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Russische Freunde

Russische Freunde

Titel: Russische Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Lutz
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junger Bursche sei vor dem Eingang gestanden und habe dort gegen die Scheibe geklopft. Weil er ganz durchnässt und verfroren ausgesehen habe, habe er ihn hereingelassen, sagt Pereira. Ein knapp zwanzigjähriger junger Bursche, etwas ungepflegt, nur in einem T-Shirt, ohne Jacke, so beschreibt ihn Pereira. Er habe ihm ein Handtuch gebracht und ihm angeboten, sich drinnen aufzuwärmen. Später hat er ihm einen heissen Tee gemacht, den sie zusammen im Massageraum getrunken haben. Das alles soll eine Stunde gedauert haben, höchstens.»
    «Und was wollte dieser unbekannte Bursche in Leukerbad?»
    «Er habe zu Pereira gesagt, er sei im Regen zu Fuss von Leuk heraufgelaufen, weil seine Tante hier eine Ferienwohnung habe. Er sei ein Schweizer, der aber in Frankreich lebe. Er habe kein Geld und sei per Autostopp unterwegs. Die Wohnung der Tante sei verschlossen gewesen, niemand da. Als er gesehen habe, dass im Bad noch Licht sei, habe er sich gedacht, mindestens ein Handtuch würde man ihm dort vielleicht geben. Das soll er so dem Pereira erzählt haben.»
    «Und dann?»
    «Pereira ging raus, um – verspätet – seine Kontrollrunde zu machen und um das Bad abzuschliessen. Da habe er dann gemerkt, dass seine Schlüssel weg waren. Er ging zurück ins Massagezimmer, und der junge Bursche war verschwunden.»
    «So ein Quatsch. Gibt es irgendwelche Zeugen, dass es den Jungen überhaupt gibt? Ist er gesehen worden?»
    «Nein, gesehen hat ihn niemand. Wer die Tante mit Ferienwohnung sein könnte, haben wir auch nicht herausgefunden. Aber Pereira behauptet steif und fest, er sei mit diesem Tramper zusammen gewesen. Und er sagt, es sei gut möglich, dass ihm der Kerl die Schlüssel gestohlen habe, zum Beispiel, als er zum Automaten ging, um Tee zu holen.»
    «Du glaubst dem Pereira doch nicht, oder? Das klingt alles sehr an den Haaren herbeigezogen», die jüngere Stimme war befehlsgewohnt, «ich bin überzeugt, Pereira hat Salnikow ins Bad geholt. Ein schwules Paar, das sich nachts ein Rendezvous gab. So war das doch. Was dann passiert ist, ob es ein Unfall war oder mit Absicht geschah, das werdet ihr schon noch herausfinden. Eifersucht, ein Liebesspiel, was weiss ich, vielleicht ja auch ein Missverständnis.»
    Es klang fast nach einer Anweisung, wie der Fall zu lösen sei.
    «Wir können nicht einmal beweisen, dass Pereira von Salnikows Anwesenheit im Bad wusste. Er wird heute Nachmittag freigelassen, vorläufig jedenfalls.»
    «Was habt ihr denn übrigens bei Juri Salnikow gefunden, in seinem Zimmer? In der Pension Cordula war das, nicht wahr? War da nichts Auffälliges? Ihr habt doch das Zimmer durchsucht. Habt ihr etwas gefunden, Geld zum Beispiel?»
    Welches Geld? Was weisst du vom Geld? Bei den letzten Sätzen sass ich kerzengerade. Der Mann hatte die Frage nicht zufällig gestellt. Sein Tonfall, irgendetwas verriet es mir. Ich war alarmiert.
    «Bist ja gut informiert, Lothar, es stimmt, er hat in der Pension Cordula gewohnt», antwortete der ältere Polizist. «Aber in seinem Hotelzimmer war nichts, was uns weiterbringen würde, kein Geld, nur eine Kreditkarte. Ein paar Kleider, dann noch Prospekte, die er sich hier im Reisebüro besorgt hat. Nichts Auffälliges. Im Bad haben wir übrigens seine Kleidung im Gang gefunden, an einer Garderobe. Normalerweise hängen die Leute dort nur ihre Badetücher auf. Er muss sich also direkt im Gang umgezogen haben, aber das Bad war ja vermutlich auch schon lange leer zu dem Zeitpunkt», der ältere Mann stockte, «trotzdem, vielleicht hatte er ja auch noch einen Garderobekasten. Das werden wir prüfen.» Seine Stimme verriet, dass er sich bewusst war, etwas versäumt zu haben.
    «Das mache ich», die Reaktion des jüngeren Mannes kam schnell, zu schnell. «Das kann ich für dich erledigen. Wenn ich im Bad bin, frage ich Frau Walser wegen dem Garderobekasten. Ich informiere dich dann», schob er, wie wenn er sich mässigen wollte, betont ruhig nach. «Und passt auf, dass der Pereira nicht verschwindet, wenn ihr ihn jetzt freilasst. Ich muss zurück ins Büro. Du hältst mich aber auf dem Laufenden, Karl? Rufst mich an, wenn du etwas Neues hast. Wir wollen den Ruf unserer Bäder und unserer Gemeinde nicht aufs Spiel setzen. Der hat in der Vergangenheit schon genug gelitten. Wir müssen sorgfältig überlegen, was an die Öffentlichkeit geht.»
    Erst jetzt wurde mir klar, dass der jüngere Mann gar kein Polizist war. Im gleichen Moment trat er aus dem Nebenzimmer. Ein einflussreicher,

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