Runlandsaga - Wolfzeit
Händen gibt. Soweit alles klar?«
»Schon gut«, murmelte der Wachmann. »Ich – ich suche jemanden, der mit euch spricht.«
Er fummelte einen riesigen Schlüsselbund von seinem Gürtel los, schloss das Tor auf und verschwand in die Richtung der Ratshalle, nachdem er das Schloss wieder hinter sich versperrt hatte.
»Was seid ihr denn für welche?«, fragte jemand heiser neben Suvare.
Sie drehte sich um. Ein Mann mit nacktem Oberkörper und einem über die Schulter geworfenem Fell voller struppiger, kurzer Haare hatte sich zu ihnen gesellt. Der Kerl roch wie ein Bierfass und starrte ihr unverhohlen neugierig auf den Busen.
»Wir?«, ließ sich Larcaan mit spöttischer Stimme vernehmen. »Wir wollten nur Bescheid sagen, dass ihr vielleicht bald alle in euren Häusern verbrennt. Aber lasst euch deswegen nur nicht die Laune verderben. Man ist ja nur einmal jung.«
Der Mann glotzte verständnislos zurück und knetete den Weinschlauch in seinen Händen. »Häh?«, brachte er schließlich hervor.
»Egal.« Larcaan streckte seine Rechte aus. »Gib mir einen Schluck, Kamerad! Wenn ich nur genügend getrunken habe, vergesse ich hoffentlich alles, was in den letzten Tagen passiert ist. Vielleicht lege ich mir dann auch so ein schönes Fell um und heule den Mond an – so wie unsere Wolfsfrau, die auf dem Schiff zurückgeblieben ist.«
Enris sah, wie der Betrunkene Larcaan gehorsam seinen Weinschlauch reichte. Der Kaufmann erinnerte ihn an den alten Mann, der sich im Schwarzen Anker angesichts seines nahenden Todes betrunken hatte, um nicht nüchtern ins Boot über das sonnenlose Meer steigen zu müssen.
Alles wiederholt sich. Die Serephin werden auch hierher kommen, diese Stadt wird brennen, und wieder wirst du mit ansehen müssen, wie Menschen, die du kennst und liebst, tot auf deinem Weg zurückbleiben. Vielleicht wirst es sogar diesmal du selbst sein, der auf der Flucht mit einem Pfeil im Hals zu Boden geht.
Er legte seinen Arm um Themet, wie um sich selbst zu versichern, dass das unheimliche Bild in seinen Gedanken nicht Wirklichkeit war, dass sie alle noch immer hier beieinander standen, unverletzt und am Leben, jedenfalls für den Moment. Der Junge lehnte sich gegen ihn. Das war alles, was es in dieser aus den Fugen geratenen Welt an Sicherheit gab, diese wortlose Berührung zweier Menschen, unterschiedlich an Alter und Herkunft, aber durch eine Laune des Schicksals wie Blutsverwandte zusammengewachsen.
Es war vielleicht nicht viel, trotzdem würde es reichen müssen.
9
Dutzende goldgelber Augen hatten sich auf Alcarasán und Jahanila gerichtet. Die Spannung im Eingangsraum der Nadel stieg dem Restaran in die Nase wie die Duftmarke eines wilden Tieres. Ein Fliegenschwarm von erregten Gedanken summte kaum hörbar durch die Räume seines Geistes. Jeden Moment würde der Feindseligkeit um ihn herum eine Stimme verliehen werden.
»Vielleicht müssen wir nicht lange suchen, um diejenigen zu finden, die das Quelor zerstört haben!«
Alcarasán atmete tief aus. Er verspürte beinahe einen Hauch von Erleichterung darüber, dass endlich jemand ausgesprochen hatte, was ohnehin alle dachten. Das war zu erwarten gewesen.
Er wandte sich dem Serephin zu, der das Wort erhoben hatte, einem jungen Krieger mit schmalem, länglichen Gesicht und eng zusammenstehenden Augen. Er trug keine Rüstung, aber dafür die graue Robe seines Ordens mit dem Zeichen des Kreises der Stürme auf der Brust: einem sechsspeichigen Rad.
»Sag, was du zu sagen hast!«
Der Serephin trat auf ihn zu, bis er dicht vor ihm stand. »Was ich zu sagen habe?«, erwiderte er, seine Beherrschung nur mühsam bewahrend. »Ich sage, dass ihr beide hier«, sein verächtlicher Blick glitt kurz über Jahanila, die erschrocken neben Alcarasán stand, »an diesem Ort nur Fremde seid. Meinen Brüdern und Schwestern vertraue ich, und das mit gutem Grund. Niemand aus dem Kreis der Stürme würde den Lamazhabin unseres Ordens verraten. Aber deine Begleiterin kenne ich nicht, und von dir weiß ich nur, dass du der Sohn eines gesuchten Rebellen bist. Wer sonst außer euch hätte das Wissen und die Gelegenheit gehabt, den Öffnungszauber des Quelors mit einer Kugel der Zerstörung zu verbinden? Etwa die Temari, die hier in der Festung herumlaufen?«
»Zu einem Verbrechen gehören mehr als nur Wissen und Gelegenheit«, entgegnete Alcarasán verärgert. »Vor allem braucht es einen Grund! Was hätte der Orden der Flamme davon gehabt, das Quelor zu zerstören?«
Er
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