Runlandsaga - Sturm der Serephin
Holz umgehen?«
Daniro nickte.
»Ay, hab‘s von meinem Vater gelernt, und der von seinem. Stamme aus einer Familie von Bootsbauern und Zimmerleuten. Ich hab ein Schriftstück bei mir, ausgestellt vom Rat der Stadt. Es bestätigt meinen Beruf. Willst du‘s sehen?«
Der Alte machte eine wegwerfende Bewegung mit seiner Rechten.
»Zeig es dem Khor. Ich kann nicht lesen. Ich verlass mich lieber auf meine Augen.«
Er beugte sich ein wenig zu Daniro vor, der kurz versucht war zurückzuweichen, dann aber doch stehenblieb.
»Die sind zwar alt, aber immer noch so scharf, dass ich den Kopf einer Robbe selbst bei hohem Seegang in hundert Fuß Entfernung auf den Wellen tanzen sehen kann. Umso genauer seh‘ ich dich, Kamerad. Du bist nicht hundert Fuß entfernt.«
Er grinste breit, während er immer noch kaute. Seine Zähne waren vom Kautabak dunkelbraun verfärbt.
»Und was ich sehe, ist ein Mann, der mir noch nicht alles erzählt hat. Du hältst etwas zurück, Kleiner. Was ist es?«
»Ich ... ich weiß nicht, was du meinst«, stotterte Daniro. Schweiß brach ihm auf dem Rücken aus. Was hatte der Alte bemerkt?
»Mir ist aufgefallen, wie du nach unten gestarrt hast, als du an Bord gegangen bist«, sagte der Alte. »Sah aus, als wärst du es gar nicht gewohnt, auf Planken zu laufen. Ein wenig seltsam für einen Seemann. Wie lange warst du schon nicht mehr auf einem Schiff?«
»Was hat das denn damit zu tun, dass ich hier und heute anheuern will?«
»Eine ganze Menge, Kamerad!«, knurrte der Alte. »Vor allem hat es damit zu tun, dass du etwas von mir willst und ich dir eine Frage gestellt habe! Bekomme ich nun eine Antwort, oder willst du wieder von Bord?«
»Nun, genau gesagt ...«
»Wie lange?«
»Also ... sieben Jahre.«
Nun war es heraus. Daniro biss die Zähne zusammen. Das war alles andere als nach Plan gelaufen. Warum hatte der alte Mistkerl ausgerechnet darin herumbohren müssen?
Sein Gegenüber hatte von einem Moment zum anderen aufgehört, den Tabak im Mund herumzurollen. Er behielt ihn in der linken Backe, die er sich gleichzeitig ausgiebig kratzte.
»Du bist seit sieben Jahren nicht mehr zur See gefahren. Hast du Angst vor dem Meer?«
Diese Frage von einem Fremden laut ausgesprochen zu hören, weckte Daniros Ärger.
»Das geht nur mich etwas an!«, stieß er hervor. »Ich hab gehört, dass ihr einen Seemann braucht, der sich mit Holzarbeiten auskennt. Ich bin Zimmermann, und ein verdammt guter, wenn es erlaubt ist, das über sich selbst zu sagen. Alles andere ist meine Sache. Also, wollt ihr mich haben oder nicht?«
»Was soll dieser Radau?«, rief eine Stimme hinter ihm. Daniro fuhr herum. Die Tür des Deckaufbaus hinter dem Hauptmast stand offen. Der Verschlag musste die Khorskajüte sein. Jemand stand dort im Schatten, aber das Gesicht der Gestalt war nicht zu erkennen.
»Nichts Wichtiges, Khor!«, rief der Alte zurück. »Eivyn hat uns jemanden geschickt, der als Zimmermann anheuern will, aber ich glaube nicht, dass er auf die Suvare passt. Er redet nicht geradeheraus, wenn man es von ihm verlangt, außerdem war er schon seit Jahren nicht mehr auf See.«
»Wer auf die Suvare passt oder nicht, entscheide ich«, sagte die Gestalt im Schatten hinter der offenen Tür. »Lass ihn herkommen!«
»Soll ich ihn wirklich nicht wieder wegschicken?«
»Du hast mich gehört, Teras!«
Der Alte seufzte und funkelte Daniro verärgert an.
»Na los, schlag hier keine Wurzeln! Du hast Glück, dass der Khor überhaupt mit dir redet. Eigentlich übernehme ich das Anheuern der Mannschaft, und dich würde ich bestimmt nicht mit uns fahren lassen. Du bist mir verdammt noch mal zu frech.«
Daniro schluckte eine Erwiderung hinunter und ging auf die Kajüte zu. Der Mann in den Schatten drehte sich um und verschwand vom Eingang.
Als Daniro durch die Tür trat, fiel ihm auf, dass der Raum dahinter größer war, als er von außen erschien. Die Fensterläden waren geschlossen. Wäre es draußen heller gewesen, so hätten sich dünne Lichtstrahlen durch die Ritzen gebohrt, allerdings brach gerade die Nacht an, und die Kajüte lag bis auf das Dämmerlicht, das durch die offene Tür hereinfiel, im Dunkeln.
»Setz dich!«, forderte der Khor der Suvare ihn auf . Er hatte hinter einem breiten Schreibtisch in der Mitte des Raumes Platz genommen. In der Rechten hielt er eine Pfeife mit langem, gebogenem Stil. Daniro fiel der niedrige Holzrahmen auf, der die Ränder des Tisches umgab. Er sorgte dafür, dass Gegenstände,
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