Runlandsaga - Wolfzeit
hätte, dann werde ich dich ohne zu zögern töten. Ich lasse nicht zu, dass dieses Unternehmen gefährdet wird. – Stehst du also weiter zu mir oder nicht?«
Jenasar starrte sie an und schwieg. Die Muskeln in Alcarasáns Körper spannten sich an. Wenn es zu einem Zweikampf käme, würde es ihm nicht erlaubt sein einzugreifen, trotzdem konnte er nicht anders.
In den Abyss mit den Regeln! Sie ist deine Schwester!
Wie schnell er sich letztendlich doch daran gewöhnt hatte, dass sie wieder ein Teil seines Lebens war!
Jenasar rührte sich. Auch Alcarasán beugte sich vor. Er war bereit, dazwischen zu gehen – aber der Serephin beugte vor Manari sein Knie.
»Ihr seid die Anführerin des Unternehmens.«
Er senkte kurz den Kopf. Dann erhob er sich wieder. Seine Miene war verschlossen, doch Alcarasán spürte, dass im Augenblick keine Bedrohung von ihm ausging. Der junge Krieger betrachtete ihn und seine Begleiterin nicht mehr als Bedrohung.
»Damit ist unser Streit beigelegt«, sagte Manari laut und an alle gerichtet. »Aber machen wir uns nichts vor: Wir haben einen Verräter in unseren Reihen. Irgendjemand von uns hat das Quelor zerstört, um unsere Pläne mit Runland aufzuhalten. Wir werden denjenigen finden, der das getan hat. Seid versichert: Seinen hinterhältigen Plan kann er nicht ausgeführt haben, ohne Spuren zu hinterlassen.«
»Wir werden ihn finden«, versprach einer der Krieger erregt. Seine Augen glühten. Andere Umstehende stimmten ihm lautstark zu und rissen mit schrillem Klirren ihre Schwerter aus den Scheiden, um sie hoch in die Luft zu stoßen. »Wenn wir ihn haben, wird er sich wünschen, niemals mit uns hierher gekommen zu sein!«
Ein böses, entschlossenes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Mannes namens Ranár aus.
»Wer auch immer versucht hat, uns aufzuhalten, er hat uns bestenfalls etwas verlangsamt. Wir sind mehr als genug, um unseren Plan auszuführen, auch ohne weitere Unterstützung aus Vovinadhár! Wenn der Schutzwall um Runland erst einmal zerstört ist, brauchen wir kein Quelor mehr, um nach Hause zurückzukehren. Einen der vier Wächter haben wir bereits besiegt, und die anderen drei werden ebenso fallen!«
Die Krieger aus dem Kreis der Stürme schrien zustimmend auf. Ihr Kampfruf hallte durch die Schwarze Nadel. Alcarasán beobachtete das Leuchten auf den Gesichtern der einzelnen Serephin. Sogar Jahanila hatte ihre Faust geballt und in die Höhe gereckt.
Manari hatte es geschafft. Kurz hatte es so ausgesehen, als ob ihr das Ruder aus der Hand gleiten würde, doch es war ihr gelungen, dass wieder alle an einem Strang zogen. Sie wussten, dass sich unter ihnen ein Verräter verbarg, und doch standen sie wieder Seite an Seite, die Augen auf ihr Ziel gerichtet. So war es mit seiner Schwester schon immer gewesen.
Auf dieselbe Art hat sie dich damals dazu gebracht, in den Vortex zu fliegen.
Er gab seiner inneren Stimme in Gedanken recht.
Ja, genauso. Sie war schon immer eine Anführerin gewesen. Kein Wunder, dass sie Mutter und ihn verlassen hatte. Vielleicht wäre sie sogar gegangen, wenn niemand jemals vor ihr schlecht über ihren verbannten Vater geredet hätte. Die gemeinsame Familie war ihr letztendlich immer viel zu klein gewesen, alle Wege bekannt, keine unbekannten Gebiete in Sicht, die in ihr die Lust weckten, sie zu erobern, sie sich wahrhaftig zueigen zu machen.
Und doch war etwas anders als früher. Alcarasán hatte es schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt, als er noch nicht gewusst hatte, wer da wirklich vor ihm stand, als der Temari mit dem glatten Haar wie dunkle Vogelfedern und den eisblauen Augen noch ein Mann namens Ranár gewesen war. Eine fiebrige Besessenheit entströmte ihr wie heißer, schwefeliger Dampf aus dem Inneren einer vulkanischen Erdspalte. Sie würde nicht eher ruhen, bis sie die Welt, in der sie sich befanden, in Trümmer gelegt hatte. Das war ihr Plan, und sie würde ihn durchführen. Wenn es zum Äußersten käme, würde sie für diesen Plan jeden opfern. Sogar ihn, ihren eigenen Bruder, so sehr sie ihn liebte und so leidenschaftlich sie ihn gerade gegen Jenasar verteidigt hatte.
Er wusste das. Das kalte Feuer in ihren Augen sprach eine deutlichere Sprache als jede Absichtserklärung.
Diese Besessenheit war viel fremdartiger als der Temarikörper, in dem sie sich befand, und mit dessen Stimme sie sprach.
Was war mit ihr geschehen, seit sie im Streit ihr Zuhause verlassen hatte? Was hatte sie so verändert?
Was auch immer es
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