatte gerade noch genügend Zeit gehabt, mit den nötigsten Habseligkeiten aus seinem Lager zu fliehen, bevor die Angreifer ihm einen Pfeilhagel hinterhergeschickt hatten. Einen ganzen Tag lang hatten zwei von ihnen seine Spur verfolgt und schließlich aufgegeben.
Nun, zumindest musste er der Träumenden Cyrandith dafür danken, dass er sein Leben hatte retten können. Die Herrin des Schicksals war eine Hure, und wenn sie das Rad des Lebens umlegte, so zog sie einen entweder in ihr Bett oder stieß einen wieder aus der Wärme hinaus in die Nacht. Diesmal war sie anscheinend nicht völlig herzlos gewesen. Er besaß noch immer seine Waffen, seine Hunde und genügend Trockenfleisch. Er würde andere Jagdgründe finden. Wäre er noch jünger gewesen, er hätte um sein Eigentum und seine Beute gekämpft. Er hätte die Fallensteller aus dem Hinterhalt mit dem Bogen beschossen und sich schnell wieder in den Schutz des Unterholzes zurückgezogen, solange, bis keiner mehr übrig gewesen wäre. Aber er war nicht mehr der Jüngste. Sein Haar begann bereits zu ergrauen. An feuchten, kalten Tagen im Winter spürte er am Ziehen seiner Knochen das Alter. Er wusste, dass er den Kerlen unterlegen wäre, wenn es zu einem Kampf käme.
Nein, solange sich diese Fremden in seiner Gegend breit machten, war es sinnlos, sich dort aufzuhalten. Der Rote Wald war keine Stadt, in der er sich an eine Wache hätte wenden können, um sein Recht einzufordern. In diesem Teil Wildlands schuf man sich sein Gesetz selbst, und das Gesetz hieß: Wer sich durchsetzte, bekam Recht.
Plötzlich hielten Arcon und Zerva an. Dieses elende Dickicht, durch das er nun schon seit Beginn der Dämmerung gestolpert war, hatte sich endlich wieder etwas gelichtet. Vor ihm lag ein schmaler Wildwechsel. Die beiden Hunde wandten ihm fragend die Köpfe zu. Er betrat den schmalen Pfad und folgte ihm in Richtung Norden. Eifrig hechelnd überholten ihn die schwarzen Aphnat und rannten ihm voraus. Harcalja bemerkte beruhigt, dass der Wildwechsel allmählich anstieg. Nun, da er das Dickicht hinter sich hatte, würde er bald sein Lager aufschlagen können. Eine Anhöhe war dafür ein günstiger Platz. Für heute war er wirklich lange genug marschiert.
Zum wiederholten Male fragte er sich in lauten Selbst-gesprächen, ob der alte Jäger wohl Recht gehabt hatte. Seinetwegen quälte er sich nun schon seit Wochen durch das nördliche Waldgebiet. Harcalja hatte ihn einige Meilen nördlich von seinen früheren Jagdgründen am Waldrand getroffen, kurz nachdem er seiner Beute beraubt worden war. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, nach Menelon zurückzukehren und seinen Ärger mit den letzten Silbermünzen zu ertränken, die er im Beutel trug, bevor er sich Gedanken darüber machen wollte, welches neue Jagdgebiet er sich erschließen sollte. Aber der alte Mann hatte seine Meinung geändert.
Es war ein ziemlich verwahrloster Bursche von einem Fallensteller gewesen, der aus dem Dunkel des Waldes aufgetaucht war und ihn gefragt hatte, ob er sich zu ihm ans Feuer setzen dürfte. Er hatte
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