Runlandsaga - Sturm der Serephin
gewesen wär, das glaub ich unbesehen.«
Ein Schwarm Möwen zog vor dem tiefblauen Himmel an der Schwarzen Nadel vorbei, als sie in den Innenhof traten. Baram wandte sich seinem Schmiedeanbau zu.
»Grüßt mir Margon und Thaja, wenn Ihr sie trefft«, bat er.
»Das werde ich!«
»Bleibt Ihr länger in der Meeresburg?«
Enris, schon im Weitergehen begriffen, blieb kurz stehen und zuckte die Achseln. Eine gute Frage. Er hatte selbst nicht darüber nachgedacht, wie es weitergehen sollte.
»Vielleicht«, meinte er schließlich knapp.
Baram nickte.
»Na, dann sehen wir uns ja bestimmt noch. Bis später!«
Enris überquerte den Hof und betrat die Schwarze Nadel.
Verdammt, warum hatte der alte Schmied ihn auch darauf ansprechen müssen! Er wusste wirklich nicht, wie es nun weitergehen sollte. Er konnte Margon schlecht bitten, ihn erst einmal hier wohnen zu lassen, und selbst wenn der alte Magier nichts dagegen hätte, gab es immer noch den Rat der Stadt. Carn Taar gehörte den Bewohnern von Andostaan. Sie würden bestimmt ein Wörtchen mitreden wollen, wenn irgendwelche Fremden plötzlich auf die Idee kämen, sich in der Festung einzunisten.
Auf sein Klopfen öffnete Margon ihm die Tür zum obersten Turmzimmer. Er war allein. Hinter ihm lag auf dem größeren der beiden Tische eine ausgebreitete Landkarte, auf deren Rändern Kerzenhalter standen, um zu verhindern, dass sie sich wieder einrollte.
»Ah, Enris«, sagte Margon. Er trat zur Seite, um den jungen Mann in den Raum zu lassen. »Hast du gut geschlafen?«
»Es ging so«, antwortete Enris ausweichend. Die Wahrheit war, dass er nach seinem Albtraum noch weiteres wirres Zeug geträumt hatte, an das er sich kaum erinnern konnte. Erholsam war sein Schlaf jedenfalls nicht gewesen.
»Möchtest du auch etwas zum Frühstück?«, erkundigte sich Margon, der ihn ansah, als hätte er seine Gedanken erraten. »Kaum etwas hebt die Stimmung mehr als ein voller Magen.«
»Ay, gerne!«
Erst jetzt bemerkte Enris, wie hungrig er sich schon seit dem Aufwachen gefühlt hatte. Margon nahm von dem kleineren Tisch einen Laib Brot und schnitt zwei Scheiben davon ab. Er legte sie zusammen mit einem Stück Käse auf einen Teller, den er Enris reichte. Der junge Mann setzte sich an das Fenster, das zum Meer hinauswies. Die Luft über dem Wasser wirkte kaum dunstig, sondern sehr klar, sodass man weit in die Ferne blicken konnte.
»Eine herrliche Aussicht, nicht wahr?«, vernahm er Margon, der sich neben ihn gestellt hatte.
Kauend nickte Enris. Der Magier hielt ihm einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit hin.
»Hier, ein Aufguss aus frischer Minze mit etwas Honig darin. Es gibt nichts Besseres, um einen neuen Tag zu beginnen!«
Eine Weile aß der junge Mann schweigend. Auch Margon schnitt sich noch etwas Käse ab.
»Es sieht nicht so aus, als hätten die Kerle, die hinter dem Elfen her waren, sich noch mal blicken lassen, was?«, fragte Enris schließlich.
»Nein,« antwortete Margon, der sich selbst ebenfalls einen Becher genommen hatte und nun auf das heiße Getränk blies, um es abzukühlen. »Anscheinend nicht. Vielleicht waren sie am Tor und sind wieder umgekehrt, als sie gesehen haben, dass es bewacht war. Ich werde mich nach dem Frühstück zu den Wachmännern aufmachen und mich umhören, ob ihnen irgendjemand aufgefallen ist.«
Der Magier runzelte die Stirn, als ginge ihm etwas Unangenehmes durch den Sinn.
»Und vor allem will ich endlich von Arcad wissen, was hier eigentlich gespielt wird. Er schuldet mir eine Erklärung!«
Enris schluckte schnell den Bissen herunter, auf dem er gerade herumgekaut hatte.
»Darf ich mitkommen?«
Der Magier musterte ihn eine Weile.
Also doch! Der Bursche wollte mehr als nur ein vorübergehendes Dach über dem Kopf. Auch wenn dieser junge Mann es sich vielleicht nicht eingestehen mochte, er interessierte sich für die Verborgenen Dinge. Margon hätte es nicht beweisen können, aber sein Gefühl hatte ihn in solcherlei Angelegenheiten nur sehr selten getrogen.
»Ich denke, das ist in Ordnung«, meinte er schließlich. »Arcad hat Thaja und mir nicht alles über sein Auftauchen in Andostaan erzählt. Du bist bereits in seine Belange mit hineingezogen worden, als du Themet gerettet hast. Also finde ich, dass du dir ruhig anhören kannst, was er zu sagen hat.«
Er betrachtete Enris‘ lange Wunde im Gesicht, die inzwischen mit Schorf überzogen war.
»Außerdem könnte die Anwesenheit von jemandem, der mit seinen Verfolgern
Weitere Kostenlose Bücher