Runlandsaga - Wolfzeit
abschlachtet. Schöner kann man kaum aus dem Leben scheiden.«
Arene legte eine Hand auf den Mund und senkte ihren Kopf. Ihre Schultern zuckten. Tolvane funkelte den Kaufmann wütend an. »Behalte deine Gehässigkeiten für dich, wenn du nichts Wichtiges zu sagen hast! Es gibt keinen Grund, jeden vor Angst verrückt zu machen! Wir haben keine Ahnung, wo die Angreifer sind und was sie planen. Genauso gut könnten sie noch immer in der Meeresburg sein, über eine Handvoll Tagesreisen von uns entfernt!« Thurnas kam so blitzschnell auf ihn zugeschritten, dass der alte Mann zurückzuckte und gegen Themet stieß, der hinter ihm stand. »Von Euch lasse ich mir bestimmt nicht mehr den Mund verbieten«, zischte er hasserfüllt. »Ich habe noch gut Euer beruhigendes Geschwätz in den Ohren, das Ihr in der Ratshalle von Euch gegeben habt, kurz bevor uns das Dach über dem Kopf angezündet wurde: Alles ist in Ordnung, die Stadt ist sicher, die Wache kümmert sich. – Ich soll meine Gehässigkeiten für mich behalten? Spart ihr Euch lieber Eure Kindermärchen, dass alles gut werden wird, denn das wird es nicht!«
»Wie redest du eigentlich mit mir?«, brauste Tolvane auf. Die Stimme des alten Mannes überschlug sich beinahe. Auf seiner Schläfe erschien eine dicke Ader. »Seit wann ist ein Ratsherr dem Laufburschen eines Kaufmanns Rechenschaft schuldig?«
Der hagere junge Mann verschränkte mit einer spöttischen Geste seine Arme über der Brust. »Falls Ihr es noch nicht mitbekommen habt: den Rat von Andostaan gibt es nicht mehr. Der ist genauso verbrannt wie Euer schönes Gut. Jetzt habt Ihr mir gar nichts zu sagen, also spielt Euch nicht weiter als unser Anführer auf!«
»Hör zu, Freundchen«, begann Morovyr, der sich nach vorn drängte.
Suvare stellte sich ihm in den Weg und schnitt ihm das Wort ab. »Genug! Später habt ihr noch genügend Zeit für Beschimpfungen. Menelons Bewohner müssen so schnell wie möglich von der Zerstörung eurer Stadt erfahren!«
Tolvanes Verwalter starrte wütend an ihr vorbei zu Thurnas, doch dieser hatte sich bereits umgedreht und sich an den Umstehenden vorbeigeschoben. Larcaan zog ein Gesicht, als spiele er mit dem Gedanken, ihm zu folgen, blieb jedoch weiter stehen.
»Was genau habt Ihr Euch vorgestellt?«, fragte er ruhig.
Enris zog überrascht eine Braue hoch. Nanu! Der überhebliche Kerl fragte tatsächlich die Frau, die er bisher so sehr angefeindet hatte, um ihre Meinung? Entweder geschahen doch noch Zeichen und Wunder, oder – was wahrscheinlicher war – der Kaufmann wollte deutlich machen, dass er sich aus dem Streit, den sein Kamerad gerade vom Zaun gebrochen hatte, heraushalten wollte. Immerhin hatte Larcaan ebenfalls zum Rat der Stadt gehört, und auch er hatte die Bedrohung für Andostaan nicht ernst genommen.
»Kennt Ihr jemanden aus Menelons Rat?«, fragte Suvare zurück. Als Larcaan seinen Kopf schüttelte, wandte sie sich an Tolvane. »Und Ihr?«
»Leider nicht«, antwortete der alte Mann bedauernd. Er atmete noch immer schwer vor Erregung, was ihm besorgte Blicke von Morovyr eintrug. »Die Beziehungen zu unserer Nachbarstadt besorgten andere aus unserem Kreis. Crenas, Anadh ...«
Tolvane verstummte, und Enris bemerkte, wie sich dessen Miene in Erinnerung an die erwähnten Ratsmitglieder, die wahrscheinlich nicht mehr am Leben waren, verdüsterte.
»Dann müssen wir alle gehen«, sagte Suvare. »Je mehr Zeugen des Angriffs, um so leichter wird es uns fallen, so schnell wie möglich zu Königin Tarigh vorgelassen zu werden. Im Hafen haben sie mir erzählt, dass sie sich gerade für ein Treffen mit dem Rat in der Stadt aufhält.«
»Das ist bestimmt das Beste.« Tolvane hob seine Stimme, als befände er sich noch immer auf dem Podest in der Versammlungshalle, nicht mitten unter den anderen Flüchtlingen, die ihn dicht umringten.
»Ihr habt es gehört! Wir machen uns auf den Weg zu Menelons Rat. Falls jemand von euch hier Verwandte oder Freunde hat, bei denen er unterkommen kann, dann steht es ihm frei, uns später zu verlassen, aber erst einmal bleiben wir alle zusammen.«
Zustimmendes Murmeln ertönte aus einigen Mündern, während Corrya und Morovyr nur wortlos nickten.
»Du bleibst ebenfalls bei mir!«, sagte Enris zu Mirka, dem diese Unterredung schon wieder zu lange gedauert hatte, und der unruhig von einem Fuß auf den anderen trat. »Jedenfalls so lange, bis wir deine Mutter gefunden haben.«
Er sah sich nach Neria um, die in einiger Entfernung von
Weitere Kostenlose Bücher