Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Runlandsaga - Sturm der Serephin

Runlandsaga - Sturm der Serephin

Titel: Runlandsaga - Sturm der Serephin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
Vom Netzwerk:
bestimmt fünfzehn Jahre mehr auf dem Buckel gehabt als Harcalja selbst. Man sah ihm an, dass er bereits mit einem Fuß auf dem Totenboot stand. Das Gesicht des Fremden war gebräunt und so faltig wie Leder, das zu lange der Sonne ausgesetzt gewesen war. In seinen Augenwinkeln klebte schmutziggelber Talg, und sein rechtes Auge glänzte milchig trüb. Der Mann, der sich Sobar nannte, lachte ziemlich häufig, auch wenn es nach Harcaljas Ansicht gerade gar nichts zu lachen gab, was dazu führte, dass sich Harcalja unweigerlich bereits nach kurzer Zeit fragte, ob der Alte noch ganz richtig im Kopf war. Sobars Lachen begleitete ein hohes Pfeifen, bei dem sich sein gesamter Brustkorb wie unter gewaltiger Anstrengung schwer hob und senkte. Er hatte bestimmt nicht mehr viele Winter vor sich. In sein trübes Auge zu sehen, glich einem Blick in einen hässlichen Spiegel, der einem die eigene Zukunft zeigte. Harcalja wusste, dass es das Ende seiner eigenen Straße war, das er da erkennen konnte. Wie die meisten Fallensteller betrachtete er es als sein Ziel, einmal so viel verdient zu haben, dass er sich einen sorgenfreien Lebensabend in einer der Handelsstädte leisten konnte. Doch ebenfalls wie die meisten wusste er tief in seinem Herzen auch, dass er und jene, die sein Schicksal teilten, sich nur selbst in die Taschen logen. Die wenigsten schafften es, mit Fellen und Pelzen so wohlhabend zu werden, dass sie sich zur Ruhe setzen konnten. Und von jenen, denen es gelang, war bekannt, dass sie schon nach kurzer Zeit der Sesshaftigkeit wieder von der Sehnsucht nach der Weite des offenen Landes gepackt worden waren und dem Stadtleben erneut den Rücken zugekehrt hatten.
    Das sorgenfreie Alter war ein Trugbild. Die Wahrheit stand im Gesicht des Fremden geschrieben, der ihm gegenüber am Lagerfeuer saß und gerade über irgendeine nichtige Bemerkung so keuchend lachte, dass man glauben konnte, er würde im nächsten Moment hintenüber kippen und für immer die Augen schliessen. Die Wahrheit war: Fallensteller und Jäger starben für gewöhnlich so, wie sie gelebt hatten, einsam, die Körper krank und verbraucht von einem Leben voller Anstrengungen, irgendwo in der Wildnis, wo ihre Knochen in einem Gestrüpp bleichten, während ihr Fleisch längst den Tieren als Nahrung gedient hatte, hinter denen sie ihr Leben lang hergewesen waren.
    Als Sobar am nächsten Morgen wieder seiner Wege gezogen war, hatte Harcalja seine Pläne geändert. Wenn es stimmte, was der Mann ihm erzählt hatte, dann gab es einige Wochen Fußmarsch entfernt tief im Norden des Roten Waldes einen versteckt liegenden See, an dessen Ufern es von Wild nur so wimmelte.
    »Kaum jemand geht in seine Nähe«, hatte der Alte gesagt, während er mit seinen stummeligen Zähnen an einem fettigen Fleischstreifen herumkaute, den er über dem Lagerfeuer gebraten hatte. »Der richtige Platz für einen, der alles verloren hat und schnell wieder Beute machen will.«
    Das hatte sich in der Tat gut angehört. Harcalja hatte bei seiner Flucht viele Gerätschaften zurück gelassen, und er brauchte so bald wie möglich ein Packtier, denn nur so konnte er seine Beute in eine der Handelsstädte schaffen. Er hoffte, reiche Jagdgründe zu finden, um in kurzer Zeit so viel zu erlegen, wie er für einen neuen Esel brauchte. Der Platz, von dem Sobar erzählt hatte, schien genau richtig dafür zu sein. Mit etwas Glück würde er in zwei, drei Monaten genügend beisammen haben, dass sich eine Reise nach Menelon lohnte. Er würde die meisten Felle an Ort und Stelle verstecken und in der ersten Siedlung westlich des Roten Waldes einen Packesel erstehen, um anschließend zurückzukommen und den Rest der Beute aufzuladen. In Gedanken hatte er bereits eine ganze Weile Pläne geschmiedet, als ihm plötzlich noch eine Frage eingefallen war.
    »Warum erzählst du mir das alles überhaupt? Wenn diese Jagdgründe so großartig sind, warum treiben sich dann dort nicht noch andere Jäger herum, vielleicht sogar mehr als hier?«
    Sobar hatte eine verschlagene Miene aufgesetzt, als er ihn mit halb zusammengekniffenen Augen über die Flammen des Lagerfeuers hinweg angestarrt hatte.
    »Weil sie Angst haben«, hatte er mit einer Stimme erwidert, als wäre dies selbstverständlich. »Die wenigen, die von dem Ort wissen, machen einen weiten Bogen um ihn. Es sind dort immer wieder mal Fallensteller spurlos verschwunden – seitdem wagt sich kaum noch jemand hin. An der Nordseite des Sees steht eine alte Ruine. Es

Weitere Kostenlose Bücher