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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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um die Tischkante gekrallt, erhob er sich vorsichtig von dem gewaltigen Stuhl. Sofort schlug sein rasendes Herz einen noch schnelleren Takt an. Der Boden unter ihm schwankte, als befände er sich auf hoher See. Seine Knie schienen sich zu überlegen, ob sie gleich wieder einknicken sollten, doch zumindest stand er aufrecht.
    Plötzlich erhellte sich sein Blick.
    Aber natürlich! Er war niemals unfähig gewesen, sich zu bewegen – Gersan hatte ihm das nur eingeredet. Und wegen der starken Wirkung des Malrastranks hatte er ihm geglaubt – wie ein dummer Bauerntölpel den Tricks eines Taschenspielers. Er war noch immer berauscht wie noch nie zuvor in seinem Leben, aber gelähmt war er nicht!
    Am besten machte er sich davon. Jetzt! Der Orden musste erfahren, was hier vorging.
    Aber was genau ging hier eigentlich vor? Wer waren die beiden Kerle, und was hatten sie mit Ranárs Verschwinden zu schaffen?
    Pándaros betrachtete die Treppe, die zum oberen Stockwerk führte. Es waren nur wenige Stufen, aber in seinem augenblicklichen Zustand türmten sie sich vor ihm auf wie die Felsen eines unüberwindlichen Gebirges. Die Tür am oberen Ende der Treppe war angelehnt.
    Langsam schüttelte Pándaros den Kopf, so gründlich, als ob sich der Gedanke, der ihm gerade gekommen war, in ein Ungeziefer verwandelt und sich in seinem Haar festgesetzt hätte. Das war verrückt, völlig verrückt! Er konnte diese beiden Männer nicht belauschen, nicht so, wie es ihm gerade ging – das war undenkbar! Bestimmt würde er es nicht einmal drei Stufen hinauf schaffen ohne zu schwanken und zu stürzen. Er konnte regelrecht vor sich sehen, wie er mit ohrenbetäubendem Lärm die Treppe hinabpolterte. Wie Gersan und sein Freund, dessen Namen er schon wieder vergessen hatte, sofort herbeigestürmt kamen, um ihn sich vorzuknöpfen. Was er vorhatte, war völliger Irrsinn. Das einzig Vernünftige war, die andere Tür zu nehmen, die zum Verkaufsraum und hinaus auf die Straße führte. In der Sicherheit der Menge konnte er untertauchen und verschwinden.
    Ay, das war der vernünftige Weg. Aber es war nicht der Weg, den Ranár genommen hätte. Vielleicht war dies der Schlüssel, das Verschwinden seines Freundes aufzuklären – wenigstens ein wenig so zu denken wie er. Ranár, dieser verrückte Kerl, dem es einmal anlässlich einer Sonnwendfeier gelungen war, eine Ladung Lebensmittel aus dem persönlichen Lager der Ordensleitung herauszuschmuggeln und dem Armenhaus von Sol zukommen zu lassen, ohne dass Bendíras den Verlust jemals bemerkt hatte!
    Pándaros ertappte sich dabei, dass ein lautes Lachen in ihm emporstieg. Gerade noch rechtzeitig biss er sich auf den Handrücken, um keinen Lärm zu machen, gleichzeitig schüttelte es ihn wie einen dürren Baum. Schließlich beruhigte er sich wieder ein wenig. Schwer atmend stand er mitten in der Küche. Wenn er die beiden Männer belauschen wollte, dann musste er jetzt sofort handeln, bevor sie zurückkommen würden!
    Während er sein Blut einen reißenden Strom durch die Adern seiner Ohren pumpen hörte und eine Stimme in ihm jammerte, wie er denn so dumm sein und sich aus einer Laune heraus in Lebensgefahr begeben konnte, näherte er sich der Treppe. Vorsichtig betrat er die erste Stufe. Als er seinen Kopf hob, begann sich der Weg vor ihm langsam in die Länge zu ziehen. Die angelehnte Tür schrumpfte mehr und mehr zusammen, verschwand in der Ferne.
    Erschrocken wandte er den Kopf.
    Auch der sichere Fußboden der Küche glitt nach hinten fort, zog sich zu einem schier unerreichbaren Horizont zurück, einem Strich am Rande seines Blickfelds.
    Erneut leckte er sich seine trockenen Lippen.
    Was ich sehe, ist nur das, was mir der Rausch vorgaukelt. In Wirklichkeit haben sich die Stufen nicht geändert. Sie sind nicht mehr oder weniger geworden.
    Seufzend schloss er die Augen, um sich nicht weiter verwirren zu lassen. Seine Hand schob sich langsam an dem Geländer nach oben, während er einen weiteren Schritt in eine Finsternis hinein wagte, in der sich riesige Schattenräder vor seinen Augen zu drehen begannen.
    Hinein ins Dunkel, auf der Suche nach meinem Freund.
    In den Abgrund, die Schwärze, ins Ungewisse hinein.
    Hinein ins ...
    Sein Geist war so stark auf das stete Mühlrad seiner Gedanken ausgerichtet, dass ihm das laute Knarren einer Treppensprosse unter seinen Schritten erst auffiel, als es schon wieder verhallt war.

4
    »Was hältst du von Menelon?«, fragte Teras gutgelaunt. Er stand neben Enris an

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