Runlandsaga - Sturm der Serephin
aneinander geraten ist, sein Ehrgefühl dazu bringen, uns endlich reinen Wein einzuschenken. Elfen legen großen Wert auf Ehre.«
In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Turmzimmer, und Thaja trat herein. Über ihrem braunen Kleid trug sie den grauen Wollumhang vom Vortag.
»Guten Morgen, Enris«, sagte sie. Dann wanderte ihr Blick zu Margon.
»Du hast nicht zufällig schon mit Arcad gesprochen?«
Der Magier schüttelte den Kopf.
»Nein, ich bin noch beim Frühstücken.«
»Dachte ich es mir doch«, sagte Thaja. »Er ist nicht mehr in seinem Zimmer.«
»Was?«, entfuhr es Margon. »Er ist fort?«
»Nein, er kann nicht fort sein«, entgegnete Thaja. »Ich war gerade unten am Strand, und als ich wieder zur Festung kam, habe ich ein paar Worte mit einem der Wachleute am Haupteingang gewechselt. Hätte er Carn Taar verlassen, hätten sie mir bestimmt davon erzählt.«
»Also muss er noch hier sein«, sagte Margon. »Wenn ich nur wüsste, was das nun wieder soll!«
»Vielleicht vertritt er sich bloß die Beine«, schlug Enris vor. »Er hat schließlich lange gelegen.«
Margon ging zum Fenster, das landeinwärts wies, und sah in den Innenhof hinab. Er erwartete nicht, Arcad dort unten zu sehen, aber dennoch ...
Jäh drehte er sich um.
»Ich fühle, dass mehr dahinter steckt. Siehst du das auch so, Thaja?«
Sie nickte.
»Gut,« sagte Margon, »dann suchen wir ihn. Weit kann er ja nicht sein.« Damit stellte er den Becher in seiner Hand auf den Tisch mit dem Essen und trat zur Tür. Die beiden anderen folgten ihm.
Sie schritten die steinerne Wendeltreppe hinab. Enris‘ Neugier war bereits wieder geweckt, obwohl ihm noch seine morgendliche Müdigkeit in den Knochen saß. Er wollte wissen, was es mit Arcad und seinen Verfolgern auf sich hatte. Hatte der Elf das Weite gesucht, weil er irgendwie von den Fremden erfahren hatte? War vielleicht einer der Wachleute geschwätzig gewesen und hatte ihn darauf angesprochen, dass sie nun seinetwegen doppelt wachsam sein sollten?
Während seine Schritte und die seiner Begleiter durch die Schwarze Nadel hallten, blitzte unvermittelt wieder sein Traum der vergangenen Nacht in seiner Erinnerung auf. Dieses Wesen, das ihn ganz zum Schluss angeblickt hatte! Es war dieser Sareth gewesen – und doch auch wieder nicht ... Was hatte es noch gesagt? Dass etwas begonnen hätte?
Seine Nackenhaare richteten sich auf, als wären sie aus nächster Nähe angehaucht worden. Während er erschrocken zusammenfuhr, begann er schneller zu gehen, um nicht hinter Margon und Thaja zurückzubleiben.
Die Tür zum Eingangsraum des Turms stand halb offen. Der helle Vormittag malte an dieser Stelle einen leuchtenden Fleck auf den Boden. Margon war bereits im Begriff, in den Innenhof zu treten, als Thaja plötzlich stehen blieb und sich nach rechts wandte.
»Wartet!«, rief sie.
Margon drehte sich mit fragender Miene zu seiner Frau. »Was ist denn?«
Thaja deutete auf die Steinplatten zu ihren Füßen. Neben dem hellen Fleck waren die Umrisse einer hölzernen Falltür zu erkennen. An ihrem Rand war ein Eisenring eingelassen.
»Jemand hat den Korb mit dem gestochenen Torf weggeschoben.«
»Was meinst du?«, wollte Margon wissen.
»Vor ein paar Tagen hat uns Gelar aus der Stadt Torf für den Kamin gebracht«, sagte Thaja. »Es war kaum Platz hier unten, deshalb hat er ihn auf die Bodenklappe gestellt. Ich dachte mir noch, dass ich den Korb bei Gelegenheit weiter nach hinten schieben müsste, weil ich sonst gar nicht in den Keller käme. Aber jetzt ist die Luke wieder frei.«
»Du meinst, Arcad ist da unten.«
Sie nickte.
»Ich kann ihn spüren. Er ist nicht weit weg.«
Wieder richteten sich Enris‘ Nackenhaare auf. Diesmal unterdrückte er das Schaudern.
»Da geht es in einen Keller?«, fragte er.
»Ay«, bejahte Margon, »und nicht nur in einen. Carn Taar besitzt mehrere Keller. Sie sind fast alle miteinander verbunden. Der Felsen, auf dem die Meeresburg steht, ist vor lauter Höhlen so löchrig wie ein Käse aus Mellan, und nur die wenigsten hat die Natur geschaffen. Du hast ja selbst schon einige davon gesehen.«
Thaja trat neben ihren Mann.
»Heutzutage wird nur ein kleiner Teil der unterirdischen Anlagen überhaupt benutzt«, erklärte sie. »Die Wachleute lagern in einigen der Keller Lebensmittel, damit sie nicht ständig Vorräte aus der Stadt hier heraufschaffen müssen, wenn sie die Schichten wechseln. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, was Arcad da unten
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