Runlandsaga - Sturm der Serephin
leicht aus den Knochen.«
Der Khor der Suvare tauchte einen Kienspan in den Pfeifenkopf und sog kräftig an der Pfeife. Als er das dünne Hölzchen wieder herausnahm, glomm es schwach. Vorsichtig blies er darauf, bis eine Flamme daran hochsprang, und hielt den brennenden Kienspan an eine Kerze in einem schweren eisernen Leuchter, der zwischen Daniro und ihm auf dem Tisch stand. Endlich stahl sich etwas mehr Licht in die Kajüte. Als der Khor nun auch die übrigen Kerzen in dem Leuchter entzündete, fiel deren warme Helligkeit auf sein Gesicht.
Daniro holte überrascht Luft.
Deshalb also war ihm die Stimme des Mannes so seltsam vorgekommen! Vor ihm saß gar kein Kerl! Der Khor der Suvare war eine Frau.
»Überrascht?«
Sie blickte ihn belustigt an. Daniro schätzte sie kaum älter, als er selbst war. Sie trug die tiefroten Haare kurz geschnitten. Auch ihr Hemd und ihre lederne Weste waren die eines Mannes.
»Ay, das kann man sagen!«, stieß er hervor. »Ich hab noch nie von einem weiblichen Khor gehört.«
Die Frau lächelte knapp.
»Ich auch nicht – abgesehen von mir selbst.«
Dutzende von Sommersprossen leuchteten auf ihrem sonnenverbrannten Gesicht. Die kleinen Flecken wären noch viel stärker hervorgetreten, hätte ihre Trägerin nicht ihr Leben auf dem Meer verbracht, wodurch die Haut einen dunklen Ton angenommen hatte. Daniro bemerkte, wie ihm bei dieser Überlegung das Blut ins Gesicht schoss. Verlegen rutschte er auf seinem Stuhl nach hinten.
»Hast du ein Problem damit, von einer Frau Befehle zu erhalten?«
»Äh, nein ...«, stotterte er. Innerlich verfluchte er sich für sein Gestammel. Sofort steigerte sich seine Verlegenheit.
»Es ist nur etwas ungewohnt. Darf ich fragen, wie Ihr heißt?«
»Mein Name ist derselbe wie auch der des Schiffes. Ich bin nicht nur der Khor der Suvare , ich bin auch ihre Eignerin.«
Das amüsierte Lächeln der Frau verschwand, und ihre Miene wurde ernst.
»Meiner Mannschaft hat es egal zu sein, ob sie unter einem Mann oder einer Frau dient. Ich bin ihr Khor, das ist alles, was zählt. Wenn jemand glaubt, er kann aus der Reihe tanzen, dann wird er schneller kielgeholt, als er Achar rufen kann!«
Suvare lehnte sich auf dem Stuhl zurück und nahm einen Zug aus ihrer Pfeife. Mit leicht zurückgelegtem Kopf blies sie langsam den Rauch zur Decke. Dann blickte sie Daniro erneut an.
»Willst du immer noch auf meinem Schiff anheuern? Seeleute sind abergläubisch. Viele würden niemals an Bord eines Kahns gehen, auf dem sich eine Frau befindet, weil sie glauben, es brächte Unglück.«
»Ich bin nicht abergläubisch«, erwiderte Daniro. »Wenn Ihr mich haben wollt, dann komme ich schon morgen an Bord.«
»Und deine Angst vor dem Meer?«, fragte Suvare ernst. »Wenn ich dir in einem Sturm den Befehl gebe, über Deck zu laufen und das Beiboot zu sichern, dann muss ich mir sicher sein können, dass du es ohne zu zögern tun wirst. Denn dann steht vielleicht nicht nur dein Leben auf dem Spiel, sondern das der ganzen Mannschaft.«
»Ay, ich habe Angst vor dem Meer«, räumte Daniro ein. Er fühlte, wie sich die Finger seiner Hände in den Rand des hölzernen Sitzes krallten, auf dem er Platz genommen hatte.
»So sehr, dass ich jahrelang kein Schiff mehr betreten habe. Aber jetzt will ich wieder zur See fahren. Und wenn ich einen Befehl von meinem Khor bekomme, dann führe ich ihn aus, Angst hin oder her.«
Schönes Gerede , meldete sich eine Stimme in ihm. Aber glaubst du das tatsächlich?
»Das werden wir sehen«, meinte Suvare, als hätte sie seinen letzten Gedanken ebenso deutlich vernommen wie er selbst. »Melde dich bei Teras. Du bist angeheuert.«
Daniro glaubte, er hätte sie nicht recht verstanden. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, als Mitglied der Mannschaft aufgenommen zu werden. Dann wuchs ein Lächeln auf seinem Gesicht, als müsste er erst wieder lernen, wie man dies zustande brachte. Suvare machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand, die ihre Pfeife hielt.
»Na los, such den alten Habicht, damit er dir dein Papier ausstellt. Wir haben viel zu tun, bevor wir Andostaan verlassen. Morgen früh bei Sonnenaufgang wird Teras dich auf Deck sehen wollen, also feire deine Anheuerung heute Nacht nicht zu sehr. Auf der Suvare wird niemand von der Arbeit ausgenommen, weil er es zu wild getrieben hat. Wer in der Lage ist zu saufen, der ist auch in der Lage, das Deck zu schrubben, selbst wenn er sein Essen auf die Planken spuckt.«
Daniro ließ den Sitz des
Weitere Kostenlose Bücher